Kommentar
13:19 Uhr, 19.11.2021

US-Konsum vor Abschwächung? Das kann dem Aktienmarkt nicht gefallen

Wenn US-Konsumenten in Käuferstreik treten, ist das für den Rest der Welt eine Katastrophe. Nun stehen US-Konsumenten kurz vor einem solchen Käuferstreik.

Derzeit sind US-Konsumenten unersättlich. Allein im Oktober stieg der Einzelhandelsumsatz um fast 2 %. Diese Zahl sieht besser aus, als sie ist, weil z.B. auch Treibstoff in den Zahlen enthalten ist und dessen Preis stieg zuletzt kräftig. Real steht unterm Strich aber auch im Oktober ein Plus. Da die USA selbst viele Güter nicht produzieren und importieren, äußert sich dies anhand einer tiefroten Handelsbilanz. Allein im September lag das Defizit bei mehr als 80 Mrd. Dollar. Auf ein Jahr hochgerechnet kratzt das Defizit an der Billionenmarke. Die USA konsumieren für eine Billion pro Jahr mehr als sie selbst produzieren. Das ist viel Geld und es kommt dem Rest der Welt gelegen. Es hilft der heimischen Wirtschaft, wenn die Nachfrage in den USA so hoch ist.

Da die USA auf die Produktionskapazitäten im Rest der Welt zurückgreifen, um ihre Konsumlust zu befriedigen, entstehen dort entsprechende Kapazitäten. Fällt die Nachfrage in den USA, hat das weltweite Auswirkungen. Die wirtschaftliche Dynamik flacht ab.

Noch ist dieser Punkt nicht erreicht, aber wir kommen dem Zeitpunkt immer näher. Ein erster Indikator ist die Verbraucherstimmung in den USA. Diese fällt seit Monaten und hat das Pandemietief aus dem Frühjahr 2020 längst unterschritten (Grafik 1). Grundsätzlich ist das auch für den Aktienmarkt keine gute Neuigkeit. Verbraucherstimmung und Aktienmarkt verlaufen über weite Strecken parallel.


Aktuell laufen beide nicht parallel. Verbraucher sind zwar schlecht gelaunt, weil die Inflation hoch ist, aber sie kaufen trotzdem munter ein. Solange sich das nicht ändert, gibt es für den Aktienmarkt kein Problem. Das Konsumwachstum korreliert sehr stark mit einem Teilindex der Verbraucherstimmung.

Hierbei geht es um die Einschätzung zum Kauf von langlebigen Konsumgütern, also z.B. Haushaltsgeräten. Hier erreicht der Wert absolute Krisentiefs (Grafik 2). Das Konsumwachstum ist im Vergleich dazu ungewöhnlich hoch. Das hat mehrere Gründe. Der Nachholbedarf ist noch nicht gestillt, zum Teil ist Dienstleistungskonsum noch eingeschränkt und die Geldgeschenke vom Staat wollen ausgegeben werden.


Diese Sonderfaktoren ebben ab. Positives Wachstum bei den Konsumausgaben ist ohne Sonderfaktoren nicht zu erwarten. Die realen Ausgaben sollten stattdessen stagnieren oder fallen. Ob es dazu kommt, hängt vom zukünftigen Verlauf der Inflation ab. Die Stimmung ist ja so schlecht, weil die Inflation so hoch ist.

Bleibt die Inflation weiterhin hoch (durchaus wahrscheinlich) und ebben die Sonderfaktoren weiterhin ab (ziemlich sicher), dürften die realen Konsumausgaben zu fallen beginnen. Das ist für den Aktienmarkt eine schlechte Nachricht. Die Performance des S&P 500 und das Wachstum der Konsumausgaben sind eng verknüpft (Grafik 3).


Das genaue Timing ist unklar. Bereits jetzt ist erkennbar, dass sich das Wachstum der Konsumausgaben auf Jahressicht schnell abschwächt und gemessen an der Verbraucherstimmung eigentlich negativ sein müsste. Ein Aktienmarkt, der sich mittelfristig jeglicher Korrektur widersetzt, wird da immer unwahrscheinlicher.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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