Kommentar
19:20 Uhr, 18.10.2017

US-Konsum: Die Krise geht weiter!

Amazon rollt den Markt weiter von hinten auf und bringt damit den stationären Handel in arge Bedrängnis. Das ist aber nicht das einzige Problem.

Erwähnte Instrumente

  • Amazon
    ISIN: US0231351067Kopiert
    Kursstand: 1.006,830 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Amazon - WKN: 906866 - ISIN: US0231351067 - Kurs: 1.006,830 $ (NASDAQ)

Die Krise des amerikanischen Einzelhandels wird gerne auf Amazon reduziert. Keiner will mehr in ein Geschäft gehen, sondern die Sachen geliefert haben. Da ist etwas dran. Es ist aber nicht die ganze Story, zumal Amazons Marktanteil noch immer klein ist.

Das Internet boomt und so boomt auch der Einkauf über das Internet. Es ist einfach bequemer, sich die Einkäufe nach Hause liefern zu lassen als selbst irgendwohin fahren zu müssen. Trotz aller Bequemlichkeit ist der Marktanteil des online Handels immer noch gering. Er liegt noch im einstelligen Prozentbereich.

Das Wachstum ist nach wie vor hoch, doch es wird noch sehr, sehr lange dauern, bis der Versandhandel den stationären Handel den Rang abgelaufen hat. Trotzdem steckt der stationäre Handel in der Krise. Der Umsatz in klassischen Kaufhäusern geht bereits seit vielen Jahren zurück (Grafik 1). Während die gesamten Konsumausgaben zwischen 2001 und 2017 um 80 % stiegen, ging der Umsatz der Kaufhäuser um 35 % zurück.

Der Lebensmittelhandel wuchs im gleichen Zeitraum um 56 %. Diese Wachstumsrate ist vergleichbar mit früheren Jahren. Dass es hier zu keinem Rückgang gekommen ist, liegt vor allem am geringen Versandanteil der Verkäufe. Noch immer ist es mühsam Lebensmittel zu liefern. Die Kosten sind einfach zu hoch.

Lebensmittel können nicht wie ein Paket mit Kleidung gefüllt auf Laufbändern herumgeschleudert werden. Es geht auch nicht, dass der Lieferwagen stundenlang in der Sonne steht. Lebensmittel müssen behutsam, sofort und in speziellen Lieferwägen an die Tür gebracht werden. Die Kosten sind entsprechend hoch. Das hält den Markt zurück.

Insgesamt steigen die Konsumausgaben weiter an, wenn auch etwas langsamer als in den Vorkrisenjahren. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren verschärfen, das Wachstum also weiter sinken. Das liegt daran, dass Verbraucher ihren Konsum wieder vorziehen.

Grafik 2 zeigt kurzfristige Kredite und Konsumkredite (entspricht ungefähr allen Krediten exklusive Immobilienfinanzierung) der US-Verbraucher relativ zu ihrem verfügbaren Einkommen. Der Wert steigt und steigt. Nicht mehr lange und der Wert erreicht 30 %. Wer heute so viel Kredit aufnimmt, muss ihn auch in der Zukunft zurückzahlen. Heute Kredite heißt morgen Verzicht. Wann der Verzicht beginnt, kann man nicht sagen. Es ist jedoch ziemlich sicher, dass der Verzicht kommen muss und dann auf das Wachstum der Konsumausgaben drücken wird.

Dieser Verzicht wird den Versandhandel ebenso wie den stationären Handel betreffen. Persönlich sehe ich den Konsum generell und insbesondere den stationären Handel weiterhin der Krise. Aktien von Kaufhausketten, z.B. wie von Macy’s, sehen günstig aus. Ich würde derzeit noch die Finger davon lassen. Es sieht nicht nach einem Ende der Konsolidierung aus.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • ViCi
    ViCi

    in den USA macht der Konsum rund 70% vom GDP aus, nun mal ehrlich, er wächst doch weiter, interessant dürften die Wachstumsraten sein, nehmen diese ab? Wächst der Konsum langsamer als das GDP? Mit leicht steigenden Zinsen wird der head wind natürlich größer, Bremseffekt.

    20:09 Uhr, 18.10.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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