Kommentar
22:16 Uhr, 22.04.2015

US Bilanzsaison läuft schlecht, aber...

Die Gewinne aller S&P 500 Unternehmen, die ihre Zahlen bisher vorgelegt haben, sind um 4,1% zurückgegangen. Die Aktienindizes stehen allerdings nahe ihrer Allzeithochs. Wie passt das zusammen?

An der Börse zählt nicht, was ist, sondern das, was erwartet wird. Für die aktuelle Bilanzsaison wurde Schlimmes erwartet. Im Durchschnitt sollten die Gewinne um 4,6% zurückgehen. Derzeit sieht es so aus als würden sie nur um 4,1% zurückgehen. Das reicht schon aus um für gute Laune zu Sorgen. Und noch etwas sorgt für gute Laune: es gibt einen Sektor, dem sich der Schwarze Peter zuschieben lässt.

Der Energiesektor ist zwar nicht alleine und an allem Schuld, aber es lässt sich fast so verkaufen. Ein hoher Gewinnrückgang war erwartet worden. Rechnet man diesen aus den Daten heraus, dann sind die Gewinne nicht 4,1% zurückgegangen, sondern sind wahrscheinlich stabil geblieben. Damit kann man sich gut trösten, allerdings ist das auch ein wenig zu kurz gegriffen. Grafik 1 zeigt nach Branchen aufgeschlüsselt, wer bisher beim Gewinn positiv bzw. negativ überrascht hat.

Gesundheit und nichtzyklische Konsumgüter bleiben der absolute Renner. Hier haben bisher 100% aller Unternehmen die Erwartungen erfüllt oder übertroffen. Die Energieunternehmen - vor allem Ölunternehmen - bilden das Schlusslicht. Man kann verwundert sein, dass 50% die Schätzungen erreicht haben. Persönlich bin ich etwas überrascht, dass nur 50% die Erwartungen erfüllen konnten. Im Vorfeld der Ergebnisse wurden die Schätzungen deutlich nach unten revidiert. Da hätte es eigentlich mehr positives Überraschungspotential geben können, zumal viele Unternehmen ordentlich an ihren Bilanzen herumgeschraubt haben. Absicherungsgeschäfte, die Unternehmen vor fallenden Ölpreisen schützen sollten, wurden vorzeitig aufgelöst, um an Bargeld zu kommen. Die Gewinne aus der Absicherung (letztlich eine Shortposition) fließen jetzt in die Bilanz mit ein.

Betrachtet man nicht den bisher ausgewiesenen Gewinn gegenüber den Schätzungen, sondern den Umsatz (Grafik 2), dann sieht das alles schon anders aus. Rot überwiegt in der Grafik. Beim Umsatz enttäuschen viele Unternehmen. Das kann nicht allein dem starken Dollar zugeschrieben werden. Dessen Effekt wurde in den Schätzungen bereits berücksichtigt. Man kann also durchaus pauschal sagen, dass die meisten Unternehmen, die tatsächlich noch beim Gewinn wachsen, vor allem durch Sparmaßnahmen und Reduktion der Aktienzahl durch Aktienrückkäufe glänzen. Mit dem eigentlichen Kerngeschäft hat das wenig zu tun.
Es gibt immerhin auch einen Lichtblick. Grafik 3 zeigt die Schätzungen für das Umsatzwachstum für das zweite Quartal. Abgebildet sind die Schätzungen per Ende März und die aktuellen Schätzungen. Die aktuellen wurden noch einmal gegenüber März nach unten revidiert. Besonders den Ölsektor hat es erwischt. Hier dürfte etwas überregiert worden sein. Nach der Enttäuschung beim Umsatz im ersten Quartal dürfte im zweiten Quartal ein positives Überraschungspotential bestehen.

Alles in allem ist das erste Quartal schlecht, aber nicht so schlecht wie erwartet. Das reicht, um die Kurse stabil zu halten. Was auch hilft, das ist die Hoffnung. Bis Mitte/Ende 2016 soll es mit den Gewinnen wieder deutlich bergauf gehen. Grafik 4 zeigt den S&P 500 und den Gewinn je Aktie. Bis März 2015 sind es reale Werte. Die bisher gemeldeten Q1 Zahlen wurden als repräsentativ für das erste Quartal aller Unternehmen betrachtet. Im zweiten Quartal solle es den Erwartungen nach mit den Gewinnen noch einmal nach unten gehen. Danach sollen sie wieder steigen und in einem Jahr sogar 10% höher stehen als heute. Trifft das zu, dann kann man sogar begründen, weshalb Aktien nicht nachgeben. Ob so ein starker Gewinnanstieg dann realisiert werden kann steht auf einem anderen Blatt.

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3 Kommentare

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  • der Joe
    der Joe

    Texas Instruments unter Erwartungen und zudem noch wird der Ausblick gesenkt. Die Reaktion kann man am Chart ablesen. Wenn das "stabil" sein soll?

    ***

    Texas Instruments verfehlt im ersten Quartal mit einem Gewinn je Aktie von $0,61 die Analystenschätzungen von $0,62. Umsatz mit $3,15 Mrd unter den Erwartungen von $3,2 Mrd.

    Texas Instruments senkt die Erwartungen für das zweite Quartal und rechnet mit einem EPS von $0,60-0,70 (Konsens $0,73) sowie einem Umsatz von $3,12-3,38 Mrd (Konsens $3,44 Mrd)

    Texas Instruments: Rechnen mit anhaltender Schwäche im Kommunikationsbereich sowie bei Personal Electronics. Erwarten keinen Rebound der ausländischen Währungen.

    ***

    Qualcomm senkt die Erwartungen und rechnet im dritten Quartal mit einem EPS von $0,85-1,00 (Konsens $1,14), sowie einem Umsatz von $5,4-6,2 Mrd (Konsens $6,47 Mrd).

    ***

    das dürfte dem zyklischen Chipsektor einen Dämpfer geben. am Montag wird Apple Zahlen bringen. bin jetzt schon gespannt ob die hohen Erwartungen an die Apple Watch übertroffen werden können. wenn nicht dann.... und tschüss

    22:58 Uhr, 22.04. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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