US-Aufschwung nur ein Strohfeuer?
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Frankfurt am Main/Boston (BoerseGo.de) - Noch vor wenigen Monaten schienen die Konjunkturerwartungen für die USA eindeutig. Trotz des Taperings blieb die Geldpolitik sehr expansiv und es herrschte Einigkeit darüber, dass die weniger strenge Fiskalpolitik das Wachstum fördern würde. Auch erwarteten die Marktteilnehmer aufgrund der stabileren Wohnimmobilien- und Arbeitsmärkte einen höheren privaten Verbrauch. Unternehmensbefragungen signalisierten einen unmittelbar bevorstehenden Anstieg der Investitionen, da hier offensichtlich großer Nachholbedarf bestand. Und auch für den Export war man optimistisch, da Europa wieder wuchs und sich ein einzigartiger Energieboom abzeichnete, wie Robert Spector, Institutional Portfolio Manager bei MFS, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Natürlich gebe es in der Praxis immer Schwierigkeiten. In den letzten Monaten hätten die US-Konjunkturdaten deutlich unter den Konsenserwartungen gelegen. Nach schwachen Arbeitsmarktberichten für Dezember und Januar, ebenso schwachen Daten vom Wohnimmobilienmarkt, niedrigen Einzelhandelsumsätzen sowie einem leichten Rückgang des Geschäftsklimas und des Verbrauchervertrauens seien die kurzfristigen Wachstumserwartungen zurückgenommen worden. Ende letzten Jahres habe man beispielsweise mit einem Anstieg des realen BIPs um 2,6 Prozent im 1. Quartal 2014 (annualisiert) gerechnet. Jetzt wären wir nicht überrascht, wenn das Wachstum einen halben Prozentpunkt niedriger ausfiele. Und als ob das noch nicht genug wäre, sei auch das Wachstum im 4. Quartal 2013, das zunächst auf 3,2 Prozent geschätzt worden sei, auf 2,4 % herunterrevidiert worden (ebenfalls annualisiert). Statt wie erwartet an Dynamik zu gewinnen, könnte die US-Konjunktur nachlassen. Das starke Wachstum Mitte letzten Jahres wäre dann nicht mehr als ein Strohfeuer gewesen – und Wasser auf die Mühlen aller, die schon immer pessimistisch gewesen seien, heißt es weiter.
„In den USA werden die Konjunkturdaten üblicherweise saisonbereinigt. Dabei kommt ein statistisches Konzept zur Anwendung, das mittels historischer Saisonalitäten regelmäßige Schwankungen glättet und damit Monatsvergleiche möglich macht. Im Dezember und im Januar ist diese Bereinigung aber meist schwierig. Wir glauben, dass das extreme Wetter in diesem Jahr die Daten nach unten verzerrt hat. Um wie viel, ist aber schwer zu sagen.Leider werden wir auf unverzerrte Konjunkturdaten wohl bis zum Frühjahr warten müssen. Wenn der Schnee schmilzt und sich die Daten vermutlich normalisieren, könnte es durchaus einige erfreuliche Überraschungen geben. Unterdessen hat der russische Übergriff auf die Krim uns erneut vor Augen geführt, dass weltpolitische Spannungen Auswirkungen auf die Risikobereitschaft aller Anleger haben können; und das trotz der recht geringen Bedeutung der Ukraine für die Weltwirtschaft. Doch unabhängig von der Politik droht der Ukraine auch eine Zahlungsbilanzkrise, die ausländische Hilfen nötig macht“, so Spector.
Es gebe wenig Zweifel, dass die US-Konjunktur auch unabhängig vom Wetter etwas nachgelassen habe, zumal in der zweiten Jahreshälfte 2013 auch hohe Lagerinvestitionen für Wachstum gesorgt hätten. Dies gelte insbesondere für den Autosektor, wo die Händlerbestände den jüngsten Daten zufolge jetzt etwa zehn Prozent höher seien als normal. Doch das habe seinen Preis. Ein Abbau könne hohe Rabatte und eine geringere Produktion erfordern. Jede Lagerkorrektur, und sei sie noch so vorübergehend, dämpfe das Wachstum mehrerer Quartale lang, heißt es weiter.
„Insgesamt ist das Wachstum zwar alles andere als spektakulär, aber die US-Wirtschaft macht Fortschritte. Wir rechnen damit, dass der Aufschwung noch mindestens ein Jahr anhält. Auch wenn die Beschäftigung in den letzten beiden Monaten nicht mehr gestiegen ist, fielen andere Arbeitsmarktindikatoren wesentlich besser aus. Es gibt wieder mehr offene Stellen, und die Verbraucher beurteilen die Beschäftigungsperspektiven noch immer positiv. Offensichtlich gibt es sowohl bei Wohnimmobilien als auch bei Unternehmensinvestitionen Nachholbedarf. Bereinigt um Staatsausgabenkürzungen und Lagerinvestitionen ist die private Nachfrage im letzten Jahr stetig um 2,5 Prozent bis drei Prozent gewachsen. Ein solcher Anstieg scheint auch für die nächsten vier Quartale möglich. Im 2. Quartal wird sich unserer Ansicht nach zeigen, ob 2014 ein gutes Jahr wird“, so Spector.
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