Kommentar
13:10 Uhr, 06.12.2016

US-Arbeitsmarkt: Dieses Problem muss gelöst werden

Die Arbeitslosenrate fiel in den USA im November auf den niedrigsten Stand seit 9 Jahren. Das täuscht darüber hinweg, dass die Probleme nach wie vor sehr viel größer sind, als sie den Anschein erwecken.

Grundsätzlich sind die Zahlen erfreulich. Die US-Wirtschaft baute im November weiter Stellen auf. Mehr Menschen haben eine Arbeit als im Oktober oder vor einem Jahr. Daran kann man wenig aussetzen. Der Trend stimmt nach wie vor.

Es gibt jedoch ein großes Aber: Noch immer bleibt ein Teil der Bevölkerung dem Arbeitsmarkt fern. Das zeigt die Partizipationsrate in Grafik 1. Sie erreichte ihren tiefsten Stand seit 30 Jahren im September 2015. Seitdem stieg sie. Das nährte die Hoffnung, dass nach der Rezession auch endlich jene auf den Arbeitsmarkt zurückkommen, die die Jobsuche schon lange aufgegeben hatten.

Nun fällt die Partizipationsrate wieder deutlich. Es verabschieden sich wieder mehr Menschen aus dem aktiven Arbeitsleben. Das ist aus zwei Gründen ein Problem. Zum einen bedeutet es, dass der Aufschwung an einem Teil der Bevölkerung nach wie vor vorbeigeht. Zum anderen droht eine schnellere Überhitzung der Wirtschaft.

Letzteres ist etwas paradox. Obwohl das Potenzial von Arbeitskräften steigt, wenn die Partizipationsrate fällt (theoretisch warten mehr Menschen an der Seitenlinie), führt eine sinkende Partizipationsrate zu einem Mangel an Arbeitskräften. Diejenigen, die an der Seitenlinie warten, warten dort eben nur theoretisch. Es braucht viel, um diese Menschen in den Arbeitsmarkt zurückzuholen.

Stehen diese Menschen dem Arbeitsmarkt praktisch nicht zur Verfügung, dann kommt es schnell zu einem Mangel an Arbeitskräften. Die Arbeitslosenrate sinkt überproportional, obwohl die Gesamtbeschäftigung nur in geringem Tempo wächst. Das wiederum führt mittelfristig wiederum zu rascher steigenden Löhnen und höherer Inflation.

Die Notenbank will keine davonlaufende Inflation. Sie müsste die Zinsen in einem solchen Szenario schneller anheben als geplant, um die Inflation zu bekämpfen. Sie muss dies tun, obwohl der Arbeitsmarkt nach wie vor nicht komplett gesundet ist.
Die neue US-Administration will sich genau um dieses Paradox kümmern. Im Wahlkampf wurde versprochen, wieder jene Jobs zurückzuholen, die in den vergangenen Jahrzehnten verlorengingen. Das sind vor allem Jobs in der Produktion. Grafik 2 zeigt die Veränderung der Gesamtbeschäftigung im Vergleich zum Vorjahr sowie die gleiche Entwicklung für den produzierenden Sektor.

Auf Jahressicht hat die US Wirtschaft gut 2 Mio. Stellen geschaffen. In der Produktion fielen auf Jahressicht 54.000 Stellen weg. Ein Großteil der Menschen, die ihren Job in der Produktion verloren haben, dürften sich aus dem Arbeitsmarkt verabschiedet haben.

Gelingt es der neuen Administration, diese Jobs wieder in die USA zurückzuholen, kann die Partizipationsrate wieder steigen, weil Möglichkeiten für jene geschaffen werden, die sonst kaum Aussichten auf Beschäftigung haben.

Die Regierung braucht diese Jobs dringend. Dabei geht es nicht nur darum, dass genau das im Wahlkampf versprochen wurde, sondern auch um die Wachstumsziele. Eine Wirtschaft wächst so schnell wie die Produktivität und die Beschäftigung wächst. Die Produktivität stagniert. Was bleibt, um Wirtschaftswachstum zu erzeugen, ist Beschäftigungswachstum. Nur, wenn es der Regierung gelingt, die Partizipationsrate zu erhöhen, indem Produktionsjobs zurückgeholt werden, kann das Ziel von 3 % Wachstum oder mehr erreicht werden.

Ob das alles Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt. In den USA zu produzieren ist vergleichsweise teuer. Es lässt die Inflation ansteigen und trifft die 50 Mio. Amerikaner, die als arm gelten, besonders hart. Da hilft es auch nicht, wenn aus diesen 50 Mio. eine oder zwei Millionen einen Job in der Produktion finden.

Wie dem auch sei, die Hoffnung, dass der Arbeitsmarkt endlich gesundet ist, wurde mit dem neuen Arbeitsmarktbericht gedämpft. Es bleibt viel harte Arbeit für der neuen Administration und der Notenbank.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • trunki
    trunki

    Da bleibt mir nur Bewunderung:

    Sie haben mich überzeugt: Sie glauben tatsächlich was Sie schreiben. Machen Sie aber bitte nicht den Fehler und versuchen Sie dies mit anderen Zahlen wie der Handelsbilanz in Verbindung zu bringen.

    Sonst könnte ihnen auffallen das eine Wirtschaft die angeblich überhitzt und sage und Schreibe 2 Mio. Arbeitsplätze schafft niemals ein Handelsbilanzdefizit in Höhe von durchschnittlich 42 Mrd. USD pro MONAT "erwirtschaften" würde. Dies geht nur dann, wenn die Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze keinerlei Produktivität beinhaltet sprich es sich um Barkeeper, Nannys, Putzfrauen und Nachhilfelehrer(innnen) handelt im absoluten Niedriglohnsektor. Das würde aber dann auch wieder eine "Protestwahl" wie sie die Amerikaner hinter sich haben erklären. Aber soviele Gedanken in Zusammenhang zu bringen ist wahrscheinlich für einen gut ausgebildeten Betriebswirtschaftler verboten.

    16:46 Uhr, 06.12. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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