Kommentar
12:24 Uhr, 09.06.2021

US-Arbeitsmarkt: Die wichtigste Information fehlt

In der US-Wirtschaft entstehen neue Jobs, aber nicht so viele, dass eine Überhitzung droht. Das ist gut. Die wichtigste Information fehlt jedoch.

Man muss kein Hellseher sein, um zu erraten, dass die US-Wirtschaft neue Arbeitsstellen schafft. Im Mai wurden über eine halbe Million neue Jobs geschaffen. Das ist erfreulich und zeigt das Offensichtliche: Die Wirtschaft öffnet. Ein wenig enttäuscht waren Ökonomen über die Zahlen. Schätzungen gingen von 600.000 bis eine Million Jobs aus. Am Aktienmarkt gab es überhaupt keine Enttäuschung. Vielmehr gab es sogar eine gewisse Feierlaune. Derzeit liegt die Beschäftigung noch immer knapp 8 Mio. tiefer als vor der Krise. Die Wirtschaft hat noch viel aufzuholen. Holt sie jedoch zu schnell auf, droht eine Überhitzung und damit eine Notenbank, die aggressiver agiert. Solange die Erholung gemächlich erfolgt, müssen sich Anleger keine allzu großen Sorgen machen. Die Erholung ist aus Sicht einiger Beobachter nicht sonderlich gut. Im Vergleich zur Finanzkrise läuft die Erholung allerdings sehr gut.

Beim derzeitigen Tempo würden die USA Ende 2022 eine Rekordbeschäftigung erreichen. Nach der Finanzkrise dauerte das fast sechs Jahre.

Viele hatten jedoch damit gerechnet, dass mit der Öffnung der Wirtschaft alle Jobs wieder rasch zurückkommen. Das ist nicht der Fall. Darüber, wieso das so ist, wird debattiert. Ist zu teure Kinderbetreuung schuld, die Eltern davon abhält, schon jetzt wieder zu arbeiten? Sind es die großzügigen Arbeitslosengelder, die einen Job unattraktiv machen? Oder wird der Bedarf an Arbeitskräften überschätzt und die Jobs gibt es gar nicht?

Das alles kann Anlegern eigentlich egal sein. Was zählt, das ist etwas anderes. Für den Aktienmarkt sind zwei andere Faktoren relevant. Einerseits geht es um die Gesamteinkommen, andererseits darum wie stark die Löhne steigen. Der erste Faktor bestimmt, wie viel Unternehmen verkaufen können. Je mehr Einkommen, desto mehr Konsum. Beim zweiten Faktor geht es darum, wie viel Marge Unternehmen verlieren, wenn die Löhne zu schnell steigen.

Die Einkommen sind hoch, zum Teil wegen staatlicher Unterstützung. Es mangelt nicht an Konsumbereitschaft und dem dafür notwendigen Geld. Das ist positiv. Bleibt die Frage, wie viel in der Form höherer Löhne von der Marge wieder abgezogen werden muss. Das ist die wichtigste Information und diese fehlt.

Die Daten zum Lohnwachstum werden zwar erhoben, allerdings sind diese wenig aussagekräftig (Grafik 2). Zu Beginn der Krise stiegen die Löhne kurzfristig im zweistelligen Bereich. Das lag daran, dass Jobs mit geringer Bezahlung verlorengingen. Was blieb, waren hochbezahlte Arbeitnehmer. Daher sah es so aus, als ob die Löhne stark steigen würden.


Als der Niedriglohnsektor wieder einstellte, fielen die Löhne zum Teil kräftig. Die stark schwankende Zusammensetzung der Beschäftigung macht die Daten schwer interpretierbar. Auf Basis dieser Daten kann niemand sagen, ob nun eine Lohnpreisspirale droht oder nicht.

Betrachtet man einen Sektor, der von der Krise wenig betroffen war (Produktion, Grafik 3), zeigt sich hohes Lohnwachstum, egal, ob man die Jahreszahlen oder den Zuwachs über die vergangenen 6 oder 2 Monate betrachtet. Das Lohnwachstum ist eines der höchsten seit vielen Jahren. Selbst vor Beginn der Finanzkrise stiegen die Löhne langsamer.


Das deutet an, dass der Arbeitsmarkt unter mehr Dampf steht, als die Zahlen auf den ersten Blick vermuten lassen. Unternehmen werden Marge abgeben müssen. Anleger können sich nicht sicher sein, dass die Wirtschaft nicht überhitzt und die Fed nicht doch schneller agieren muss.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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