Kommentar
12:30 Uhr, 25.11.2004

US-Aktien: Nur keine Panik

Der allgemeine US-CPI (Index der Verbraucherpreise) nahm nach einem Anstieg im September um 0,2% im Monatsvergleich (m/m) im Oktober um 0,6% zu; die Jahresrate beträgt nun 3,2%. Der unbereinigte Anstieg fiel höher aus als die vom Markt erwarteten 0,4%. Die Hälfte des Gesamtanstiegs entfiel auf die Energiekomponente des Index; sie legte gegenüber dem Vormonat um 4,2% zu. Wichtiger für die Märkte war die Nachricht, dass die Kernrate des Index im Oktober um 0,2% anstieg und diese Jahresrate 2% beträgt. Obwohl der Anstieg der Kernrate leicht über den 0,1% der Konsensus-Schätzungen liegt, reagierten die Märkte erleichtert auf die 0,2%, vor allem nach dem unerwartet schlechten Erzeugerpreisindex vom Dienstag.

Die Oktober-Inflationszahlen reichen nach unserer Meinung nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Offenmarktausschusses (FOMC) der US-Notenbank von den Informationen über Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen abzulenken, wenn er über die Erhöhung des US-Tagesgeldsatzes entscheidet. Dies trifft vor allem zu, weil sich ein Inflationsgespenst zu Beginn dieses Jahres als zeitlich begrenzte Erscheinung erwies und die aktuellen Preissteigerungen bei Öl und bestimmten Nahrungsmitteln inzwischen rückläufig sind. In diesem Stadium preist der Terminmarkt für Tagesgeld bereits mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90% eine Erhöhung um 25 Basispunkte zum nächsten FOMC-Meeting am 14. Dezember ein. Danach geht der Markt beinahe uneingeschränkt davon aus, dass die Zinsen an der nächsten vorgesehenen Tagung am 2. Februar um weitere 25 Basispunkte erhöht werden. Wir halten diese Einschätzung für realistisch: Der aktuelle konjunkturelle Hintergrund und die jüngsten offiziellen Kommentare vieler Mitarbeiter der US-Notenbank lassen eine größere Zuversicht über die Dynamik des Wirtschaftswachstums (d.h. die Überzeugung, dass wir die Wachstumsdelle überwunden haben) und keine allzu großen Befürchtungen über die unterliegende Inflation erkennen.

Auf der Grundlage unserer Prognosen zum realen BIP-Wachstum (im Trend oder leicht unter dem Trend), sowie aufgrund der bestehenden moderaten Output-Lücke gehen wir nicht davon aus, dass es in den USA zu einem nachhaltigen Anstieg der Kerninflation kommt. Für diese Einschätzung ist unsere Annahme entscheidend, dass das Potenzialwachstum der US-Wirtschaft (die Trendrate des Produktivitätszuwachses, die nahe bei 3% zu liegen scheint, plus die unterliegende Wachstumsrate der Erwerbsbevölkerung) etwa 3,5% beträgt. Zusammen mit unserer Prognose des realen US-BIP-Wachstums für 2005 von etwa 3% wird deutlich, dass sich die derzeitige Output-Lücke von etwa 1% des BIP im nächsten Jahr kaum ändern wird. Zwischen der Output-Lücke und der Veränderung der Kerninflationsrate gibt es einen ziemlich eindeutigen Zusammenhang. Die Tatsache, dass es auch im Jahr 2005 eine Output-Lücke geben dürfte, spricht dafür, dass es bei der Kerninflationsrate von derzeit 2% keine oder nur eine geringe Steigerung geben wird.

Wir erwarten, dass der unbereinigte CPI im vierten Quartal 2005 um 2,6% steigt (gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahres - q4/q4) - er läge dann beinahe einen Prozentpunkt unter dem voraussichtlichen Anstieg für dieses Jahr. Die erwartete Abschwächung der unbereinigten Inflationsrate beruht auf der Überzeugung, dass die Energiepreise nicht erneut - wie in diesem Jahr - um etwa 15% steigen werden. Weitgehend auf der Grundlage der Analyse der Output-Lücke prognostizieren wir einen Anstieg des Kern-CPI von 2,0% q4/q4 im Jahr 2005. Dies entspricht der aktuellen Steigerungsrate auf Jahresbasis und zeigt, dass wir mit Steigerungen des Kern-CPI auf Monatsbasis (m/m) im nächsten Jahr von meist 0,2% rechnen.

Die PPI-Zahlen vom Oktober schrecken die Märkte

Der unbereinigte US-Index der Erzeugerpreise (PPI) für Fertigwaren schnellte im Oktober um 1,7% m/m in die Höhe (dies war der stärkste Monatsanstieg seit fast 15 Jahren) und brachte die Jahresrate auf 4,4%. Der unbereinigte Anstieg im Oktober fiel beinahe dreimal so hoch aus wie die Konsensus-Prognose mit 0,6%. Mehr als 80% des Oktober-Anstiegs entfiel auf die volatilen Nahrungsmittel- (1,6%) und Energiekomponenten (6,8%) des Index. Der aufmerksamer verfolgte Kernindex (ohne Nahrungsmittel und Energie) nahm im Oktober - ebenso wie im September - um 0,3% m/m zu.

Dennoch liegt die Trendrate des Kern-PPI für Fertigwaren mit etwas unter 2% im moderaten Bereich und dürfte der US-Notenbank kaum Sorge bereiten. Zudem sind die Preise für Energie und Nahrungsmittel bereits von den Niveaus, die den enormen Anstieg des unbereinigten PPI im Oktober verursachten, zurückgekommen. Wir glauben nicht, dass dieser Inflationsbericht Informationen enthält, die auf eine Verschiebung der unterliegenden Inflationsbedingungen hindeuten.

Während Produzenten und Einzelhändler nach wie vor die Preise für Kern-Fertigwaren nur unter Schwierigkeiten erhöhen können, werden höhere Energiepreise, sowie jeder Anstieg der Kern- Faktorkosten weitgehend zu Lasten der Gewinnmargen gehen und anhaltende Kostensenkungen in anderen Bereichen auslösen. Da sogar bei Produzenten die Masse der Kosten auf die Belegschaft entfällt, betreffen Kostensenkungen "in anderen Bereichen" meist die Arbeitnehmer. Arbeit ist ein Kostensegment, das gut steuerbar ist - im Gegensatz zu den Kosten für Rohstoffe und dergleichen, die vom Markt bestimmt werden. Daher spricht der anhaltende Druck auf die Lohnkosten dafür, dass die Erholung am Arbeitsmarkt - gemessen an historischen Werten - bescheiden bleibt.

Quelle: Schroders

Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2004 rund 147,9 Mrd. Euro.

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