Unternehmensanleihen mit Investment-Grade: Es gibt keine Alternative
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
„Wir befinden uns derzeit eindeutig in einer Phase rückläufiger Inflation. Dazu tragen mehrere Faktoren bei: Basiseffekte, Rohstoffe und der starke Rückgang der Geldmenge. Die Märkte haben begonnen, eine Rückkehr zu einer Inflationsrate von 2 % in Europa, Großbritannien und den USA einzupreisen. Wir halten es aber aus zwei Gründen für verfrüht, davon auszugehen, dass die 2 %-Marke dauerhaft erreicht wird.
Der erste Grund ist die Stärke der Arbeitsmärkte: In Europa ist die Arbeitslosigkeit auf einem historischen Tiefstand, in den USA auf dem niedrigsten Stand seit 40 Jahren, und in Großbritannien sieht es ähnlich aus. Vor diesem Hintergrund ist es gefährlich anzunehmen, dass die Inflation schnell wieder auf alte Niveaus zurückkehrt. Wenn der Arbeitsmarkt auch nur annähernd so stark bleibt wie bisher, werden wir diesen Inflationszyklus nicht so schnell hinter uns lassen können.
Der zweite wichtige Punkt ist: Was geschieht, wenn die Rezession im Jahr 2023 oder vielleicht 2024 kommt? Lässt sich die Inflation dann wieder in den Griff bekommen, oder wird sie trotzdem erhöht bleiben? Wenn die Inflation in einer Rezession sinkt, könnten die Zentralbanken die kurzfristigen Zinsen senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Bleibt die Inflation aber hoch, wird das Leben der Notenbanker sehr viel komplizierter, weil sie dann möglicherweise keinen Spielraum mehr für Zinssenkungen haben. Für uns ist das der Grund, warum es die Fed mit den Zinserhöhungen so eilig hatte. Und warum die EZB nachzieht.
Inflation wird länger anhalten, als von den Märkten eingepreist
Sowohl die Anleihen- als auch die Aktienmärkte haben alles darangesetzt, die Rückkehr zur Zielinflation vorwegzunehmen. Wir halten das für etwas verfrüht. Wie bereits erwähnt, könnte es sein, dass die Zentralbanken nicht bereit sind, die Geldpolitik zu lockern, wenn die Inflation in einer Rezession höher ist als gewünscht. Die mögliche Folge wären Millionen von Arbeitslosen in Europa, den USA und Großbritannien. Die Zentralbanken stünden dann unter einem enormen sozialen und politischen Druck, die Zinsen zu senken. Und wenn sie dem nachgeben? Dann würde die Inflation länger auf einem erhöhten Niveau bleiben.
Die Zentralbanken haben die Zinsen aggressiv erhöht, und der Anleihenmarkt erwartet, dass wir uns auf eine deutliche Verlangsamung des Wirtschaftswachstums oder sogar auf eine Rezession zubewegen. Die Renditestrukturkurve ist daher stark invers, d.h. Anleihen mit kurzer Laufzeit rentieren höher als Anleihen mit längerer Laufzeit. Die Frage ist, wie sich diese Kurve entwickeln wird. Was passiert, wenn die kurzfristigen Zinsen immer weiter steigen? Während der Markt davon ausgeht, dass die langfristigen Zinsen sinken werden - wegen des geringeren Wachstums und der niedrigeren Inflation? In diesem Fall sollte die Kurve invers bleiben. Es könnte aber auch sein, dass die Zentralbanken dann eine Kehrtwende einleiten.
Gutes Umfeld für IG-Unternehmensanleihen
Für Anleiheanleger bietet dieses Szenario einige Chancen: Auf Sicht von zwei bis drei Jahren sind wir für Anleihen so optimistisch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Vor allem Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating halten wir für interessanter als fast alles andere - auch als Aktien. Mit britischen Investment-Grade-Unternehmensanleihen lassen sich Renditen von 5 bis 6 Prozent erzielen. Das sind Niveaus, die wir seit 2009 nicht mehr gesehen haben.
Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie sind weltweit Divergenzen zwischen den Zentralbanken zu beobachten. Sie bewegen sich in unterschiedliche Richtungen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten. In den USA herrscht die Marktmeinung vor, dass sich die Fed eher am Ende als am Anfang ihres Zinserhöhungszyklus befindet. Wenn die kurzfristigen Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben, werden die Anleiherenditen fallen und die Aktienkurse steigen. Die EZB hingegen kämpft immer noch mit der Kerninflation und einem sehr angespannten Arbeitsmarkt. Es ist möglich, dass die Renditen von US-Anleihen fallen und die Kurse steigen, während die EZB die kurzfristigen Zinsen weiter anhebt, um die Kerninflation zu bekämpfen. Eine solche Phase bietet wirklich interessante Möglichkeiten für global orientierte Anleger, die Differenz zwischen diesen beiden Märkten zu nutzen.“
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.