Unternehmensanleihen aus Schwellenländern trotzen Corona-Pandemie
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Mit dem Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen und der Impfstoffentwicklung gegen COVID-19 haben Unternehmensanleihen aus Schwellenländern kräftig aufgeholt. Die Exportvolumina sind wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. Auch die Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten stimmt positiv. Insbesondere hochverzinsliche Unternehmensanleihen bieten für Investoren ein attraktives Risiko-Rendite-Profil.
Gute Aussichten: Der Internationale Währungsfonds rechnet für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern von rund sechs Prozent. Im vergangenen Jahr war der Wachstumsrückgang mit rund drei Prozent dort deutlich geringer ausgefallen als in den entwickelten Ländern. Zum Vergleich: Weltweit gehen die Ökonomen von einem Schrumpfen des Wirtschaftswachstums 2020 in Höhe von vier bis fünf Prozent aus. Die wichtigsten Wachstumstreiber sind in den Emerging Markets die Rohstoffpreise. „Mit der Rückkehr der Exporte auf das frühere Niveau vor der Pandemie wird sich die Preisdynamik bei den Rohstoffen positiv auf die Bondpreise auswirken“, erwartet Thomas Rutz, Portfoliomanager des MainFirst Emerging Markets Corporate Bond Fund Balanced und des MainFirst Emerging Markets Credit Opportunities Fund. „Edelmetalle und viele Basismetalle wie zum Beispiel Kupfer und Eisenerz sowie Agrarprodukte wie Sojabohnen handeln aktuell auf einem Mehrjahreshoch. Wir sehen den Rohstoffzyklus auch längerfristig in einem anhaltenden strukturellen Bullenmarkt. Unter anderem treiben die Konjunkturprogramme der einzelnen Länder, allen voran China, die Nachfrage nach Rohstoffen weiter an“, stellt der Experte fest. Insbesondere in rohstoffexportierenden Schwellenländern dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts daher dieses Jahr positiv überraschen.
Aktuell antizipieren die Bondspreise diese Erholung seit dem coronabedingten Einbruch im März 2020 noch nicht vollständig. Dies birgt Potenzial für Investoren. Denn laut Rutz sprechen weitere Faktoren für eine positive Entwicklung: „Unternehmen aus den Emerging Markets sind vergleichsweise erfahren im Umgang mit Rezessionen und politischen Eskalationen. Viele haben daher zum Beispiel mit Kostenprogrammen und Liquiditätsbeschaffung schnell auf die Coronapandemie reagiert. Dennoch fällt die Performance hochverzinslicher Schwellenländer-Bonds mit knapp sieben Prozent im vergangenen Jahr vergleichsweise gering aus. Zum Vergleich: Der S&P 500-Index handelte Ende Dezember 2020 bei einem Plus von fast 19 Prozent. Vor allem US- und Investment Grade-Anleihen legten, angetrieben von den geld- und fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen der Regierungen und Zentralbanken, deutlich zu. Dabei stehen Unternehmen aus Schwellenländern nicht unbedingt schlechter da als diejenigen anderer Märkte.
Zusätzlichen Auftrieb könnte Schwellenländeranleihen eine weitere Schwächung des US-Dollars unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden geben, was die ohnehin schon starken Rohstoffmärkte stützen würde. Auch eine steilere Zinskurve im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung sollte die Risikobereitschaft der Investoren erhöhen und insbesondere hochverzinslichen Unternehmensanleihen der Emerging Markets Aufschwung verleihen. „Die Sparquoten sind in der Pandemie in die Höhe geschossen, jetzt müssen die Bargeldbestände sukzessiv wieder abgebaut werden und das Geld wird in die Märkte zurückfließen. Insgesamt ist der Ausblick für Anleihen aus Schwellenländern daher positiv und wir erwarten eine Aufholjagd gegenüber anderen Anlageklassen“, so Rutz. Am meisten Potenzial sieht der Experte im tiefen B- und CCC- bewerteten Bereich. „Einige Unternehmen werden hier als Ausfallkandidaten gehandelt – aus unserer Sicht zu Unrecht, da diese Unternehmen durchaus glaubwürdige Strategien zur Verbesserung der Kreditwürdigkeit haben. Diese werden aber vom Markt noch nicht als solche gehandelt. In einigen Fällen erwarten wir auch attraktive „Distressed Exchanges“. Das bedeutet: Unternehmen die ihre Anleihen bei Verfall nicht bedienen können, offerieren attraktive Verlängerungen der Laufzeit. Typischerweise mit höherem Cashflow und/oder Garantien auf Vermögenswerte.“
Auf Sektorenebene setzt Rutz neben Infrastruktur, Immobilien und Versorger vor allem auf Öl und Gas. „Für die Mehrheit der kleineren Ölproduzenten preist der Markt im Moment noch die aktuellen Ölpreise von 45 bis 50 USD ein. Auf diesen Niveaus kann mit konventioneller Technik zwar lukrativ gebohrt werden, allerdings ist der Spielraum für Investitionen gering. Wir erwarten deshalb, dass die Ölpreise mit zunehmender Mobilität ansteigen werden. Diese Erwartung ist bisher nicht in den Anleihen reflektiert.“
Auf Länderebene sieht der Schwellenländer-Experte attraktive Einstiegsmöglichkeiten in China. Dort reagierten zuletzt Marktteilnehmer geschockt auf die Konkursankündigung zweier lokalen Staatskonzerne. Zwar steigen Zahlungsausfälle in China seit einigen Jahren, dass aber staatseigene Unternehmen nicht gerettet werden, war bisher selten der Fall. Nun akzeptiert die chinesische Führung aber vermehrt marktwirtschaftliche Kräfte. „Nur so können staatliche Unternehmen gezwungen werden, besser zu wirtschaften. Langfristig erachten wir diese Entwicklung daher als positiv“, kommentiert Rutz. Ebenfalls attraktiv sei aktuell Mexiko, da das Land aufgrund der vergleichsweise geringen Supportmaßnahmen sowie regelmäßiger marktunfreundlicher Kommentare des Präsidenten Obrador in der globalen Erholung noch hinterherhinke.
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