Wahljahr 2024: Nicht nur auf die USA blicken
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1. Südafrika: Verbesserung der Energieinfrastruktur und Logistik kann Wachstumspotenzial steigern
„Bei den Parlamentswahlen Ende Mai verlor die Partei Afrikanischer Nationalkongress (ANC), die mit Nelson Mandela einst an der Spitze des Kampfes gegen die Apartheid stand, zum ersten Mal seit 30 Jahren ihre Mehrheit im Parlament. Die steigende Kriminalität und Arbeitslosigkeit sowie die Unterbrechung der Energieversorgung sind nur einige Gründe. Die inzwischen erfolgte Bildung einer Regierung der nationalen Einheit ist ein Bündnis mit der Partei Economic Freedom Fighters, die radikale Reformen wie Landenteignungen und Verstaatlichung von Schlüsselindustrien wie dem Bergbau vorschlägt. Die neugebildete Regierung deutet das Fortsetzen des Kurses der Haushaltskonsolidierung mit sinkenden Haushaltsdefiziten an, was Investoren begrüßen. Doch die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist von 56 Prozent im Jahr 2019 auf 74 Prozent Ende vergangenen Jahres gestiegen. Zudem muss die Regierung weiterhin in die Netze für Strom-, Logistik- und Mobilität investieren. Die Energieerzeugung hat sich in diesem Jahr zwar deutlich verbessert: So gab es in den zurückliegenden drei Monaten keine Lastabwürfe mehr, also eine absichtliche teilweise Unterbrechung der Stromversorgung, um den Ausfall des gesamten Netzes zu verhindern. Dennoch: Die Reformen zur Lösung der Energie- und Logistikprobleme müssen fortgesetzt werden. In den letzten Jahren hat der Privatsektor bei Investitionen in die Energiesicherheit größere Handlungsfähigkeit bewiesen als der Staat. Wenn es der Regierung gelingt, private Investoren zu überzeugen, diese Last mitzutragen und gleichzeitig die Haushaltslage zu verbessern, könnte das Land einen positiven Kreislauf in Gang setzen und sein Wachstumspotenzial steigern. Die Investoren müssen jedoch geduldig sein und die Situation aufmerksam beobachten.“
2. Mexiko: Anleger sollten auf finanzpolitischen Kurs sowie das Risiko umstrittener institutioneller Reformen achten
„In Mexiko konnte die Regierungspartei ihre parlamentarische Mehrheit ausbauen: Sie erlangte eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus des Parlaments und es fehlten nur vier Sitze, um dies auch im Senat zu erreichen. Das wird es der neuen Präsidentin Claudia Sheinbaum erleichtern, einige umstrittene Reformen durchzusetzen. Eine davon sieht die Direktwahl von Richtern vor. Dies würde das Justizsystem der Regierung unterordnen, was das institutionelle Gleichgewicht schwächen würde. Was die Steuerpolitik betrifft, so hat die neue Präsidentin zwar erklärt, dass die Regierung diszipliniert bleiben wolle, doch sollten die Anleger genau beobachten, ob diesen Versprechungen auch Taten folgen. Schließlich hat die neue Regierung auch angekündigt, die Sozialausgaben in mehreren Bereichen zu erhöhen. Ein weiteres wichtiges Thema ist, wie die Regierung die Verschuldung des staatlichen Ölproduzenten PEMEX in den Griff bekommen will. Mit 108 Milliarden US-Dollar entsprechen diese Schulden etwa sechs Prozent des BIP des Landes und könnten bei einer Konsolidierung das Rating Mexikos nach unten drücken. Während eine Verschlechterung der Haushaltsbilanz das Risiko der Schuldentragfähigkeit erhöhen könnte, bleibt die aktuelle makroökonomische Situation für die Unternehmen des Landes günstig. Denn sie werden gestützt von der Nearshoring-Story, also der Verlagerung von Produktionen des großen Nachbarn USA über die Grenze, sowie den gesunden Bilanzen der Verbraucher, die von der sehr niedrigen Arbeitslosenquote von 2,5 Prozent profitieren. Ein kurzfristiger negativer Katalysator könnte eine potenzielle Verlangsamung der US-Wirtschaft sein, die Mexiko stärker treffen würde als andere aufstrebende Volkswirtschaften.“
3. Indien: Trotz strukturellen Reformbedarfs profitiert die Wirtschaft von Konsumgeschenken und Bevölkerungswachstum
„In Indien, dem bevölkerungsreichtsten Land der Welt, hat die Regierungspartei BJP von Premierminister Narendra Modi ihre absolute Mehrheit im Unterhaus des Parlaments verloren. Es gelang ihr jedoch, die Unterstützung ihrer verbündeten Parteien zu gewinnen und Modi zum Vorsitzenden einer neuen Koalition zu wählen. Dieses Ergebnis dürfte dazu führen, dass die Regierung ihre Prioritäten neu ordnet: Auf der einen Seite werden wie bisher die Infrastrukturausgaben im Mittelpunkt stehen, mit Zement- und Stahlherstellern sowie großen Bauunternehmen als Profiteure. Auf der anderen Seite wird die neue Regierung Probleme wie die steigende Jugendarbeitslosigkeit und die zunehmende Armut auf dem Lande angehen müssen, die zum schlechten Wahlergebnis der BJP-Partei geführt haben. Die Regierung könnte versucht sein, den ärmsten Bürgern Konsumgeschenke zu machen. Dies würde zwar der ländlichen Wirtschaft zugutekommen, aber die eigentlichen Herausforderungen sind struktureller Art und erfordern mittel- bis langfristig Reformen. In den nächsten Jahren wird Indien jedoch weiterhin von einer steigenden Bevölkerung, einer wachsenden Mittelschicht und ausländischen Investitionen profitieren. Das BIP-Wachstum betrug im vergangenen Jahr 7,8 Prozent und dürfte auch in diesem Jahr mit 7 Prozent kräftig ausfallen.“
4. Indonesien: Abbau von Handelshemnissen und neue Handelsabkommen können Weg in die Zukunft ebnen
„In Indonesien, dem Land mit den viertmeisten Einwohnern der Welt, verhinderte die Verfassung eine dritte Amtszeit des populären Präsidenten Joko Widodo. Er hat jedoch seinen ältesten Sohn in Stellung gebracht, als Vizepräsident von Wahlgewinner Prabowo Subianto. Der neue Präsident erbt eine starke Wirtschaft mit relativ niedriger Staatsverschuldung, die im Verhältnis zum BIP ab 2023 bei 40 Prozent lag, und einem geschätzten Haushaltssaldo für 2025 von nur 2,3 bis 2,8 Prozent. Die Reformen müssen jedoch fortgesetzt werden, um Indonesien von einem Land mit mittlerem Einkommen zu einem Land mit hohem Einkommen zu entwickeln. Die Beseitigung von Handelshemmnissen, die Verbesserung der Logistik und die Unterzeichnung weiterer Handelsabkommen sind nur einige Punkte, die Investoren im Auge behalten sollten. Weitere sind die potenziellen Risiken von Steuerausfällen, die mit dem Amtsantritt der neuen Regierung im Oktober einhergehen. Subianto ist mit dem Versprechen angetreten, fast 80 Millionen indonesischen Schülern eine kostenlose Mahlzeit zukommen zu lassen, was 28 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten könnte. Die Forschung zeigt, dass sich die Bereitstellung kostenloser Mahlzeiten für Schüler positiv auf ihre Gesundheit und ihre akademischen Leistungen auswirkt und langfristig für ein Land von Vorteil ist – aber ein solches Programm muss auch finanziert werden. Der neue Präsident hat kürzlich die voraussichtlichen Ausgaben im Jahr 2025 dafür auf 4,3 Milliarden US-Dollar gesenkt und erklärt, dass er sich weiterhin für Haushaltsdisziplin einsetzt, ohne die Grenze von 3 Prozent des Haushaltsdefizits zu überschreiten. Subianto sagte außerdem, dass eine Erhöhung der Schulden die letztmögliche Option sei, da die Regierung das Programm durch Ausgabenkürzungen und den Versuch, die Steuereinnahmen zu erhöhen, finanzieren werde.“
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