Kommentar
08:06 Uhr, 03.02.2015

Untergangsstimmung in Schweizer Industrie

Schweizer Einkaufsmanager nehmen der Notenbank die Aufhebung des EUR/CHF Mindestkurses richtig übel. Der Einkaufsmanagerindex geht um 10% zurück. Das ist einer der stärksten monatlichen Rückgänge überhaupt.

Grafik 1 zeigt den Einkaufsmanagerindex (oder PMI - Purchasing Manager Index) seit Erhebungsbeginn durch die Credit Suisse. Das absolute Niveau des Index ist mit 48,2 Punkten unter der Wachstumsschwelle. Das muss aber noch nicht all zuviel heißen. Auch 2012 war die Stimmung eher schlecht. Die Wirtschaft wuchs trotzdem noch. Der Wert unter 50 Punkten zeigt also nicht unbedingt eine Kontraktion an, sondern vielmehr eine Verlangsamung des Wachstums.

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Betrachtet man die Entwicklung des PMI relativ zum Vormonat, dann ist der Rückgang um knapp 10% einer der stärksten in der 20 jährigen Geschichte des Index. Stärker ging es bisher nur im November 2008 und Mai 1996 nach unten. Die wirtschaftlichen Ergebnisse haben wir zumindest aus 2008 und 2009 noch in Erinnerung. Auch 1996 kam es zu einem negativen Wachstum. Das hielt allerdings nur ein Quartal an.

Der Rückgang des PMI war in den Jahren 2002 und 2003 nicht so crashartig wie 1996 und 2008. Dennoch verzeichnete die Wirtschaft mehrere negative Quartale. Man kann sogar soweit gehen und sagen ab welchem PMI Punktestand das Wachstum negativ sein wird. Grafik 2 zeigt den Verlauf des PMI und des Wachstums auf Quartalsbasis. Ein PMI von gut 40 Punkten bedeutet negatives Wachstum.

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Davon sind wir momentan noch weit entfernt. Der PMI kann aber pro Monat auch schnell um 10% sinken. Dann wären 40 Punkte in zwei Monaten erreicht. Soweit kommt es wahrscheinlich nicht. Die meisten Unternehmen sind zwar unvorbereitet, allerdings können sie in den kommenden Wochen bereits viel bewegen. Rohstoffe und Zulieferungen können umgestellt und aus dem Ausland bezogen werden. Das geht nicht überall und schon gar nicht sofort, allerdings beziehen Unternehmen ohnehin schon gut die Hälfte ihrer Inputs aus dem Ausland.

Spurlos geht die rapide Frankenaufwertung an den Unternehmen nicht vorbei. Die Lage dürfte am Ende jedoch weniger dramatisch sein als alle glauben. Wenn der Franken wie in den vergangenen Tagen weiter abwertet, dann ist der Schock auch schnell überwunden. Gut möglich, dass sich der EUR/CHF Kurs bei 1,10 einpendelt, insbesondere wenn die Notenbank die Zinsen noch weiter ins Negative senkt. 10% Aufwertung sind immer noch viel, aber kein Schock mehr. Viele Währungen haben jedes Jahr weitaus größere Schwankungen zu verbuchen.

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Die Geschwindigkeit der Aufwertung war natürlich absolut überraschend. Das macht in der Wahrnehmung sehr viel aus. Entsprechend brechen teils auch die Subinidizes des PMI ein. Der Subindex Einkaufspreise bricht um 55% auf ein neues Allzeittief ein. Das ist ziemlich einmalig. Das gab es nicht einmal bei den Panikkäufen von Franken im Jahr 2011 als wir schon einmal Parität hatten. Daher dürfte der Rückgang des PMI und insbesondere dieses Subindex mehr der Emotion denn der Realität geschuldet sein. Vielleicht ist es auch einfach eine bisschen eine Trotzreaktion, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Wirtschaft mit der SNB Politik keineswegs zufrieden ist.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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