„Und der Zertifikatemarkt lebt doch“
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Zu diesem „sensationellen“ Ergebnis kam allen Unkenrufen zum Trotz schon im Januar eine von TNS Infratest im Auftrag der DZ BANK vierteljährlich durchgeführte repräsentative Telefonumfrage. So machte das noch im Herbst als Teufelszeug verunglimpfte Anlage-Vehikel seit der letzten Erhebung im Oktober, bei der die Befragten noch stark unter dem Lehman-Schock standen, von allen Asset-Klassen den größten Satz nach oben und erreichte mit einem Votum von 14 Prozent bereits wieder sein Niveau von vor der Krise, darunter besonders Garantie- und Teilschutz-Produkte. Laut DZ-Bank war der Run auf die Kapitalschutz-Papiere dabei so groß, dass viele Emissionen bereits nach kurzer Zeit überzeichnet waren. Das Bezeichnende an dieser Studie war jedoch die Tatsache, dass Zertifikate erstmals vor Aktien (13 Prozent) rangierten und damit ihre besonderen Vorteile gegenüber einem Direktinvestment auch von Seiten des Anlegers bestätigt bekamen. Selbst wenn derlei Erhebungen immer vor dem Hintergrund eines möglichen „Auftraggeber-Bonus“ zu betrachten sind, deutete auch der gleichzeitige Führungswechsel in der Marktanteilsstatistik des Deutschen Derivate Verbandes (DDV) für das vierte Quartal 2008 vom bisherigen Spitzenreiter der Deutschen Bank (21,8 Prozent) zur DZ-Bank (22,7 Prozent) auf die deutliche Ausweitung des Sicherheits-Segments (53,3 Prozent aller Anlage-Produkte) hin, das wiederum eindeutig von den Volks- und Raiffeisenbankern dominiert wird.
Den positiven Eindruck, dass es am Zertifikatemarkt zumindest wieder etwas „runder“ zu laufen scheint, konnte der DDV, seines Zeichens die Branchenvertretung der 18 führenden Emittenten derivativer Wertpapiere in Deutschland, auch im Rahmen einer eigenen Befragung von insgesamt 19 Zertifikate-Häusern bestätigen. Danach rechneten 52,6 Prozent schon in den ersten sechs Monaten 2009, nahezu 90 Prozent aber zumindest in der zweiten Jahreshälfte mit einer Belebung ihres Geschäfts. Fast unisono fällt dagegen der Ruf nach einfacheren Strukturen aus, den man jetzt wohl endlich aus dem Lager der zahlreichen Kritiker komplexer Produkte erhört zu haben scheint. Bei den beliebtesten Basiswerten stellt das Votum von 85 Prozent für Indices gegenüber Einzelwerten bzw. anderen Assets keine allzu große Überraschung dar. Welch große Rolle aber noch immer der „freundliche“ Bankberater von nebenan spielt – für Lehman-Geschädigte wohl das „Feindbild“ schlechthin - dokumentiert die Einschätzung, dass für zwei Drittel der Befragten weniger als die Hälfte der Privatanleger zu der Gruppe der Selbstentscheider gehören.
Ein nicht ganz so positives Ergebnis erbrachte die jüngste Umfrage der Ratingagentur Feri unter 23 Bankhäusern, nach der die Emittenten nun doch ein schwaches Jahr 2009 zu erwarten hätten. Danach sieht die Absatzprognose bei 52 Prozent pessimistisch aus und nur bei 22 Prozent gehe der Daumen nach oben. Als besonders gravierend werde dabei der Marktanteilsverlust gegenüber anderen Asset-Klassen betrachtet und dass sogar vor dem Hintergrund eines nicht mehr steuerlich benachteiligten Zertifikatemarktes. Auch ein Schrumpfen der eigenen Branche halten immerhin 68 Prozent für möglich. Allerdings könnte es dabei nicht nur ans eigene Portemonnaie bzw. den eigenen Arbeitsplatz gehen, sondern für mehr als die Hälfte dürfte auch die Produktvielfalt bzw. die Zahl der investierbaren Basiswerte zurückgehen.
Umfrage hin oder her, lassen wir nun die Fakten sprechen und wenden uns der aktuellsten Marktvolumenstatistik der EDG im Auftrag des DDV für Februar zu, einem Monat, der noch ganz im Zeichen des Baisse-Trends stand. Doch auch hier deutete sich bereits eine leichte Stabilisierung an, was für eine langsame Bodenbildungsphase sprechen könnte. So ging das investierte Volumen gegenüber dem Vormonat bei den 15 teilnehmenden Banken nur noch leicht um 2,8 Prozent bzw. 1,9 Mrd. Euro auf 66,5 Mrd. Euro zurück, wofür vor allem die negativen Preiseffekte von durchschnittlich 2,5 Prozent als Folge der Kursverluste verantwortlich zeichneten, blieb doch der sogenannte „Open Interest“ ansonsten nahezu unverändert. Auf den Gesamtmarkt hochgerechnet ergab sich damit ein Volumen von insgesamt 78,2 Mrd. Euro. Besonders begehrt dabei Renten-Zertifikate, die mit einem Plus von 6,5 Prozent einen Anteil von 26,5 Prozent auf sich vereinigen konnten. Damit lag man aber noch deutlich unter den Papieren auf den Basiswert Aktien trotz dessen 5,2-prozentigen Rückganges auf immer noch stolze 68,5 Prozent. Indes fiel das „Hedgefonds-Sterben“ mit einem Verlust beim ausstehenden Volumen von 20,8 Prozent bzw. 616 Mio. Euro besonders drastisch aus. Dies konnte wegen des geringen Anteils den Gesamtmarkt aber kaum belasten.
Bei den Produktgattungen ging der Siegeszug der Kapitalschutz-Produkte mit einem leichten Plus auf 38,2 Mrd. Euro und einem Anteil am Gesamtmarkt von mittlerweile 58,2 Prozent weiter. Eindeutiger „Highflyer“ waren allerdings die ebenfalls aller früheren steuerlichen Nachteile entlasteten Aktienanleihen mit einem Wachstum beim Open Interest von sage und schreibe 42 Prozent. Von welch niedrigem Niveau man hier allerdings startet, zeigt der Marktanteil von jetzt gerade einmal einem Prozent. Wo es Gewinner gibt, sind auch die Verlierer nicht weit. Dabei traf es die nach Garantie-Papieren zweitgrößte Kategorie Express-Zertifikate, sowie Index-Tracker gleich zweistellig mit einem Minus von 12,6 bzw. 11,6 Prozent. Bonus- und Teilschutz-Produkte als Nummer vier im Bunde erwischte es mit einem Rückgang um 8,2 Prozent nicht ganz so schlimm, während die dritte Kraft am Zertifikatemarkt, die Discounter, zumindest preisbereinigt ihr ausstehendes Volumen sogar um zwei Prozent ausbauen konnten.
Im Gegensatz zum leicht schwächelnden Anlage-Segment konnten Hebel-Papiere mit dem Schwerpunkt auf Aktien als Basiswert die Gunst der Stunde für sich nutzen und ohne negative Preiseffekte sogar um zehn Prozent zulegen, allerdings stellt man mit einem Marktanteil von dürftigen 1,2 Prozent nur den „David“ gegenüber dem Goliath der Zertifikate dar.
Wie sich der Markt entwickelt, lässt sich neben der Marktvolumenstatistik auch an den Zahlen zu den Börsenumsätzen in Stuttgart (Marktanteil 62,2 Prozent) und Frankfurt 37,8 Prozent) erkennen, die ebenfalls beim Branchenverband monatlich erscheinen. Auch hier konnte der positive Trend des Februars im März mit einem Wachstum um 11,4 Prozent auf 4,65 Mrd. Euro bei Anlage- und Hebel-Produkten fortgesetzt werden. Dabei zeigte die Entspannung an den Finanzmärkten auch wieder eine stärkere Emissionstätigkeit mit fast 50.000 neu gelisteten Papieren gegenüber rund 37.000 im Februar. Gingen die Umsätze bei den meisten Produkttypen nach oben, so bekamen besonders Index- und Partizipations-Zertifikate mit einem Plus von 27,6 Prozent auf 489 Mio. Euro und einem Marktanteil von nunmehr fast 20 Prozent geradezu Flügel, sahen viele Marktteilnehmer wohl die Stunde gekommen, um auch schon wieder ohne Netz und doppelten Boden einzelne Märkte zu spielen. Kein Wunder also, dass auch bei den Basiswerten Indices mit 56,7 Prozent gegenüber Aktien mit „nur“ 29 Prozent klar die Nase vorn hatten. Die Emittentenrangliste wurde dabei auch weiterhin deutlich von der Deutschen Bank (33,9 Prozent), vor der Commerzbank (14,1 Prozent) und der Royal Bank of Scotland (vormals ABN Amro) mit 9,4 Prozent angeführt, die mit zusammengenommen jetzt sogar 57,4 Prozent ihre Position als die „großen Drei“ eindrucksvoll zementieren konnten und dabei waren die Umsätze der ehemals Dresdner Bank (5,8 Prozent) und jetzt Commerzbank auf Platz vier noch gar nicht einmal miteingerechnet. Insgesamt waren Ende März 2009 358.908 Anlage-Zertifikate und Hebel-Produkte an den Börsen notiert.
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