Kommentar
15:10 Uhr, 14.07.2021

Überhitzende Wirtschaft: Gut oder schlecht für den Aktienmarkt?

Ökonomen haben keine Angst mehr vor einer zu schwachen Wirtschaft, sondern vor einer zu starken. Sollte das Anlegern auch Angst machen?

So schnell können sich die Zeiten ändern. Gerade noch war die größte Sorge eine schwere Rezession, Massenarbeitslosigkeit und Deflation. Jetzt sind die Sorgen ganz andere. Es mangelt an Arbeitskräften, Gütern und die Inflation ist erhöht. Das sind alles Zeichen einer sich überhitzenden Wirtschaft. Der Begriff lässt nichts Gutes vermuten. Eine Überhitzung ist negativ. Kaum jemand stellt daher in Frage, ob das auch stimmt. Ist eine überhitzende Wirtschaft wirklich etwas Schlechtes? Die Antwort ist nicht so einfach...

Obwohl der Begriff negativ ist, lässt sich das zumindest für die Börse nicht sagen. Wir wissen, wann es in der Vergangenheit Überhitzungen gegeben hat. Dazu wird die mögliche Wirtschaftsleistung zur tatsächlichen verglichen. Liegt das tatsächliche BIP höher als das mögliche, ist die Abweichung positiv und die Wirtschaft gilt als überhitzt. Man kann nicht sagen, dass ein solcher Zustand dem Aktienmarkt schadet (Grafik 1).


Der Markt steigt und fällt mit der Abweichung der Wirtschaftsleistung vom Potential. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Je größer die Abweichung nach oben, desto besser. Von einem negativen Effekt auf den Aktienmarkt kann keine Rede sein. Das gilt nicht nur für die Kurse, sondern auch die Bewertung.

Tendenziell hat der Aktienmarkt ein höheres KGV, wenn die Wirtschaft über Potential liegt (Grafik 2). Die 70er und frühen 80er Jahre waren eine Ausnahme. Das hatte allerdings mehr mit Inflation zu tun als mit der Abweichung.


Ein hohes KGV ist per se weder gut noch schlecht. Erfahrungsgemäß fallen die Kurse jedoch, wenn die Bewertung zu hoch ist. Irgendwann empfinden Anleger Aktien als überbewertet. Niemand kauft zu den vorherrschenden Preisen mehr Aktien. Die Kurse fallen.

Verringert sich nun eine negative Abweichung der Wirtschaftsleistung vom Potential oder weitet sich im positiven Bereich aus, steigt die Bewertung des Marktes. Anleger sind bereit, immer höhere Preise zu zahlen. Die gut laufende Wirtschaft rechtfertigt das ja. Auch hier gilt: Eine Überhitzung ist positiv.

Es gibt Argumente, dass Unternehmen in einer Überhitzung irgendwann Preissteigerungen nicht mehr weitergeben können und deswegen die Margen sinken. Auch das entspricht nicht der Realität. Das Gegenteil ist der Fall (Grafik 3). Je stärker die Wirtschaft überhitzt, desto höher die Gewinnmarge der Unternehmen.


Es fällt schwer, gute Argumente zu finden, weshalb eine Überhitzung nun so schlecht sein soll. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Nur eines spricht gegen eine Überhitzung. Überhitzungen halten sich einfach nicht lange. Läuft die Wirtschaft über Potential, bilden sich Ungleichgewichte, die früher oder später zu einer Rezession führen. Beginnt eine Überhitzung wie jetzt gerade in den USA, sind die Tage des Aufschwungs erfahrungsgemäß gezählt. Verkaufen muss man deswegen nicht. Eine Überhitzung kann sich mehrere Quartale aufbauen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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