Kommentar
07:29 Uhr, 15.05.2017

Überbewertete Aktien? Einen Lichtblick gibt es!

Die Überbewertung des Marktes ist ein Problem. Es gibt allerdings einen Lichtblick, der das Problem abschwächen kann.

Wer den Markt als überbewertet ansieht, muss sich viel Kritik gefallen lassen. Viele sind immer noch felsenfest davon überzeugt, dass das Niedrigzinsumfeld so ziemlich jede Bewertung rechtfertigt. Persönlich sehe ich das anders. Zum einen haben wir das Zins- und Inflationstief gesehen, zum anderen sind die Ausschüttungen der Unternehmen an Aktionäre einfach nicht mehr attraktiv.

Der S&P 500 hat noch eine Dividendenrendite von 1,9 %. Dafür trägt man als Anleger das Risiko, dass Aktien im nächsten Bärenmarkt um 40-50 % fallen. Wer langlaufende US-Staatsanleihen kauft, kann bis zu 3 % Rendite erzielen. Diese Rendite kommt auch mit Kursschwankungen der Anleihen, dafür aber ist diese Rendite sicher. In der nächsten Rezession werden die Dividenden von Unternehmen bestimmt gekürzt.

Natürlich sind da noch die gigantischen Cashreserven der US-Unternehmen, die im Ausland liegen. Grafik 1 zeigt die Entwicklung in den letzten 15 Jahren. Der Cashbestand geht inzwischen auf 3 Billionen zu. Das ist eine hübsche Summe. US-Unternehmen halten mehr als 10 % ihrer Marktkapitalisierung (insgesamt 24 Billionen) in Bargeld in der Bilanz. Was soll da schon schiefgehen?

Was schiefgehen kann, zeigt Grafik 2. Es sind nicht nur die Bargeldreserven gestiegen, sondern auch die Schulden. Das Niedrigzinsumfeld hat zu einem wahren Exzess geführt. Netto sind US-Unternehmen hochverschuldet. Solange die Zinsen niedrig bleiben, ist das kein Problem. Steigen diese jedoch weiter, wird die Refinanzierung schmerzhaft.

Auch wenn Analysten darauf spekulieren, dass unter Trump große Geschenke auf die Aktionäre zukommen, würde ich nicht gleich den Champagner öffnen. Es ist zwar tatsächlich so, dass US-Unternehmen die Möglichkeit bekommen sollen, ihr Bargeld zurück ins Land zu holen, doch ob es an Aktionäre fließt, darf man bezweifeln.

Würden US-Unternehmen jetzt ihr Geld zurückholen, so müssten sie den vollen Steuersatz zahlen. Die Regierung kann es Unternehmen jedoch gestatten, einmalig Geld zu einem vergünstigten Steuersatz zurückzuholen. Derzeit sind 10 % im Gespräch. 10 % klingt wenig, doch immerhin würden Unternehmen ca. 280 Mrd. an Steuern zahlen müssen, wenn sie davon Gebrauch machen. Ein Geldgeschenk ist diese Steuervergünstigung kaum.

Viele Firmen dürften die Steuern trotzdem zahlen. Das Geld wird dann aber vermutlich nicht zusätzlich zu den bestehenden Ausschüttungen an Aktionäre weitergereicht. Vielmehr dürften Unternehmen einfach weniger Schulden in den USA aufnehmen.

In den Bargeldreserven finde ich kaum einen Lichtblick. Dieser ist woanders. Die Regierung spricht derzeit von einer Senkung des Steuersatzes auf 15 %. So niedrig wird er am Ende wohl nicht ausfallen. Vielleicht werden es 20 %. Davon würde vor allem die Finanzindustrie profitieren, deren Gewinn sprunghaft um bis zu 18 % ansteigen könnte (Grafik 3), wie einige Investmentbanken vorrechnen.

Die Steuerentlastung steigert nicht nur den Gewinn, sondern macht die Schulden auch tragfähiger. Das ist in der Tat ein Lichtblick. Der Markt hat einen Großteil jedoch schon eingepreist. Der Lichtblick besteht vor allem darin, dass die Überbewertung des Marktes ein klein wenig erträglicher wird. Mehr nicht.

Clemens Schmale

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  • 0815
    0815

    Schön wie sich jetzt Redakteure damit beschäftigen die Rally des letzten Jahres zu rechtfertigen. Mal im Ernst seit Februar 2016 hat sich fundamental nichts verändert/verbessert. Das US BIP war zuletzt sogar sehr enttäuschend. Trotzdem hat der Dow über 5000 Punkte zugelegt. Wie es jetzt weitergeht ist völlig egal da später für alles super Argumenten gefunden werden

    11:01 Uhr, 15.05. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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