Türkei: das mittel- bis langfristige Bild bleibt herausfordernd
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Istanbul (Godmode-Trader.de) - An der neuen Machtfülle des türkischen Präsidenten scheiden sich die Geister. Die einen sehen in den neuen Vollmachten eine gute Chance auf eine auf Dauer angelegte Politik, die anderen befürchten einen Machtmissbrauch. Der Finanzmarkt in Istanbul aber hat sich - jedenfalls in einer ersten Reaktion - auf die Seite der Optimisten gestellt. Der Wahlsieg von Recep Tayyip Erdogan bei der türkischen Präsidentenwahl gefällt den Anlegern offenbar. An der Börse war der Leitindex ISE 100 zunächst um bis zu 3,7 Prozent nach oben gesprungen, bevor er zurückkam, ähnlich die Performance der türkischen Lira. Zunächst erhielt der Kurs der Landeswährung Auftrieb, bevor die Gewinne wieder abebbten.
Erdogan wird nun Staats- und Regierungschef und mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Der Präsident wird nicht nur Staats-, sondern auch Regierungschef. Das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft. Er wird nicht mehr vom Parlamentspräsidenten, sondern von einem Vizepräsidenten vertreten. Der Präsident ist für die Ernennung und Absetzung einer von ihm selbst bestimmten Anzahl Vizepräsidenten und Minister sowie aller hochrangigen Staatsbeamten zuständig. Das Parlament hat kein Mitspracherecht. Der Präsident kann zudem in Bereichen, die die Exekutive betreffen, Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Eine Zustimmung durch das Parlament ist nicht nötig.
Erdogan hat sowohl bei den Präsidentschafts- als auch bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit errungen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, wurde er mit 52,55 Prozent als Präsident wiedergewählt. Bei der Parlamentswahl kam das von Erdogans AKP geführte Parteienbündnis nach Anadolu-Angaben auf deutlich mehr als 340 der 600 Sitze. Laut Commerzbank-Analyst Tatha Ghose zufolge kann politische Stabilität kein Allheilmittel für die Türkei und die Lira sein. Die Risiken für die Zentralbank und deren Geldpolitik seien hoch.
Erdogan hatte vor seiner Wiederwahl mehrfach die Unabhängigkeit der türkischen Notenbank in Frage gestellt und so den Verfall seiner Landeswährung erst möglich gemacht. Mitte Mai hatte er in einem Interview angekündigt, nach den Wahlen die Geldpolitik stärker an sich reißen zu wollen. Für Investoren sind solche Aussagen abschreckend. Die Währung hat seit Jahresbeginn gut 20 Prozent an Wert verloren und rutschte zeitweise auf ein Rekordtief zum Dollar und Euro. Der Lira-Verfall macht Treibstoffe und andere Importe teurer und treibt die Inflation.
Aus Sicht von Paul Greer, Emerging-Markets-Fondsmanager bei Fidelity International, bleibt das mittel- bis langfristige Bild für die Türkei herausfordernd, und die dringend erforderlichen tiefgreifenden Strukturreformen dürften sich in absehbarer Zeit nicht einstellen. „Die Türkei hat weiterhin mit zahlreichen makroökonomischen Schwachstellen zu kämpfen, darunter einer anhaltenden zweistelligen Inflation, einem hohen Leistungsbilanzdefizit, einer niedrigen Sparquote, einer Lockerung der Fiskalpolitik und einem großen externen Finanzierungsbedarf“, konstatierte Greer.
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