Kommentar
15:10 Uhr, 16.11.2016

Trump und die europäischen Geldanleger

  • Der neue US-Präsident wird, so wie es aussieht, ein riesiges Wachstumsprogramm auflegen, das Inflation, Zinsen und Verschuldung in den USA nach oben treibt.
  • Das hat auch Auswirkungen auf europäische Geldanleger. Die schreckliche Zeit der Nullzinsen geht zu Ende.
  • Es ist jedoch nur ein kurzfristiger Befreiungsschlag. Wenn die Inflation steigt, müssen die Zentralbanken rechtzeitig gegensteuern.

Wie die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA zu beurteilen ist, ist nach wie vor umstritten. In Amerika gibt es auf politischer Ebene viel Zustimmung und viel Protest. In Europa überwiegen eher die kritischen Stimmen. Die Finanzmärkte scheinen ihr Urteil bereits gefällt zu haben. Sie sind positiv gestimmt. Das müsste eigentlich eine gute Nachricht auch für europäische Anleger sein. Ist es aber nicht.

Die Finanzmärkte setzen auf ein großes Wachstumsprogramm des Präsidenten mit Infrastrukturinvestitionen, Steuersenkungen und Deregulierung. Die Zunahme des realen BIPs, die in diesem Jahr in den USA auf unter 2 % gefallen war, könnte wieder auf früher gewohnte Niveaus von 3 % und mehr steigen. Da es inzwischen Vollbeschäftigung gibt, würde dies zu höheren Löhnen und Preisen führen. Das wird zwar noch nicht 2017 voll durchschlagen, wohl aber 2018. Natürlich wird sich der Wachstumseffekt durch Handelsrestriktionen und die Beschränkung der Einwanderung (beziehungsweise die Abschiebung von illegalen Immigranten) etwas abschwächen. Andererseits steigt die Inflation dadurch umso stärker.

Inflationserwartungen schiessen nach oben

Quelle: Bloomberg

Für die Finanzmärkte heißt dies zunächst einmal gute Nachrichten für die Aktienmärkte, weil sich die Gewinne der Unternehmen erhöhen. Für die Bondmärkte ist es dagegen schlecht. Die Zinsen werden wegen der höheren Staatsverschuldung und der größeren Geldentwertung steigen. Das wird noch verstärkt, wenn die Federal Reserve, wie schon seit langem geplant, die Leitzzinsen anhebt.

Es ist genau das, was wir in Antizipation der neuen Regierung in den letzten Tagen an den Märkten gesehen haben. Die Inflationserwartungen schossen regelrecht nach oben (siehe Grafik). Die Aktienmärkte waren freundlich. Die Bondmärkte tendierten schwach. Gold hat sich wegen der höheren Zinsen verbilligt. Der Dollar zog an.

All das bleibt natürlich nicht auf die USA beschränkt. Wenn Wachstum, Verschuldung und Inflation in den Vereinigten Staaten hochgehen, kommt das früher oder später auch in Europa an. Es hilft zudem Ländern wie Italien und Frankreich, die aus eigener Kraft derzeit nicht in der Lage sind, aus der Krise herauszuwachsen. Dazu kommen auch hier die Auswirkungen auf die Geldpolitik. Wenn weltweit das Ende der Nullzinsen eingeläutet wird, kann sich die EZB nicht abseits stellen. Insgesamt sollte sich, wie in den USA, eine Normalisierung bei den Zinsen sowie positive Effekte auf die Gewinne der Unternehmen und die Aktienkurse ergeben.

Für die Anleger könnte das wie ein Befreiungsschlag wirken. Woran sie derzeit am meisten leiden, sind die Nullzinsen und die dadurch bedingten Verzerrungen an den Finanzmärkten. Damit wäre jetzt endlich Schluss. Eine neue Zeitrechnung könnte beginnen. Alle negativen Wirkungen durch die niedrigen Zinsen wären mit einem Mal verschwunden. Zumindest würden sie sich Stück für Stück zurückbilden.

Warum jubelt dann niemand? Der Grund ist einfach. Wir erreichen das richtige Ziel – mehr Inflation, höhere Zinsen – auf dem falschen Weg. Ursprünglich hatten wir uns vorgenommen, aus der Krise durch eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik herauszuwachsen. Dadurch sollte das Vertrauen der Investoren wiederhergestellt werden und wir würden wieder zu gesünderen Verhältnissen kommen. Vieles deutet darauf hin, dass sich dieser Kurs nach langen schwierigen Jahren zuletzt auch auszuzahlen begann und sich die Verhältnisse besserten.

Daraus wird nun aber nichts. Der bisherige Kurs wird abrupt abgebrochen. Die Verschuldung steigt wieder an. Wir tun all das, was uns ursprünglich in die Krise und die jetzigen Schwierigkeiten hineingebracht hat und was wir in Zukunft eigentlich vermeiden wollten. Der Teufel wird mit dem Beelzebub ausgetrieben. Das kann nicht in eine stabile Situation führen.

Nun könnte man sagen: Wenn wir das nicht wollen, dann koppeln wir uns eben von den Amerikanern ab und gehen unseren eigenen Weg. Das funktioniert aber nicht. Ökonomisch sind die USA zu groß und bedeutsam, als dass Europa komplett etwas anderes machen könnte. Die Devisenmärkte würden verrücktspielen. Der US-Dollar würde zuerst ansteigen, wenn sich die Erfolge in den USA zeigen. Er würde aber wieder fallen, wenn erkennbar wird, dass damit nur das Kartenhaus aufgebaut wird, das in der Krise zusammengestürzt war. Politisch geht das auch nicht, weil sich dazu in Europa keine Mehrheit findet. Es gibt nicht wenige Länder, die am Kurs der Konsolidierung zweifeln und eher früher als später ins Trump-Lager überlaufen würden.

Wir haben also keine Alternative als mit den Wölfen zu heulen. Das bringt zwar die Chance aus dem Teufelskreis der Nullzinsen herauszukommen. Wir müssen aber die Geister, die wir riefen, rechtzeitig wieder einfangen. Die Zentralbanken müssen umschalten und dann wieder wirkliche Inflation – nicht wie in den letzten Jahren Deflation – bekämpfen. Das ist ein schwieriger und gefährlicher Weg. Die Notenbanken müssen einerseits die Möglichkeit zulassen, damit sich Wirtschaft und Finanzen wieder erholen können. Andererseits müssen sie Gewehr bei Fuß stehen, sowie die Sache zu weit geht. Das ist ein Ritt über den Bodensee. Er wird die Märkte in den nächsten zwei, drei Jahren begleiten.

Für den Anleger

Freuen Sie sich über die höheren Aktienkurse und nehmen Sie beizeiten Gewinne mit. Der Umschwung kommt, wenn auch vielleicht nicht so schnell. Eigentlich sollte man, wenn die Zinsen höher sind, die Chance nutzen, um auch bei Bonds wieder rentierlichere Positionen aufzubauen. Hier ist aber zu bedenken, dass es nicht allzu lange dauern wird, bis die Zentralbanken auf Restriktion schalten und die Zinsen dann noch weiter steigen. Das wäre dann mit Kursverlusten verbunden.

Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

Rechtliches

Dieses Dokument dient ausschließlich Informationszwecken und beinhaltet keine vertraglichen oder sonstigen Verpflichtungen. Es ist nicht als Angebot oder Verkauf einer Beteiligung an einem von Assenagon verwalteten Fonds zu verstehen. Alle Informationen in dieser Darstellung beruhen auf sorgfältig ausgewählten Quellen, die für zuverlässig erachtet wurden. Dennoch können die Assenagon S.A., Luxemburg, die Assenagon Asset Management S.A., Luxemburg und ihre Zweigniederlassung sowie die Assenagon Schweiz GmbH und die Assenagon GmbH, München (zusammen im Folgenden "Assenagon-Gruppe" genannt) trotz sorgfältiger Zusammenstellung der Informationen u.a. keine Gewähr oder Garantie für deren Richtigkeit, Vollständigkeit, Genauigkeit, Aktualität oder Verfügbarkeit übernehmen. Diese Informationen stellen rechtlich eine Werbemitteilung dar, die nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen genügen und unterliegen nicht einem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen. Alle Meinungsaussagen geben nur die Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Assenagon-Gruppe entspricht. Empfehlungen und Prognosen stellen unverbindliche Werturteile zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Darstellung dar. Diese können sich abhängig von wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen jederzeit ändern. Der Autor behält sich deshalb ausdrücklich vor, in der Darstellung geäußerte Meinungen jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Jedwede Haftung und Gewähr aus dieser Darstellung wird vollständig ausgeschlossen. Die Informationen in dieser Darstellung wurden lediglich auf die Vereinbarkeit mit luxemburgischem und deutschem Recht geprüft. Die vorstehenden Informationen richten sich nicht an natürliche oder juristische Personen, deren Wohn- bzw. Geschäftssitz einer Rechtsordnung unterliegt, die für die Verbreitung derartiger Informationen Beschränkungen vorsieht. Natürliche oder juristische Personen, deren Wohn- oder Geschäftssitz einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt, sollten sich über derartige Beschränkungen informieren und diese entsprechend beachten. Insbesondere richten sich die in dieser Darstellung enthaltenen Informationen nicht an Staatsbürger des Vereinigten Königreichs (ausgenommen Personen, die unter Ausnahmeregelungen nach der Financial Services and Markets Act 2000 (Financial Promotions) Order 2005 (die "Verordnung") fallen, wobei zu den relevanten Ausnahmeregelungen der Verordnung Artikel 49 der Verordnung (hochvermögende Unternehmen – High Net Worth Companies) zählt). Die Informationen in diesem Dokument sind weiterhin nicht für Gebietsansässige der Vereinigten Staaten oder andere Personen bestimmt, die als "US-Personen" im Sinne von Rule 902 in Regulation S des US Securities Act von 1933 in der jeweils geltenden Fassung gelten. Keine US-amerikanische Wertpapieraufsichtsbehörde oder sonstige Aufsichtsbehörde auf Bundes- oder bundesstaatlicher Ebene hat die Richtigkeit oder Angemessenheit dieses Dokuments oder sonstiger Informationen, die den Anlegern ausgehändigt oder zur Verfügung gestellt wurden, bestätigt. Jede gegenteilige Äußerung stellt einen Straftatbestand dar. Diese Darstellung stellt weder ein öffentliches Angebot noch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zum Erwerb von Wertpapieren, Fondsanteilen oder Finanzinstrumenten dar. Eine Investmententscheidung bezüglich irgendwelcher Wertpapiere, Fondsanteile oder Finanzinstrumente sollte auf Grundlage der einschlägigen Verkaufsdokumente (wie z. B. Prospekt und wesentliche Anlegerinformationen, welche in deutscher Sprache am Sitz der Assenagon Asset Management S.A. oder unter www.assenagon.com erhältlich sind) erfolgen und auf keinen Fall auf der Grundlage dieser Darstellung. Die in dieser Darstellung aufgeführten Inhalte können für bestimmte Investoren ungeeignet oder nicht anwendbar sein. Sie dienen daher lediglich der eigenverantwortlichen Informationsversorgung und Informationsbereitstellung und können eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Die steuerlichen Hinweise in dieser Darstellung sind nicht darauf gerichtet, verbindlichen steuerlichen Rechtsrat zu erteilen. Sie können eine einzelfallbezogene Beratung durch einen Steuerberater nicht ersetzen. Die Assenagon-Gruppe kann andere Publikationen veröffentlicht haben, die den in dieser Darstellung vorgestellten Informationen widersprechen oder zu anderen Schlussfolgerungen gelangen. Diese Publikationen spiegeln dann andere Annahmen, Meinungen und Analysemethoden wider. Dargestellte Wertentwicklungen der Vergangenheit können nicht als Maßstab oder Garantie für eine zukünftige Wertentwicklung herangezogen werden. Eine zukünftige Wertentwicklung wird weder ausdrücklich noch implizit garantiert oder zugesagt. Dieses Dokument ist nur für den Gebrauch der Personen bestimmt, an welche es gerichtet ist und darf nicht von anderen Personen verwendet werden. Der Inhalt dieses Dokuments ist geschützt und darf ohne die vorherige schriftliche Genehmigung der Assenagon-Gruppe weder kopiert noch weitergegeben, veröffentlicht, übernommen oder für andere Zwecke, in welcher Form auch immer, verwendet werden. Informationen in E-Mails sind vertraulich und ausschließlich für den Adressaten bestimmt. Jeglicher Zugriff auf E-Mails durch andere Personen als den Adressaten ist untersagt. Es kann nicht garantiert werden, dass E-Mail-Übertragungen sicher und frei von Fehlern erfolgen. Sofern Teile oder einzelne Formulierungen dieses Haftungsausschlusses der geltenden Rechtslage nicht, nicht mehr oder nicht vollständig entsprechen, bleiben die übrigen Teile in ihrem Inhalt und ihrer Gültigkeit unberührt.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen