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09:12 Uhr, 24.01.2017

Trump-Risiken: „Es ist das Unerwartete, was die Märkte bewegt“

Zu wissen, was erwartet wird, hält Lukas Daalder, Chief Investment Officer bei Robeco Investment Solutions, daher für einen guten Ausgangspunkt um zu beurteilen, woher die größten Risiken und Überraschungen kommen könnten.

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  • EURO STOXX 50
    ISIN: EU0009658145Kopiert
    Kursstand: 3.276,50 Pkt (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Rotterdam (GodmodeTrader.de) – „Anleger werden 2017 Veränderungen erleben und sie haben Grund, optimistisch zu sein – trotz neuer Risiken im Zusammenhang mit Donald Trump“, schreibt Lukas Daalder, Chief Investment Officer bei Robeco Investment Solutions, in einem aktuellen Marktkommentar. Laut Daalder glauben die Marktbeobachter unter anderem übereinstimmend, dass von zunehmendem Weltwirtschaftswachstum, aufkommender Reflation und dem Wechsel von der Geld- zur Finanzpolitik als Impulsgeber für die Wirtschaft mehr positive als negative Folgen zu erwarten sind.

„Es ist schon eine Art Neujahrstradition, dass wir uns nicht damit befassen, was 2017 unserer Meinung nach bringen wird, sondern was nach Meinung der meisten Marktbeobachter auf uns wartet. Wir halten die Bedeutung der Konsenserwartungen im Allgemeinen für unterschätzt, und diese sind nach wie vor der Maßstab, mit dem die Entwicklungen beurteilt werden“, erläutert Daalder.

Ein Beispiel seien die monatlichen Beschäftigungszahlen für die USA. Hier würden die Finanzmärkte nicht unbedingt auf die absolute Zahl der gemeldeten Arbeitsplätze reagieren, sondern darauf, wie weit diese von den Markterwartungen abweicht. „Aus diesem Grund schenken wir den Überraschungsindizes der Citigroup so viel Beachtung. Es ist das Unerwartete, was die Märkte bewegt. Zu wissen, was erwartet wird, ist deshalb ein guter Ausgangspunkt um zu beurteilen, woher die größten Risiken und Überraschungen kommen könnten”, erklärt der Robeco-Experte.

Was also glaube die Mehrheit der Marktbeobachter, und wie weit kann die Realität davon abweichen? „Der Optimismus gründet sich auf das Potenzial für eine Beschleunigung des Weltwirtschaftswachstums, während die Risiken nahezu vollständig mit der Unberechenbarkeit des neuen US-Präsidenten zusammenhängen”, so Daalder. In Bezug auf die Wachstumsaussichten laute die zentrale Frage, ob es den Regierungen 2017 gelingen werde, die Wirtschaft anzukurbeln und für mehr Wachstum zu sorgen und damit auch die Inflation zu erhöhen. „‚Reflation‘ ist das Schlagwort, und die meisten Beobachter sind sich einig, dass es einen Wechsel von der Geld- zur Finanzpolitik als Impulsgeber für die Wirtschaft geben wird.”

Daalder zählt die wichtigsten Dinge auf, die sich aus den Konsensauffassungen ergeben:

Trumps Pläne werden im Allgemeinen positiv gesehen mit der wichtigen Einschränkung, dass sich niemand sicher ist, wie sie genau aussehen. Es wird angenommen, dass Trump eine Ausweitung des US-Haushaltsdefizits in Kauf nehmen wird, wobei einige Beobachter für 2017 einen Anstieg auf fünf Prozent vom Bruttoinlandsprodukt vorhersagen.

Die stimulierende Wirkung eines Großteils der Trump‘schen Pläne dürfte nicht 2017, sondern erst 2018 spürbar werden. Das Steuersystem lässt sich nicht über Nacht umgestalten, und auch die Infrastrukturausgaben werden eher später als früher Wirkung zeigen.

Außerhalb der USA sind die Aussichten wesentlich ungewisser. Einige glauben, dass auch Kanada, Großbritannien, Japan und sogar Europa ihre Wirtschaft mit Infrastrukturinvestitionen in Gang bringen wollen, erwarten sich davon aber keine grundlegende Veränderung der Situation.

Oft wird das knappe Arbeitskräfteangebot in den USA, Japan, Großbritannien und Deutschland als ein entscheidender Aspekt für 2017 genannt. Löhne und Gehälter könnten steigen, was gut für die Verbraucher wäre, sich aber inflationstreibend und negativ auf die Gewinnmargen auswirken könnte.

In Bezug auf mögliche Spannungen im Welthandel und einen Globalisierungs-Rückzug sind die meisten Berichte bemerkenswert optimistisch: ‚Sehr hohe Zölle, aber keine Handelskriege’ und ‚Die Vernunft wird siegen’ – diese Aussagen geben anscheinend die generelle Stimmung wieder.

Die Wachstumserwartungen sind nach Daalders Aussage uneinheitlich, wobei die höchsten relativen Konsenserwartungen zu Japan bestehen würden. Das Bild für die USA sei recht uneinheitlich. Die im Durchschnitt erwartete Wachstumsrate liege dabei mit 2,1 Prozent tatsächlich etwas unterhalb der realisierten Wachstumsrate von 2,2 Prozent. „Interessanterweise trauen sich selbst die Beobachter, die Trumps Pläne anscheinend recht optimistisch beurteilen, nicht, daraus höhere Wachstumsschätzungen abzuleiten. In Bezug auf Europa sind die Marktbeobachter übereinstimmend vorsichtig, und keiner von ihnen prognostiziert eine Wachstumsrate von mehr als 1,5 Prozent“, fasst Daalder zusammen.

Dagegen sei der Gesamtausblick in Bezug auf die Inflation weniger klar. Die Mehrheit der Beobachter prognostiziere für die USA und die Eurozone derzeit eine Inflationsrate von 2,3 beziehungsweise 1,3 Prozent. „Obwohl einige Berichte die Aussichten für eine Reflation im Jahr 2017 vor allem in den USA recht zuversichtlich beurteilen, hat dies bislang nicht zu einem optimistischeren Wachstumsausblick geführt”, merkt Daalder an. „Insgesamt ist der Glaube an eine Rückkehr der Inflation anscheinend stärker als der an eine Rückkehr des Wachstums. Auch wenn dies die an den Rentenmärkten beobachtete Entwicklung unterstützt, scheint es eine gewisse Diskrepanz zwischen der Entwicklung an den Aktienmärkten und den Konsensschätzungen zum Wachstum zu geben“, erläutert Daalder.

„Entweder sind die Aktienkurse bereits über ihr Ziel hinausgeschossen oder die Top-down-Konsensauffassung zu den Wachstumserwartungen ist immer noch recht konservativ. Ein größeres Risiko scheint die eindeutig ungenügende Beachtung zu sein, die den potenziellen negativen Auswirkungen einer ‚Ent-Globalisierung’ geschenkt wird: Von der Annahme, dass die Vernunft die Oberhand behalten wird, sind wir angesichts von Trumps Gebaren nicht sonderlich überzeugt.”

Eine mehrfach geäußerte Aussage ist laut Daalder, dass der Ausblick für Aktien, die 2016 Rekordniveaus erreicht haben, 2017 maßgeblich von den Unternehmensgewinnen abhängt. In vielen Berichten werde darauf verwiesen, dass sich Aktien gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis infolge der Diskrepanz zwischen dem in den letzten Jahren weltweit meist negativen Gewinnwachstum und den überwiegend positiven Aktienrenditen verteuert haben. „Sieht man sich beispielsweise den MSCI World Index an, so sind die ausgewiesenen Gewinne je Aktie in den letzten sechs Jahren um drei Prozent zurückgegangen, während der Index selbst 37 Prozent zugelegt hat. Deshalb wird den Unternehmensgewinnen eine ausschlaggebende Bedeutung zugemessen, damit sich dieser Markt nach oben bewegen kann”, erläutert Daalder.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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