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10:18 Uhr, 31.07.2017

Trotz „Tapering": Der Zinszyklus ist noch nicht zu Ende

Der jüngste Anstieg der Zinsen sollte nach Meinung von Standard Life-Chefvolkswirt Jeremy Lawson zufolge eher als ein Zeichen gesehen werden, dass sich die Dinge verbessern als dass der Zyklus zu Ende geht.

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Edinburgh (GodmodeTrader.de) - Den scharfen Ausverkauf globaler Anleihen in den vergangenen Wochen, der durch ziemlich harmlose Kommentare von EZB Präsident Draghi ausgelöst worden sei, halten die Volkswirte von Standard Life Investments für einen Ausdruck der Selbstgefälligkeit, mit der die Märkte damit rechneten, dass eine Geldpolitik, die eigentlich aus der Not geboren ist, immer weiter fortgesetzt würde. Im aktuellen „Weekly Economic Briefing“ (anbei) bezweifeln sie jedoch, dass damit die dritte Phase des Zinszyklus beginnt.

Chefvolkswirt Jeremy Lawson vergleicht dazu einen typischen geldpolitischen Zyklus aus der Vorkrisenzeit mit dem aus der Zeit nach der Krise. Historisch gesehen habe ein monetärer Zyklus drei Phasen: In der ersten würden die Leitzinsen drastisch gesenkt, um eine in der Rezession steckende Wirtschaft zu stimulieren. Die zweite beginne, wenn selbsttragendes Wachstum einsetze und die Zinsen erhöht würden – nicht, um die Wirtschaft zu verlangsamen, sondern um unnötige Erleichterungen zu beseitigen. Der Zyklus erreiche seinen Abschluss in Phase drei, wenn die wirtschaftlichen und finanziellen Ungleichgewichte wüchsen und die Zinssätze angehoben würden mit der Absicht, die Bedingungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Lawson: „In dieser Phase gingen Notenbanken aber oft zu weit und schoben die Wirtschaft in eine Rezession.“

Den Nachkrisenzyklus hält Lawson für komplexer. Die Zinssenkungen in der Phase eins hätten nicht genug Stimulus gebracht, so dass in der Not eine weitere Stufe unkonventioneller Lockerung erforderlich gewesen sei. Lawson: „Das heißt: Der eigentlichen Phase der Zinserhöhung nach alter Lesart muss eine andere vorausgehen, in der die Notfallmaßnahmen zurückgezogen werden, wenn sie nicht mehr nötig sind. Dabei traten tendenziell signifikante Verschiebungen in Niveau und Struktur der Zinskurve auf. Wir sahen das während der „Taper Tantrums", als die Renditen scharf anstiegen nachdem Ben Bernanke das Auslaufen des Quantitative Easing zu kommunizieren begann. Wir haben es in den Monaten gesehen, nachdem die EZB mit einem eigenen QE-Programm begonnen hatte. Und wir sehen es jetzt wieder, wo die EZB andeutet, dass die Tage ihres QE-Programms gezählt sind, und sowohl BoE als auch BoC darauf hinweisen, dass die extrem niedrigen Zinsen wahrscheinlich nicht ewig sind. Aber so wie das Tapering der Fed nicht bedeutete, dass Phase 3 des geldpolitischen Zyklus begonnen hatte, bedeutet es auch nicht, dass EZB, BoE und BoC jetzt Phase 3 einläuten. Sie sagen nur, dass die Notfallmaßnahmen nicht mehr nötig sind, weil die wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen stärker und widerstandsfähiger sind. Der jüngste Anstieg der Zinsen sollte daher eher als ein Zeichen gesehen werden, dass sich die Dinge verbessern als dass der Zyklus zu Ende geht.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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