Kommentar
10:19 Uhr, 12.01.2015

Top US-Arbeitsmarktdaten: Warum feiern die Börsen nicht?

Der Kursverlauf an den Börsen in den letzten drei Wochen ist schnell beschrieben: einen Schritt vor, zwei zurück. Die US Arbeitsmarktdaten hätten das am Freitag ändern können.

Wie immer kann man sich zunächst die Frage stellen, ob es überhaupt die Daten waren, die den Markt bewegt haben. Die Chancen stehen dafür ganz gut. Um 14.30 Uhr, als die Daten veröffentlicht wurden, gab es zunächst einen beachtlichen Kurssprung. Kurz darauf begannen die Kurse zu fallen. In einer ersten Reaktion auf neue Daten wird anhand einer oder zweier Kennzahlen entschieden, ob gekauft oder verkauft wird. In diesem Fall sind Anlegern wohl zwei Zahlen auf den ersten Blick als besonders gut vorgekommen.

Im Dezember wurden 252.000 neue Stellen geschaffen. Das lag leicht über den Erwartungen. Zudem wurden die Zahlen von Oktober und November nach oben revidiert. Insgesamt wurden damit im Oktober und November zusammen 50.000 mehr Stellen geschaffen als zunächst in der letzten Veröffentlichung angenommen. Das ist die erste Zahl (252.000), die positiv aufgefallen ist.
Die zweite war die Arbeitslosenquote. Diese sank auf 5,6%. Zusammengenommen sind das zwei sehr überzeugende Zahlen. Als die Kurse dann einige Minuten später wieder zu bröckeln begannen hatten Anleger wohl Zeit einen genaueren Blick auf die Daten zu werfen.

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Der erste Eindruck, den Anleger hatten ist in Grafik 1 dargestellt. Die Grafik zeigt ein kräftiges Jobwachstum und eine insgesamt steigende Anzahl an beschäftigten Personen. Die Anzahl an arbeitenden Personen erreichte heute wieder einen Rekordwert in absoluten Zahlen. Relativ gesehen zur Bevölkerung liegt der Wert der Beschäftigung noch immer deutlich unter Vorkrisenniveau. Dazu trägt die weiter fallende Partizipationsrate bei. Diese Rate fiel im Dezember auf 62,7%. Das ist ein niedriges Niveau. Besonders ernüchternd ist, dass die Rate weiter fällt. Die Fed wünscht sich ja sehnlichst einen Anstieg der Partizipationsrate. Die Wirtschaft kann nicht langfristig und nachhaltig wachsen, wenn sich immer mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen. Bis zu einem gewissen Grad ist das strukturelle Problem der Demographie geschuldet. Immer mehr Babyboomer kommen ins Rentenalter. Das erklärt aber nur einen Teil des Rückgangs.
Der fast schon exponentielle Anstieg der nicht arbeitenden Bevölkerung ist ziemlich beunruhigend. Die Zahl der nicht arbeitenden Personen ist ebenfalls in Grafik 2 dargestellt und erreicht einen neuen Rekordwert.

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Wieso sich immer mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen zeigt u.a. Grafik 3. Neben der Arbeitslosenrate ist die Dauer der Arbeitslosigkeit angegeben. Diese liegt bei knapp 33 Wochen. Das ist ein enorm hoher Wert. Seit Beginn der Datenreihe 1948 war die Dauer der Arbeitslosigkeit selbst in Rezessionen nicht so lang.
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Es gibt noch ausreichend Haare, die man in der Suppe finden kann. An den strukturellen Problemen des Arbeitsmarktes hat sich wenig geändert. Auch das Lohnwachstum hat sich wieder verlangsamt. Die Zugewinne im November sind im Dezember schon wieder weg. Das ist allerdings auch saisonal mitbedingt.

Das Arbeitsministerium hat übrigens eine interessante Pressemitteilung veröffentlicht: www.dol.gov/opa/media/press/opa/OPA20150029.htm
Liest man diese Pressemitteilung, dann fühlt man sich fast an nordkoreanische Propaganda erinnert...

Ganz nebenbei könnte es natürlich auch noch eine ganz andere Erklärung für die Abgaben an der Börse geben. Keiner hat in die zweite Reihe der Daten geblickt und ist begeistert, fürchtet nun aber doch wieder eine schnelle Straffung der Geldpolitik. Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Der Dollar verliert heute gegen die Mehrzahl an Währungen. Eine schnellere Anhebung der Zinsen sollte eher das Gegenteil bewirken.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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