Kommentar
09:47 Uhr, 29.01.2016

Tief erreicht? Das sagt ein spezieller Sentiment Indikator

Fundamentaldaten mau, aber die Kurse sind auch schon deutlich gefallen. Sowohl Unternehmenslenker als auch Marktteilnehmer sind unentschlossen.

Die Stimmung unter den Unternehmen ist alles andere als gut. Das Kreditkartenunternehmen American Express hat seine Gewinnerwartung deutlich gesenkt - für 2017. Wenn ein Unternehmen zwei Jahre vor Veröffentlichung der Jahresergebnisse 2017 schon einmal vorsorglich eine Art Gewinnwarnung herausgibt, dann zeugt das schon von großem Pessimismus.

Die miese Stimmung unter Unternehmen ist kein besonders guter Indikator. Bereits im vergangenen Jahr waren viele Firmen nicht besonders gut gelaunt. Neue Mitarbeiter wurden trotzdem eingestellt. So schlimm kann es also nicht gewesen sein...

Die Erwartungshaltung von Unternehmen hat mittel- bis langfristig eine höhere Bedeutung als kurzfristig, wenn es darum geht, an der Börse ein Tief abzufischen. Der Markt ist momentan unentschlossen. Die Kurse fallen an einem Tag um 2 % und steigen am nächsten wieder um 2 %. Eine solche Findungsphase ist typisch für einen Boden. Gleichzeitig stimmen die Fundamentaldaten aber nicht. Die Gewinne der Unternehmen (vor allem USA) steigen nicht.

Die sinkenden Gewinne der US Unternehmen sind nicht ausschließlich den Rohstoffunternehmen zuzuschreiben, sondern auch Konsumgüterherstellern und Technologieunternehmen. Ausnahmen gibt es. Facebook hat durch seine Jahresergebnisse gezeigt, dass man auch auf Jahressicht um 50 % wachsen kann. Der Zuckerberg-Konzern ist aber eine Ausnahme im derzeitigen Marktumfeld.

Die Börse handelt die Zukunft. Besteht die Chance auf steigende Gewinne innerhalb eines halben Jahres, dann wird auch gerne jetzt schon gekauft. So klar ist die Lage jedoch nicht. Keiner weiß, wie es in den kommenden Monaten weitergeht. Die Weltwirtschaft könnte 2016 einen Turnaround schaffen, doch das ist alles andere als sicher.

Die Suche nach einem Boden bleibt schwierig. Persönlich bleibe ich bei meiner Einschätzung aus der vergangenen Woche. Demnach sollten sich die Kurse noch eine Zeit lang erholen können, bevor es weiter bergab geht.

Die These für einen kurzfristigen Boden wird auch von einem alternativen Sentimentindikator unterstützt. Dieser ist in der Grafik dargestellt. Gezeigt wird der Verlauf des S&P 500 und die Anzahl an Suchanfragen auf Google nach dem Begriff 'Kapitulation.' Fallen Kurse innerhalb kurzer Zeit deutlich, dann machen sich Anleger im Internet auf die Suche danach, ob es sich schon um den finalen Abverkauf, also die Kapitulation des Marktes, handelt.

Derzeit wird besonders ausgiebig nach dem Wort Kapitulation gesucht. Seit der Finanzkrise waren die Anfragen nicht mehr so zahlreich. Anleger haben anscheinend das Gefühl, dass es sich bei dem Abverkauf zu Jahresbeginn bereits um eine Kapitulation handelte. Wenn die Mehrzahl der Anleger zu diesem Schluss kommt und wieder kauft, dann ist die Trendwende da.

Ob es wirklich schon zu einer Trendwende reicht wage ich zu bezweifeln. Eine Fortsetzung der Erholung der letzten Tage ist möglich. Einen mittel- bis langfristigen Boden würde ich noch nicht ausrufen.

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7 Kommentare

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  • Rolli1001
    Rolli1001

    Der Return am Freitagabend ist fuer mich ein Zeichen, dass es hoehere Tiefs gegeben hat und das war in der Verganheit immer ein bullishes Signal.

    Zumindestens kurzfristig gut fuer Test 10000.

    Der Markt ist im Mom nix fuer Investoren, es sei den es kommt nochmals ein richtiger Rutsch auf unter 9000, dann waere ein Investment empfehlenswert.

    Denn, wo soll den das viele Geld hin, das noch unterinvestiert auf den Konten schlummert und Kredite im Interbankenhandel weit unter 1% liegen

    Klar alle haben jetzt Immos gekauft, der Markt ist leer und neue Objekte kosten bis ueber 10.000 EUR p/qm je nach Stadt und Lage,das ist fuer mich wie DAX 20.000

    Bin mal auf die kommende Woche gespannt

    08:02 Uhr, 30.01.2016
  • pochtecatl
    pochtecatl

    Wie schon Ski-Ghost angemerkt hat, muss der Suchbegriff "Kapitulation" nicht zwingend mit dem Aktienmarkt in Verbindung stehen. Sucht man auf google trends nach Suchbegriffen, die mit "Kapitulation" verknüpft wurden, erhält man Ergebnisse, die vom Zweiten Weltkrieg bis zum Tocotronic-Album reichen, aber keinen einzigen Treffer, der auf die Finanzmärkte hinweisen würde.

    @Clemens Schmale: Könnten Sie bitte den Link zu Ihrer google trends-Abfrage posten? Mein Suchergebnis zeigt merkwürdigerweise keinen Peak im Jahr Jahr 2009: https://www.google.at/trends/explore#q=Kapitulatio...

    13:33 Uhr, 29.01.2016
  • wollicgn
    wollicgn

    Sorry vergessen auf Wochenbasis

    13:20 Uhr, 29.01.2016
  • wollicgn
    wollicgn

    Für mich sieht das ganze nach einer klassischen ABC Korrektur aus. Derzeit scheinen wir in der Welle C zu sein. Wenn diese sich nach Lehrbuch so verhält wie die A Welle müssten wir 8.200 Punkte sehen, also dem Ausbruch des DAX über den langfristigen Wiederstand bei 8.150 Punkten der dann als starke Unterstüzung funggiert.

    Ob das wirklich so kommt ????? schau mer mal

    13:15 Uhr, 29.01.2016
  • schimpanse69
    schimpanse69

    wer kann mir erklären, wohin das weltweit nach Rendite gierende, stetig wachsende kapital hinfließen soll? die Chance auf einen Abverkauf halte ich für sehr sehr gering.

    12:37 Uhr, 29.01.2016
  • Ski-Ghost
    Ski-Ghost

    hey, haben wir schon den 1. April ??

    Das ist ja wohl ein wenig weit her geholt. Der Begriff Kapitulation passt im übrigen auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Hier könnten auch aktuelle Konflikte gegoogelt werden wie z.B. Ukraine oder IS etc.

    Machen Sie doch mal die Gegenprobe und googeln nach Hausse :-)

    10:56 Uhr, 29.01.2016
  • netzadler
    netzadler

    naja, das kann man aber auch deutlich anders interpretieren.

    wenn im Internet der begriff Kapitulation oft gesucht wird, heisst das noch lange nicht, dass viele die Gewissheit haben, dass der markt kapituliert. dazu müsste es reihenweise entsprechende analystenkommentare geben.

    ich suche und werde aber nicht entsprechend fündig. demnach bedeutet das eher, dass noch nicht all zu viele von der Kapitulation ausgehen.

    da halt ich es lieber mit dem selling climax, und auch der kann nur vorübergehend einen boden anzeigen.

    10:07 Uhr, 29.01.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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