Kommentar
06:04 Uhr, 09.01.2017

Technisch sieht es gut aus - oder?

Indizes in den USA und auch in Europa sollten erst am Anfang einer langen Aufwärtsbewegung stehen.

Ich bin kein Anhänger der These, dass 2017 ein großartiges Börsenjahr wird. Aktuell sehe ich die Lage übergeordnet noch bullisch, allerdings erwarte ich, dass ich diesen Bias im Jahresverlauf auf bärisch umstellen muss. Das sage ich, obwohl alles zunächst auf ein gutes Jahr hindeutet. Wer dafür ein technisches Argument braucht, werfe ein Blick auf die Grafik.

Dargestellt ist der S&P 500 sowie die kumulierte Summe aus den täglich neuen 52-Wochen-Hochs und Tiefs. Dabei wird die Anzahl an täglich neuen Tiefs von den Hochs abgezogen und über die Zeit daraus die Summe gebildet. Das Resultat ist recht eindeutig. Der S&P 500 und diese Linie laufen parallel.

Die Gegenüberstellung ist äußerst praktisch, da sich frühzeitig Probleme für den Markt andeuten. Die drei größeren Korrekturen bzw. der Bärenmarkt von 2007 bis 2009 wurden vorzeitig erkannt. Je größer die Abwärtsbewegung war, desto früher ließen sich die Probleme erkennen.

In der Grafik ist lediglich die Zeit ab 2005 dargestellt. Nicht öffentliche Daten, die weiter bis in die frühen 80er Jahre zurückreichen, bestätigen das Bild jedoch einhellig. Ausnahmen gibt es nicht.

Dem aktuellen Bullenmarkt wurde in 2015 und 2016 immer wieder vorgeworfen, dass die Marktbreite fehlt. Ob Technologieindizes oder der S&P 500, sie alle konnten häufig nur aufgrund einer Hand voll Einzelaktien klettern. Der breite Markt partizipierte nicht mehr am Bullenmarkt.

Das ist nun Geschichte. Die Marktbreite ist zurück und zwar mit Wucht. Die Historie zeigt zudem, dass ein solcher Trend nicht so schnell zu stoppen ist. Hat der Markt erst einmal eine Richtung eingeschlagen, dann bleibt es lange dabei.
Die zuletzt erreichten Rekordhochs sind rein technisch gerechtfertigt. Es gibt derzeit absolut keinen Grund an einer Fortsetzung zu zweifeln. Dabei deutet sich für 2017 durchaus eine große Bewegung an. Dabei weiß jedoch niemand, ob diese nach oben oder nach unten gerichtet ist.

Die Stimmung ist unter Anlegern derzeit gut, aber noch nicht gefährlich euphorisch. Dafür sind sich Analysten in einem Punkt einig: der Markt wird 2017 steigen, aber nur moderat. Für den S&P 500 bedeutet das ein Anstieg von 4 %. Die Streuung um diesen Mittelwert ist dabei so gering wie seit 1999 nicht mehr. Wohin das führte, wissen wir.

Ein großer Konsens muss nicht zwangsläufig eine Korrektur einleiten. Es kann ebenso gut ein großer Ausbruch nach oben stattfinden. Eines ist jedoch unwahrscheinlich: dass der Konsens eintritt. Vielmehr ist der Konsens unter geringer Streuung Ausdruck von hoher Neutralität. Diese löst sich für gewöhnlich innerhalb von Monaten auf. In welche Richtung ist im Vorhinein schwer zu erkennen.

Persönlich gehe ich davon aus, dass sich die Neutralität in einer Korrektur entlädt. Das geschieht nicht heute und nicht morgen. Ein paar Monate Zeit hat der Markt noch. Ich wünsche und hoffe natürlich, dass wir gerade den großen Ausbruch nach oben erleben, doch die schwelenden Risiken lassen daran zweifeln.

Bei den Risiken geht es nicht um die Wahlen in Europa oder sonst irgendwo auf der Welt. Es geht allein um zwei Dinge: China und Inflation. China könnte wirtschaftlich in diesem Jahr kippen. Zudem halte ich den Inflations-Trade, der weltweit aufgelegt wurde, für inzwischen maßlos übertrieben. Wird erkannt, dass Inflation und Zinsen immer noch niedrig bleiben werden, wendet sich das Blatt schnell.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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