Kommentar
09:02 Uhr, 01.07.2010

Tatsächlich drohen jetzt mindestens zwei mögliche Szenarien

Erst vor kurzem habe ich es Ihnen angekündigt, allmählich wird es zur Gewissheit: Die Abgeltungsteuer wird vermutlich erhöht. Es ist keine Riesen-Überraschung, denn eines war ja schon bei der Einführung dieser Art der Besteuerung klar: Dem Staat ging es zuallererst darum, das Entfliehen vor der Kapitalbesteuerung zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, um den Bürger dann später richtig zu schröpfen. Der erste Schritt war die Steueramnestie aus dem Jahr 2004 mit einer de facto-Nachbesteuerung von 15% (25% bezogen auf 60% Bemessungsgrundlage der verschwiegenen Einnahen).

Der zweite Schritt war die Etablierung (April 2005) einer Kontenevidenzzentrale; hier sind alle deutschen Konten und Depots zentral gespeichert, allerdings nur die Stammdaten, keine Kontenbewegungen, Depot- oder Kontostände. Damit war den Steuerhinterziehern, die im Inland Kapitaleinkünfte hatten und diese verschwiegen, ein Bein gestellt. Denn wenn man seine Steuererklärung abgibt, keine Kapitaleinkünfte deklariert, aber der Finanzbeamte auf Knopfdruck sieht dass man Depots bei Onlinebrokern unterhält, sind Nachfragen vorprogrammiert.

Ein scheinbarer Schritt zurück in die Anonymität war dann die Abgeltungsteuer, die seit 2009 erhoben wird. Denn die 25% - plus Solizuschlag und Kirchensteuer – werden von den Banken ohne personenbezogene Angaben an die Finanzämter abgeführt. Nur wer die Einkünfte mit Altverlusten verrechnen will oder wegen geringer Einnahmen unter den 25% Steuersatz liegen würde - bei Behandlung der Einkünfte wie normales Einkommen - muss die Kapitaleinkünfte überhaupt noch in der Einkommensteuererklärung erwähnen.

Tatsächlich drohen jetzt mindestens zwei mögliche Szenarien: Die simple Erhöhung des Satzes (bis zu 33% sind schon öffentlich geboten), oder aber sogar das Comeback für die Besteuerung mit dem persönlichen Einkommensteuersatz. Die technischen Voraussetzungen dafür sind gegeben. Dazu könnte man z.B. die Vorabbesteuerung bei 25% belassen und dafür jeden Bürger verpflichten, die Kapitaleinkünfte in der Einkommensteuererklärung zu deklarieren, wo dann für die Nachversteuerung zum persönlichen Satz gesorgt wird. Gleichzeitig verpflichtet man die Banken, die Steuerbescheide neben dem Bürger auch dem zuständigen Finanzamt zu schicken...so einfach ist das!

Ich bin grundsätzlich aus einem Grund kein großer Fan der Abgeltungsteuer in ihrer jetzigen Form: Es geht mir um die Gleichbehandlung von Dividenden/Kursgewinnen und Zinsen. Denn die Dividende stellt eine Doppelbesteuerung dar. Das Unternehmen dass die Dividende zahlt hat ja den Gewinn bereits versteuert, und der Aktionär ist nun mal Miteigentümer. Er wird damit de facto zweimal abkassiert, die reale Belastung des Gewinns bei Ausschüttung beträgt fast 50%! Das ist doppelt so hoch wie die Belastung der Zinsen. Diese massive steuerliche Bevorzugung von Fremdkapital gegenüber Eigenkapital ist die eigentliche Ungerechtigkeit im Kapitalbesteuerungssystem. Ob diese beseitigt wird oder nicht, weiß ich nicht. Ich weiß nur eines sicher: Sie werden ab 2010 mehr zahlen!
Daniel Kühn - BörseGo AG

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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