Kommentar
08:39 Uhr, 16.02.2015

Stürzt ein Arbeitskampf die USA in die Krise?

Ein Arbeitskampf in den USA bedroht die ganze Nation. Seit Monaten schon zieht sich der Konflikt hin. Jetzt soll er mit Unterstützung der Regierung in Washington gelöst werden.

An der Westküste der USA tobt ein Arbeitskampf zwischen Hafenarbeitern und den Hafenbetreibern. An und für sich ist ein Arbeitskampf kaum der Rede wert. Dieser aber hat es in sich. Er dauert nun schon seit Mai 2014 an. Seitdem kommt es immer wieder zu kurzen Ausständen oder – so die Hafenbetreiber – die Arbeiter arbeiten gezielt langsamer und sorgen so für großen Warenrückstau. Vor einigen Häfen ankern schon mehr als zwei Dutzend Containerschiffe, weil deutlich langsamer ab- und verladen wird als üblich.

Dieser Rückstau führt zu Problemen, nicht nur in den USA selbst. Dort hat sich der Warenfluss zuletzt um mehrere Prozentpunkte reduziert. Das klingt nicht nach sonderlich viel. Dieser Eindruck täuscht. Es gehen geschätzte 12,5% der US Wirtschaftsleistung durch die Häfen der Westküste. Stockt hier der Warenfluss oder kommt für eine Zeit lang gar ganz zum Stillstand, dann wirkt sich das auf die gesamte Wirtschaft aus.

Für US Importeure wird der Arbeitskampf immer mehr zum Problem. Einerseits sind die Importpreise so tief wie lange nicht. Sie können nun aber nicht von den gesunkenen Preisen profitieren, weil die Ware nicht schnell genug in die Läden oder zu Unternehmen kommt. Die US Importe sind in den vergangenen Monat zwar gestiegen, allerdings blieben die Werte unter Potential. Einige Händler mussten Waren teils rationieren.
Umgekehrt leidet auch der Export. Hier gibt es teils absurde Einzelfälle. In Japan gingen McDonald’s fast die Pommes aus. Erst wurden sie rationiert, dann mit Flugzeugen importiert.

Die Geschichten, die sich um diesen Arbeitskampf ranken sind teils fast schon unglaubwürdig. Unbestritten ist jedoch die Wichtigkeit der Westküstenhäfen. Die zwei größten Häfen der Westküste (Los Angeles und Long Beach) schleusen monatlich zwischen 560.000 und 660.000 TEU (Twenty Foot Equivalent: Standardcontainer) durch ihre Anlagen (Grafik 1). Insgesamt ist die Tendenz noch ansteigend. In den vergangenen Monaten blieb der Warenumschlag allerdings unter Potential. Im Vergleich zu früheren Aufschwungphasen steigt die Gesamtzahl TEUs nicht weiter an, sondern stagniert auf hohem Niveau.
Die Hafenarbeiter wollen mehr verdienen, unter anderem, weil sie die höhere Arbeitsbelastung beklagen. Ob die Höhe der Forderungen gerecht ist, ist schwer zu sagen. Bei Spitzengehältern von knapp 200.000 USD pro Jahr kann man allerdings nicht von einer Notsituation beim Verdienst sprechen.

Die Arbeitgeber sind natürlich anderer Meinung. Sie fürchten bei steigenden Kosten Anteile an die Häfen der Ostküste zu verlieren. Es macht wenig Sinn den Handel mit Asien von der Ostküste aus abzuhandeln, doch letztlich ist es nur eine Frage des Preises. Ein etwas längerer Seeweg durch den Panamakanal kann sich lohnen, wenn die Kosten für die Verladung und den Transport vom Osten her deutlich niedriger sind.

Im Moment dauert der Arbeitskampf noch an. Solange das der Fall ist, dürfte die Warenmenge in den kommenden Monat weiter sinken. Grafik 2 zeigt immer die Summe des Warenumschlags der letzten 12 Monate für die vergangenen 20 Jahre. Hier sieht man neben den wilden Schwankungen aus Grafik 1 die generelle Tendenz etwas besser. Die Tendenz zeigt eine Stagnation seit einigen Monaten. In Los Angeles scheint die Warenmenge sogar ein Top erreicht zu haben. In Long Beach deutet sich eine Plateauphase an.

Man kann nur hoffen, dass der Arbeitskampf bald ein Ende findet. US Verbraucher sind derzeit bereit zu konsumieren. Da wäre es schon zu dumm, wenn sie keine Waren zum Kaufen hätten... Insgesamt liegen die Schätzungen über den Schaden der Wirtschaft weit auseinander. Er könnte im Ernstfall (mehrwöchiger Ausstand) ein bis zwei Milliarden pro Tag betragen. Im schlimmsten Fall kann das tatsächlich das Gesamtwachstum 2015 nach unten drücken.

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  • barkovsky
    barkovsky

    immer sehr gute artikel Clemens, danke, mfg

    11:45 Uhr, 16.02.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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