Kommentar
16:06 Uhr, 12.07.2010

Steigender Goldpreis belastet die Umwelt

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Anhaltende Konjunktursorgen haben den Goldpreis in den vergangenen Monaten weiter in die Höhe getrieben: Die Feinunze des Edelmetalls schwankte zuletzt um 1250 US-Dollar. Auch wenn Gold derzeit einen Rücksetzer erleidet – für Anleger bleibt der Wert angesichts der wackeligen Erholung der Weltwirtschaft ein sicherer Hafen. Nachhaltig im Sinne des Wortes ist ein Gold-Investment allerdings nicht.

Neben den Zentralbanken als Anbietern und dem Recycling von Altgold bedienen vor allem Minenproduzenten den Markt. Laut dem World Gold Council (WGC) stammten 2009 rund 2550 Tonnen aus der Minenproduktion in Asien, Afrika und Lateinamerika. Dabei sorgen die steigenden Goldpreise dafür, dass in wachsendem Maß Vorkommen erschlossen werden, deren Ausbeutung sich bislang nicht gelohnt hat.

Die an sich schon ungünstige Ökobilanz der konventionellen Goldgewinnung wird durch die beginnende Ausbeutung von weniger ergiebigen Fundorten weiter verschlechtert. Um nur ein einziges Gramm Goldstaub aus einer Tonne Gestein zu gewinnen, müssen große Mengen der hochgiftigen Chemikalie Cyanid – Blausäure – eingesetzt werden. Immer wieder kommt es zu Lecks in Tankanlagen, wodurch umliegende Gewässer und das Grundwasser schwer geschädigt werden; Fische und Pflanzen sterben schlagartig ab. Für die in der Nähe eines Goldabbaugebiets lebenden Menschen haben Cyanid-Unfälle ebenfalls gravierende Folgen: Bei einer Blausäure-Vergiftung kann der Sauerstoff im Blut nicht mehr verwertet werden. Nach anfänglichem Unwohlsein und Erbrechen kommt es zu Krämpfen. Die Folge ist tödliche Atemlähmung. „Jede Tonne Gold fordert einen toten Minenarbeiter und zwölf schwere Unfälle“, lautet eine Binsenweisheit des häufig schmutzigen Geschäfts. Trotz des hohen Goldpreises hat sich an den Umweltstandards der Minenbetreiber bislang nichts geändert.

Quecksilber statt Cyanid verwenden die bis zu 20 Mio Kleinschürfer in China, der Mongolei, Lateinamerika und Afrika. Das ebenfalls hochgiftige Metall wird dem Gestein in flüssiger Form zugesetzt, erhitzt und verdampft, wodurch das Gold herausgelöst wird. Die Arbeit der Kleinunternehmer ist weit entfernt von der romantischen Vorstellung des Goldsuchers mit der Schürfpfanne. Das Schwermetall Quecksilber reichert sich im Körper an und schädigt vor allem das zentrale Nervensystem.

Finanzprodukte, die auf Gold ausgerichtet sind, lassen in den allermeisten Fällen keine Rückschlüsse auf die jeweilige Situation beim Abbau zu. Das Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (www.imug.de) in Hannover hat in einem [Link "Positionspapier" auf www.imug.de/... nicht mehr verfügbar] das Dilemma beschrieben. Die Verfasser weisen darauf hin, dass bei Edelmetallen durch den Druck der Öffentlichkeit immerhin eine hohe Sensibilisierung hinsichtlich der Abbaubedingungen eingesetzt hat. In Nachhaltigkeitsratings fließen inzwischen Kriterien wie etwa Umgang mit natürlichen Ressourcen, Biodiversität, Einhaltung von Sozialstandards bei den eigenen Mitarbeitern und in der Lieferantenkette, Bestechung und Korruption oder Verstöße gegen internationale Konventionen ein. Die Kluft zwischen größerem Bewusstsein und den alltäglichen Abbaubedingungen besteht jedoch nach wie vor.

Nachhaltigkeitsratings nützen ethisch und umweltbewusst orientierten Investoren deshalb nur bei Direktinvestments oder Unternehmensanleihen, nicht aber bei der Frage, ob beispielsweise der Rohstoff Gold in das Portfolio aufgenommen werden soll. Resignierendes Fazit des Instituts für Markt-Umwelt-Gesellschaft: „Zurzeit gibt es noch keinerlei Nachhaltigkeitsratings für Rohstoffinvestmentprodukte.“

Ob zukünftig verbindliche Kriterien bei der Nachverfolgung von Goldgewinnung und -vertrieb möglich sind, ist fraglich. Deutlich besser wären umweltfreundliche, hoch effiziente und damit zugleich die Wettbewerbsfähigkeit steigernde Abbaumethoden. So hat beispielsweise Siemens Industry – eine Sparte des Weltkonzerns, die sich auf umweltfreundliche Produktionstechnik spezialisiert hat – jüngst sieben Filterpressen für die Gold- und Silbermine Pascua-Lama an der Grenze zwischen Chile und Argentinien geliefert. Die Pressen werden beim Merrill-Crowe-Prozess eingesetzt, ein Zinkstaub-Abscheidungsverfahren, mit der Gold und Silber aus einer Cyanidlösung gewonnen werden. Der Filtrierzyklus für die Abscheidung der Edelmetalle nimmt sechs Tage in Anspruch, pro Stunde können durch jede Filterpresse fast 1700 Kubikmeter Lösung fließen. Die kleinste der Pressen wird zum Filtrieren von Waschwasser eingesetzt, das nach der Reinigung der übrigen Pressen anfällt.

Goldlagerstätte Pascua-Lama: 500 Tonnen Gold unter ewigem Eis

Trotz des Einsatzes von umweltfreundlichen Filterpressen bedeutet die Ausbeutung einer Mine wie Pascua-Lama einen gewaltigen Eingriff in die Natur. 20 Hektar Eis müssen auf einer Höhe von 4500 Meter entfernt werden, um zumindest erst einmal auf den Felsboden zu stoßen. Gegner des Projekts argumentieren, dass die Frischwasserversorgung von 70.000 Menschen in der näheren Umgebung durch giftige Abwässer gefährdet sei. Angesichts des hohen Goldpreises erscheint das Schürfen in Pascua-Lama dennoch äußerst lukrativ: Die Reserven werden auf 17,8 Mio Unzen Gold (552 Tonnen) und 717,6 Mio Unzen Silber geschätzt. Die Mine soll Ende 2012 die Erzförderung aufnehmen und über einen Zeitraum von 25 Jahren betrieben werden. Das erste Gold wird voraussichtlich 2013 gewonnen. Es ist anzunehmen, dass der Goldpreis bis dahin gleichauf mit Pascua-Lama sein wird – in Schwindel erregenden Höhen.

Diesen Artikel sowie weitere Beiträge u.a. zu den Themen „Zukunftsmarkt Wasser“ und „Epochenwende Elektromobilität“ lesen Sie in der kommenden Ausgabe unserer Newsletter-Publikation „Klimawandel & Investments“, die am 15. Juli erscheint. Den Newsletter können Sie unter www.godmode-trader.de/service/newsletter/b2c kostenlos abonnieren.

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