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11:00 Uhr, 19.07.2008

Steigende Zinsen könnten positiv auf Japans Wirtschaft wirken

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Seit dem Platzen der Kursblase im Jahr 1990 ist der japanische Aktienmarkt nie mehr nachhaltig auf die Beine gekommen. Doch ausgerechnet in den derzeit allgemein schwierigen Börsenzeiten melden sich vermehrt Experten zu Wort, die dem Markt ein Comeback zutrauen.

Zu den Optimisten zählen auch die Verantwortlichen des Vitruvius Japanese Equity Fund. Und deren Einschätzung hat durchaus Gewicht. Denn seit der Auflage im 29. Oktober 1999 konnte der Fonds jährlich wenigstens um 3,0 Prozent zulegen, während der Nikkei 225 Index in dieser Zeit bis zum Stichtag 30. Juni 3,2 Prozent p.a. verloren hat.

Der vielfach ausgezeichnete Fonds belegt damit den Spitzenplatz unter den Japan-Fonds und wird von Morningstar auch mit der Höchstnote von fünf Sternen eingestuft. Im Interview begründet Mattia Nocera, Chefstratege von Belgrave Capital Management, dem zuständigen Fondsberater, warum er zuversichtlich ist für japanische Aktien.

Der Fonds hat den japanischen Gesamtmarkt in den vergangenen Jahren deutlich geschlagen. Was waren die Gründe dafür und wie würden Sie die verfolgte Anlagephilosophie beschreiben?

Der Erfolg des Vitruvius Japanese Equity Portfolios beruht auf der Anlagephilosophie und den Fähigkeiten der Fondsberater. Wir von Belgrave Capital Management als zuständige Fondsberater haben uns darauf spezialisiert, talentierte Verwalter zu finden, die im Tagesgeschäft die Portfolios von Vitruvius verwalten. Wir glauben daran, dass es individuelles Geschick auch in der Investmentbranche gibt und man bei kontrollierter Volatilität überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen kann. Wir versuchen, die Fähigkeiten verschiedener Berater zu kombinieren und im jeweiligen Portfolio einzusetzen. Die Kombination sich ergänzender Fähigkeiten hat gute Ergebnisse gebracht und das Chance-Risiko-Profil verbessert.

Für das Portfolio des Vitruvius Japanese Fund sind derzeit Fukuo Shigeta von Nippon Finance Management Kaisha, Yutaka Uda von Evarich Asset Management, Warwick Johnson von Optimal Fund Management und Hugh Sloane von Sloane Robinson verantwortlich. Fukuo Shigeta und Yutaka Uda verfolgen dabei einen volkswirtschaftlich ausgerichteten Anlagegrundsatz, was bei der Sektorgewichtung und bei der breit gefächerten Titelselektion hilft. Das ergänzt sich sehr gut mit dem mehr handelsorientierten Ansatz von Hugh Sloane und dem auf reines Stock Picking ausgerichteten Vorgehen von Warwick Johnson. Das alles zusammen führt zu einer breiten Aufstellung mit mehr als 120 Aktien im Portfolio und dazu, dass wir ein sehr aktives Management fahren, das teilweise zu deutlichen Gewichtungsabweichungen von der Zusammensetzung des japanischen Gesamtmarktes führen kann. Als wir beispielsweise 2003 deutlich besser als der Markt abschnitten, hatten wir von März bis Juni die Gewichtung des Finanzsektors von 5,9 auf 15,5 Prozent erhöht.

Was erwarten Sie vom japanischen Aktienmarkt in den kommenden zwölf Monaten?

Trotz der allgemein schwierigen Marktlage und der volkswirtschaftlichen Probleme speziell in Amerika bleiben wir für japanische Aktien konstruktiv gestimmt. Die Bewertungen sind sowohl relativ im Vergleich mit der Geschichte als auch gemessen an anderen entwickelten Börsen günstig. Zuletzt waren wegen der höheren Renditen bereits Umschichtungen von inländischen Anlegern von Anleihen in Aktien zu beobachten. Dazu muss man wissen, dass sich die Dividendenrendite der im Topix-Index enthaltenen Aktien im Schnitt auf 1,8 Prozent beläuft, während zehnjährige japanische Staatsanleihen nur auf eine Rendite von 1,6 Prozent kommen. Die japanische Wirtschaft profitiert außerdem weiter stark vom Wachstum in den Schwellenländern und insbesondere in Asien. Die Abhängigkeit von den Exporten nach Amerika hat dagegen in den vergangenen fünf Jahren drastisch abgenommen. So gehen inzwischen mehr als 60 Prozent der Exporte in Schwellenländer und weniger als 20 Prozent nach Amerika.

Was spricht ansonsten noch für Japan und was sind die größten Risiken für das Land?

Das größte Risiko für Japan und für Vitruvius im Besonderen wäre ein scharfer Einbruch der Konjunktur weltweit und in den asiatischen Volkswirtschaften. Der Reaktion der chinesischen Regierung auf die steigende Inflation und dem Wunsch nach einem weiter hohen Wachstum kommt dabei entscheidende Bedeutung zu.

Seit 1989 war am japanischen Aktienmarkt unter dem Strich nichts zu verdienen. Mit Verweis auf gesunkene Bewertungen wird der Markt jetzt trotzdem langsam vermehrt empfohlen. Doch müssten japanische Aktien wegen dem Problem einer vergreisenden Gesellschaft und vergleichsweise geringer Wachstumsraten nicht mit einem Bewertungsabschlag gehandelt werden?

Ein signifikanter Teil der Umsätze und Gewinne der japanischen Firmen resultiert aus dem Ausland und wie schon zuvor erwähnt aus dem Wachstum in den Schwellenländern. Vitruvius ist bei den exportorientierten Aktien deutlich übergewichtet während der Anteil von den auf das Inland fokussierten Werten abgesehen von den Banken wegen der flauen Wirtschaftslage und unvorteilhafter demographischer Trends vergleichsweise niedrig ist. Deshalb ist es auch schwierig, allgemein etwas zu Ihrer Bewertungsfrage zu sagen. Multinationale Unternehmen, die in ihren Branchen weltweit führend sind, verdienen eine Prämie, die ihnen derzeit aber bisher nicht zugestanden wird. Auf das Inland orientierte Gesellschaften müssten dagegen vielleicht mit einem Abschlag bewertet werden, sofern sie nicht in einer Nische tätig sind, die ihnen ein nachhaltiges Wachstum ermöglicht.

Japanische Firmen haben ihre Gewinne in den vergangenen Jahren auf Rekordniveau gesteigert. Besteht da bei einer nachlassenden weltweiten Konjunkturdynamik nicht die Gefahr, dass dies nicht dauerhaft verteidigt werden kann?

In der Tat, sind die Sektoren, die am besten gelaufen sind, exportorientiert und damit sehr stark abhängig vom weltweiten Wachstum und insbesondere in den Schwellenländern. Eine deutliche Wachstumsverlangsamung könnte sich deutlich negativ auf die Profitabilität auswirken. Besonders dann, wenn gleichzeitig die Kosten steigen. Doch aus unserer Sicht sind japanische Firmen heutzutage ziemlich effizient und ihre technologische Führerschaft ermöglicht es ihnen, steigenden Kosten auf die Verkaufspreise überzuwälzen.

Viele Volkswirtschaften leiden unter der weltweit steigenden Inflation. Doch in Japan werden steigenden Preise nach Jahren der Deflation bisher tendenziell sogar begrüßt. Aber ist die Inflation langfristig nicht doch auch schädlich für Japan?

Der Anstieg der Inflation beruht nur auf den anziehenden Nahrungs- und Energiepreisen. Sollten die Löhne in diesem Umfeldstagnieren, könnte die negativ auf die Konsumstimmung der Japaner durchschlagen.

Was wird passieren, wenn die japanische Notenbank die noch immer sehr tiefen Leitzinsen deutlich erhöhen muss?

Steigende Zinsen könnten sich sogar positive auf die japanische Wirtschaft auswirken. Denn die Haushalte sind Nettosparer und höhere Zinsen hätten für sie einen positiven Vermögenseffekt. Auch die Unternehmen haben in der Regel gesunde Bilanzen und nur sehr begrenzt Schulden. Folglich würden auch sie nicht besonders unter höheren Finanzierungskosten leiden.

Wie beeinflussen die Schwankungen des Yen Ihre Anlageentscheidungen und besteht nicht das Risiko einer weiteren Yen-Abwertung?

Überlegungen zur Währung spielen eine wichtige Rolle bei der Sektor- und Einzeltitelauswahl der Fondsberater. Die im Portfolio übergewichteten Exporteure und multinational agierenden Unternehmen profitieren sogar von einem schwächeren Yen. Und aus Anlegersicht bietet Vitruvius auch einen Fonds auf Euro-Basis an, bei dem Absicherungsmaßnahmen gegen einen schwächeren Yen getätigt werden.
In welchen Sektoren und Aktien sind Sie übergewichtet?

Stark vertreten sind wir in Handelsfirmen, die vermutlich auch weiterhin vom wachsenden Handel mit Rohstoffen profitieren. Nach dem starken Ausverkauf bei den Bankaktien haben wir zuletzt die Gewichtung in diesem Bereich hochgefahren. Die Kurse der japanischen Bankaktien sind im Gleichschritt mit den Branchenvertretern in Amerika und Europa gefallen, obwohl sie nur wenig von der Kreditkrise betroffen sind. Die Fondsberater glauben, dass Japans Banken dank ihrer stark kapitalisierten Bilanzen auf dem Weltmarkt expandieren können. So zeigen jüngste Daten bereits eine deutliche Zunahme der an ausländische Adressen vergebenen Kredite. Unternehmen aus dem Maschinenbau- und Elektroniksektor haben wir ebenfalls übergewichtet, sofern sie mit überlegenen Produkten oder Technologien aufwarten können. Eine Reihe japanischer Unternehmen profitiert zudem vom starken Wachstum bei alternativen Energien, umweltschonenden Maschinen und Ausrüstungen für den Bergbausektor.

Was sollten Anleger derzeit mit Blick auf den japanischen Aktienmarkt noch beachten?

Ich möchte hervorheben, dass die japanischen Unternehmen trotz einer schlechten Presse den Umgang mit den Aktionären verbessert haben. Beispiele dafür sind die neuesten Daten zu Aktienrückkäufen und Dividenden. So wurde im Vorjahr fast die Hälfte der erzielten Rekordgewinne an die Anleger zurückgegeben. Die Dividenden beliefen sich dabei im Fiskaljahr 2007 auf 7,6 Billionen Yen nach 6,6 Billionen Yen im Fiskaljahr 2006 und die Aktienrückkäufe auf 4,6 Billionen nach 4,0 Billionen Yen. Und der Druck institutioneller und ausländischen Anleger auf das Management zur Erzielung höherer Eigenkapitalrenditen nimmt weiter zu.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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