Kommentar
14:14 Uhr, 30.03.2021

Steht die globale Lieferkette bald vor dem Kollaps?

Der Suezkanal ist wieder frei. Viele Probleme bleiben. Man fragt sich: "Wann kommt das Problem an der Börse an?"

Die Blockade des Suezkanals machte Schlagzeilen, vollkommen zu Recht. 15 % des weltweiten Schiffsverkehrs müssen durch dieses Nadelöhr. Lieferverzögerungen, die sich unweigerlich ergeben, haben einen Preis. Das wird vielen erst jetzt bewusst. Tatsächlich aber steigen die Preise seit Monaten. Global ist der Schiffsverkehr am Anschlag und die Lieferketten stehen teils kurz vor dem Kollaps.

Ein Problem ist ein sehr einseitiger Warenaustausch. Im Idealfall werden Container mit Gütern z.B. von China nach Los Angeles verfrachtet, dort geleert und mit Gütern wieder zurückgeschickt. Aktuell kommen praktisch überhaupt keine leeren Container mehr in den USA an. Dafür gehen so viele leere Container aus dem Hafen von Los Angeles in die Welt wie nie (Grafik 1).

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Der Importhunger der USA, aber auch Europas bringt die Kapazitäten an die Grenze. Der Anstieg der ankommenden Container in Los Angeles wirkt überschaubar. Tatsächlich führt dieser kleine Anstieg zu Chaos. Der Hafen hat einfach nicht die Kapazität, um die Containermengen schnell genug zu löschen.

Fast ein Drittel der Schiffe muss inzwischen länger als 5 Tage auf die Abfertigung warten (Grafik 2). 2018 gab es einen ähnlichen Anstieg. Das hatte mit Zöllen zu tun, die zu kurzfristig höheren Importen führten.

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Immer längere Wartezeiten führen dazu, dass es auch länger dauert, bis leere Container wieder dorthin zurückfinden, wo sie gebraucht werden. In China sind leere Container inzwischen Mangelware. Der Preis für einen Container, um Waren von China nach Europa zu verschiffen, lag zuletzt bei fast 10.000 Dollar (Grafik 3).

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Unternehmen kommen immer mehr unter Druck. Sie müssen in den USA im Durchschnitt so lange auf Lieferungen warten wie selbst zu den besten Hochkonjunkturzeiten nicht (Grafik 4). Ohne die nötigen Inputkomponenten oder Güter, die verkauft werden könnten, steht die Produktion still bzw. leeren sich die Lager.

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Inzwischen ist so ziemlich jedes Lager fast leer. Ein Beispiel zeigt Grafik 5. In den USA sind nur noch 377.000 Autos auf Lager. Just-in-Time Lieferungen reduzierten die Notwendigkeit für einen großen Lagerbestand in der Vergangenheit. Der Rückgang der letzten Monate ist damit natürlich nicht erklärt. Zudem wissen wir, dass viele Autobauer die Produktion wegen fehlender Chips immer wieder anhalten müssen. Nachschub kommt so schnell nicht.

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Der Suezkanal ist nur die Spitze des Eisberges. Seit Monaten verschärft sich die Lage. Manche Unternehmen haben bereits ihre Prognosen für das laufende Jahr angepasst. Die Hiobsbotschaften reißen auch nicht ab. Stattdessen wird es immer schlimmer. Erst stand die Produktion in China zu Pandemiebeginn still, dann in Europa und den USA.

Nun wird zwar produziert, es fehlt aber an Inputgütern und der Bedarf von Produkten ist so groß, dass die Kapazitäten nicht ausreichen. Als wäre das nicht schlimm genug, können vorhandene Produkte nicht verschifft werden, weil Container fehlen. Wer Container ergattern kann, zahlt inzwischen das Vierfache dafür.

Vor einem Monat führte ein Wintersturm in den USA dazu, dass die Kunststoffproduktion einbrach (Grafik 6). Nun kommt es zu Verzögerungen im Suezkanal. Man fragt sich wie viel es noch braucht, bis die Lieferketten komplett zusammenbrechen. Käme es dazu, wäre es auch für Anleger eine Katastrophe.

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Das Risiko wird von der Börse größtenteils ignoriert. Es ist eines der Risiken, die man kommen sieht. Keiner weiß jedoch, ob es am Ende wirklich zum Kollaps kommt und entsprechend 90 % der Unternehmen ihre Ziele verfehlen werden. Sollte es an der Börse zum Thema werden, wird es ein großes Thema.

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1 Kommentar

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    Steigende Lieferzeiten werden steigenden Preise führen, weil die Lieferzeit wichtiger ist als der Preis. Die inflationären Tendenzen werden immer sichtbarer.

    14:41 Uhr, 30.03. 2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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