Kommentar
16:16 Uhr, 16.03.2018

Steht der Euro bald bei 1,60 USD?

Der Euro ist einfach nicht kaputt zu kriegen. Er steht heute dort, wo er schon vor Beginn des QE-Programms stand und dabei ist dieses noch nicht einmal beendet.

Makroökonomen zerbrechen sich den Kopf. Trotz einer rekordverdächtigen Zinsdifferenz und aktuell gegenläufigen Notenbankpolitiken zwischen den USA und der Eurozone ist der Euro nicht kleinzukriegen, ja zeigt sogar äußerst robust. Kommt es für die Dollarbullen nun sogar noch schlimmer?

Der Euro ist zäh. Das muss man ihm lassen. Obwohl die Zinsdifferenz zu den USA nie dagewesene Ausmaße angenommen hat (Grafik 1), hält sich der Euro gegenüber dem Dollar nach einer sensationellen Rally über 1,20 USD. Bei einer Zinsdifferenz von fast -3 % ist das schon bemerkenswert.

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Wenn man es sich so durch den Kopf gehen lässt, ist der Euro ohnehin ein Phänomen. Selbst während der Eurokrise hielt sich der Kurs oberhalb von 1,20 USD. Damals drohte nicht nur Griechenland, sondern auch Italien, Spanien und Portugal zu kollabieren.

Der Euro entwickelt sich trotz allem mehr oder minder parallel zur Zinsdifferenz. Das gilt seit über einem Jahrzehnt. Zwischen 2002 und 2005 galt das nicht (ohne Abbildung). Hier sank die Zinsdifferenz, der Euro stieg jedoch. Es war die Erholung nach dem desaströsen Start des Euros. Der Euro verlor nach Einführung immer weiter an Wert. Teils wurde sogar durch die Notenbank interveniert, um die Gemeinschaftswährung zu stärken.

Davon kann die Notenbank heute wohl nur träumen. Sie hat den Kurs mit allen Mitteln versucht nach unten zu prügeln. Gelungen ist das immerhin kurzzeitig. Inzwischen hilft jedoch nichts mehr. Sowohl die Zinsdifferenz als auch die QE-Differenz helfen nicht mehr.

Die QE-Differenz ist der Unterschied zwischen dem QE der EZB und der Bilanzentwicklung der Fed (Grafik 2). Derzeit druckt die EZB 30 Mrd. EUR frisches Geld pro Monat. Die US-Notenbank reduziert ihre Bilanzsumme hingegen. Der Unterschied liegt bei ca. 50 Mrd. USD pro Monat. Als sich die Differenz verengte, bildete der Euro einen Boden aus. Zufall ist das wohl nicht.

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Wenn das so weitergeht, fragt man sich ernsthaft, wo der Eurokurs enden wird. Wenn bei einer so großen Zins- und QE-Differenz der Kurs kräftig steigt, möchte man nicht wissen, wohin die Reise geht, wenn die EZB erst QE beendet und die Zinsen angehoben hat.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich der Dollar in einem zyklischen Abwärtstrend befindet. Diese zyklische Schwäche dürfte sich noch mehrere Jahre lang halten. Am Ende könnte der Euro bei 1,60 USD stehen oder sogar ein neues Allzeithoch markieren.

Gerechtfertigt ist das nicht. Das Wirtschaftswachstum hat sich zwar erholt, doch noch immer ist die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern hoch. Strukturelle Probleme sind größtenteils nicht behoben. Kurzfristig mag die Wirtschaft des Euroraums attraktiv aussehen, doch mittel- bis langfristig muss man schon viel Fantasie haben.

Dass der Euro trotzdem so stark ist, gibt zu denken. Vielleicht ist aber auch einfach nur der Dollar eine solche Schrottwährung, dass der Euro im Vergleich nur gewinnen kann. Ich gehe jedenfalls langfristig von einem weiter steigenden Euro aus. Der Weg zu höheren Kursen sollte in diesem Jahr allerdings noch einmal an der Marke von 1,15 USD vorbeiführen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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