Kommentar
10:05 Uhr, 04.12.2008

"Steady water" am Devisenmarkt - "Unsteady water" in der US-Wirtschaft

Erwähnte Instrumente

Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.2675 und zeigt sich damit in ruhigem Fahrwasser. Der USD notiert gegenüber dem JPY derzeit bei 92.80. auch hier darf der Begriff Stabilität, freilich auf ermäßigtem Niveau, strapaziert werden. Die "Carry-Trades" schließen sich dann in höflicher Manier an. EUR-JPY stellt sich auf 117.60, während EUR-CHF bei 1.5320 oszilliert.

Es ist schon eine interessante Devisenwelt, die sich uns darbietet. Die neuseeländische Zentralbank senkt den Leitzins unerwartet in historisch einmaliger Amplitude um 1,5% auf 5,0% und die Devisenmarktreaktion ist als milde zu bewerten. "Steady water" oder Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.

In den USA fliegt uns nicht nur die Konjunktur und der Begriff Haushaltsdisziplin um die Ohren, nein der ordnungspolitische Rahmen freier Märkte fliegt gleich mit, aber halt, bitte "Steady water" oder Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.

Naja, eine Währung, die mit

1. strukturellen Handelsbilanz- und Leistungsbilanzdefiziten,
2. Haushaltsdefiziten im letzten Fiskaljahr von 7% oder im Kalenderjahr von circa 10%,
3. einer Rezession, die seit Dezember 2007 laut "neuesten" Kenntnissen des NBER anhält,
4. einer Zentralbank, die es ablehnt, Fragen von Bloomberg im Rahmen des "Freedom of Information Act" zu beantworten (wozu sie gesetzlich verpflichtet ist),
5. einer Zentralbank, die real negative Zinsen verankert und quantitative Maßnahmen in Aussicht stellt (Schwiegermütter sollen aber noch nicht monetarisiert werden)
6. einer Administration, die das System von "Checks and Balances" längst aufgegeben hat (notwendig für die Nachhaltigkeit freier Ordnungen),

reüssiert, muss wohl gegenüber anderen Währungen im Rahmen angemessener Risikoaversion an Boden gewinnen, oder? Während ich diese Zeilen verfasse, summe ich leise das Lied "Die Gedanken sind frei ….", den Märkten wünsche ich bisweilen dasselbe.

Wenden wir uns den Fundamentaldaten zu!

Eurozone:
Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone per Oktober sanken im Monatsvergleich 0,8% (Prognose -0,4%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 2,1% (Prognose -1,4%).

USA:
In den USA legten die angekündigten Massenentlassungen (mehr als 50 betroffene Jobs) laut dem "Challenger Report" per November von zuvor 112.880 auf 181.670 betroffene Jobs zu. Im Monatsvergleich kam es damit zu einem Anstieg um 60,9%. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 148,4% nach zuvor 78,9%.

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* Der ADP-Employment Report, der die Beschäftigungsentwicklung in der Privatwirtschaft laut eigenen Angaben ermittelt, lieferte per November mit einem Jobverlust von 250.000 einen tiefen Mollton für den US-Arbeitsmarkt. Analysten hatten einen Rückgang der Beschäftigung von "nur" 200.000 Jobs unterstellt.

* Der ISM-Dienstleistungsindex kollabierte von zuvor 44,4 auf 37,3 Punkte per November und markierte damit einen historischen Tiefstwert. Die Subindices lieferten überwiegend noch negativere Resultate. So sank der Beschäftigungsindex von 41,5 auf 31,3 Punkte. Der Auftragsindex sackte von 44,0 auf 35,3 Zähler. Der beigefügte Chart verdeutlicht in markanter Manier die eindeutige Tendenz im Zeitverlauf der letzten Jahre.

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Heute steht zunächst die 1. Revision des BIP der Eurozone per 3. Quartal auf der Agenda. Der Markt erwartet im Quartalsvergleich einen Rückgang um 0,2%. Damit wäre auch nach der Revision das Urteil bestätigt, dass sich die Eurozone mit dem 2. Quartal Kontraktion in Folge in einer Rezession befände.

Im Mittelpunkt des Interesses steht die EZB-Ratssitzung. Analysten unterstellen mindestens einen weiteren Zinsschritt um 50 Basispunkte von 3,25% auf 2,75%. Bezüglich der massiven Zinsschritte im internationalen Umfeld ist ein Zinsschritt um 75 Basispunkte nicht ausgeschlossen.

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Bei der Zinsentscheidung der Bank of England erwarten die Marktteilnehmer übrigens eine Senkung um 100 BPS auf 2,00%.

Auffällig ist, dass viele Zentralbanken offensichtlich nicht angemessene Frühwarnsysteme bezüglich der Entwicklung der letzten 18 Monate unterhielten. Der Forex-Report war übrigens eins …

Bei den Veröffentlichungen aus den USA verweisen wir auf die Datenbox. Sowohl Arbeitslosenerstanträge als auch der Auftragseingang sollten das rezessive Bild in den USA umfänglich bestätigen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2570 -00 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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