Kommentar
07:39 Uhr, 07.11.2017

Starke Öl-Rally: Aber einen Haken gibt es!

Öl-Bullen reiben sich derzeit die Hände. Sowohl Brent als auch WTI haben in diesem Bullenmarkt neue Hochs erreicht. Der Ausbruch hat aber auch eine Schattenseite.

Seit mehreren Monaten rede ich schon von einem Ölpreis (WTI) von 60 Dollar. Dieses Ziel zu verteidigen war nicht immer ganz einfach. Das galt vor allem im August als der WTI Preis um 10 % auf 46 Dollar abrutschte. Heute steht der Preis bei über 55 Dollar.

Der Aufwärtstrend konnte sich etablieren, obwohl die Herbstmonate für gewöhnlich schwach sind. Ölpreise tendieren in diesen Monaten im Durchschnitt dazu, zu fallen. Dieses Jahr ist das anders – mit gutem Grund. Die US-Ölproduktion stagniert seit Monaten und die Anzahl an neuen Bohrungen kommt nicht mehr vom Fleck. Das alles deutet auf weiterhin stabile Produktionszahlen hin.

Nachdem vor allem die USA der Swing-Producer sind (höhere Produktion bei höheren Preisen und niedrigere bei fallenden Preisen), ist der Trend hier besonders wichtig. Trotz steigender Preise wurde die Produktion nicht weiter erhöht. Gleichzeitig hält die OPEC ihre Fördermengenbegrenzung durch. Das globale Überangebot baut sich dadurch ab. Die Ölnachfrage steigt, das Angebot stagniert. So nähern sich Nachfrage und Angebot einander wieder an.

Das ist und bleibt ein positives Signal für den Ölpreis. Das sehen auch Anleger so, die beiden Ölsorten zu neuen Hochs und somit zu einem Ausbruch verholfen haben. WTI konnte ein Jahr lang nicht über die Marke von 55 Dollar steigen. Jetzt scheint der Ausbruch zu gelingen. Bei Brent war der Preis von 58 ausschlaggebend.

Der Ausbruch wurde von der OPEC gesponsert. Diese kann sich zusammen mit Russland immer mehr für eine zeitliche Ausdehnung der Fördermengenbegrenzung begeistern. Der Deal sollte ursprünglich Anfang 2018 auslaufen. Ohne eine Verlängerung wäre das Angebot rasch um 2 Mio. Barrel pro Tag gestiegen. Die Öl-Rally hätte ein jähes Ende gefunden.

Die Zeichen stehen aktuell auf eine Verlängerung des Deals bis mindestens Ende 2018. Dadurch ist absehbar, dass der Ölmarkt wieder ins Gleichgewicht findet. Das schlägt sich bereits heute in höheren Preisen nieder.

Die Sache hat allerdings einen Haken. Die US-Produktion stagniert zwar und augenscheinlich wird auch nicht mehr investiert (Bohrungen bleiben auf niedrigem Niveau), doch hinter den Kulissen rüsten die Ölunternehmen auf. Mit den Wirtschaftsdaten zum dritten Quartal zeigt sich, dass US-Ölunternehmen entgegen aller Behauptungen ihre Investitionen nicht zurückgefahren haben.

Die Grafik zeigt die annualisierten Investitionen des Öl- und Minensektors. Im Vergleich zu 2014 sind die Investitionen immer noch niedrig. Vergleich man das Niveau jedoch mit der Zeit vor 2011-2014, sind die Summen recht stattlich.

US Produzenten bereiten sich auf eine Produktionsausweitung vor. Wann diese genau kommt, kann man nur erahnen. Die meisten Produzenten sind bei Preisen über 50 Dollar profitabel. Werden 60 Dollar erreicht, macht eine Produktionsausweitung im großen Stil absolut Sinn. Ich gehe daher davon aus, dass der Ölpreis noch etwas steigt (bei WTI an die 60 Dollar), sich dann aber höhere Produktionszahlen in den USA zeigen werden. Das wiederum macht Preise über 60 Dollar bei WTI schwer zu rechtfertigen.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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