Kommentar
10:09 Uhr, 25.08.2017

Sparweltmeister Deutschland - stimmt das wirklich?

Deutschland wird immer wieder vorgeworfen, dass es zu viel spart. Das gilt inzwischen schon als Tatsache, aber ist das wirklich so?

Auch wenn die US-Regierung derzeit andere Sorgen hat, so bleibt Deutschland doch unter Beschuss. Es geht um die hohen Überschüsse im internationalen Handel. Die Leistungsbilanz ist mit 8,5 % der Wirtschaftsleistung nicht nur positiv, sondern geradezu exorbitant positiv. Es gibt ganz wenige Länder, die einen größeren Überschuss erwirtschaften.

Zu den wenigen Ländern, die einen noch höheren Überschuss erwirtschaften, gehören Staaten wie Brunei und Osttimor. Diese kann man kaum mit Deutschland vergleichen, schon allein wegen der Größe nicht. Eine kleine Volkswirtschaft kann sehr viel schneller unbalanciert sein als eine große wie Deutschland.

Die Schweiz und die Niederlande haben auch einen Leistungsbilanzüberschuss, der höher ist als jener von Deutschland. Die Wirtschaftsleistung liegt aber auch hier bei weniger als einem Viertel der deutschen. Das macht das Ungleichgewicht nicht besser, es fällt aber weniger auf und ist in Absolutbeträgen weniger gravierend.

Deutschland steht in der Kritik, weil der Überschuss des einen zwangsläufig das Defizit eines anderen ist.

Die Länder, die ein Defizit ausweisen, sind zahlreicher als die Überschussländer. Defizitländer sind jedoch in der Mehrzahl Entwicklungsländer, die eine kleine Wirtschaftsleistung haben. Ausnahmen dazu gibt es. Brasilien etwa hat die neuntgrößte Wirtschaftsleistung der Welt. Den Braten machen aber vor allem die USA, Saudi-Arabien und Großbritannien fett.

Die Kritik an Deutschland ist nicht ganz unberechtigt. Man kann mit ihr halt nur leider kaum etwas anfangen. Das Ungleichgewicht kommt rein volkswirtschaftlich daher, dass in Deutschland mehr gespart als investiert wird. Der Leistungsbilanzüberschuss gleicht der Sparquote minus Investitionsquote.

Vergleicht man nun die Sparquote der Deutschen mit dem Konsum (siehe Grafik), dann liegt Deutschland vollkommen unauffällig irgendwo im weiten Durchschnitt aller Länder. Oftmals wird Deutschland angeraten einfach mehr zu konsumieren. Mal davon abgesehen, dass man Konsum in der freien Marktwirtschaft nicht einfach verordnen kann, ist Deutschland auch kein Land, welches in auffälliger Weise auf Konsum verzichtet.

Es ist schwierig den Überschuss zu reduzieren, indem mehr konsumiert wird

Höherer Konsum würde die Sparquote senken und so den Überschuss abbauen. Wenn das nicht geht, bleibt nur die Investitionsseite. Der Staat könnte mehr investieren. Letztlich ist das auch eine Möglichkeit, die Sparquote abzubauen. Der Staat erwirtschaftet derzeit ein Plus und spart somit anstatt weiter Schulden anzuhäufen.

Luft für Investitionen gäbe es

So manche Straße verdient diesen Namen nicht mehr und so manches Schuldgebäude ist eine Bruchbude. Die Frage ist, ob man diesen Spielraum nun sofort nutzen sollte oder es lieber tut, wenn die nächste Rezession kommt. Aufgestaute Investitionen lassen sich am sinnvollsten während einer Rezession abarbeiten. Ob die Politik so weitsichtig ist, sei dahingestellt.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb staatliche Ausgabendisziplin Sinn macht. Über kurz oder lang wird der Staat wegen einer immer älter werdenden Bevölkerung und explodierenden Gesundheitskosten ein chronisches Defizit erwirtschaften. Wer jetzt nicht ein wenig diszipliniert ist, hat später nichts zu vergeben.

Wie dem auch sei, die Deutschen sind längst nicht die Sparweltmeister. Trotzdem führen die geringen Investitionen zu einem Ungleichgewicht, welches als Absolutbetrag weltweit einmalig ist. Das darf man schon kritisieren. Vorschläge, wie man es sinnvoll abbauen könnte, ohne gleich die Staatsverschuldung durch die Decke zu treiben, habe ich noch nicht gehört.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • ab 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

14 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Flumi
    Flumi

    Renten / Pensionen vergessen. Dann sieht die Sparqupte anders aus. Wieder einmal die Statistik

    13:04 Uhr, 28.08. 2017
  • solero
    solero

    Herr Kühn, was möchten Sie mit Ihrem Kommentar sagen oder erreichen? Darf TBS seine Meinung nicht mehr kundtun. Die Zahlen stimmen doch. Die Liste ließe sich auch ausserhalb der Flüchtlingsthemas noch beliebig fortsetzen im Bereich Raparaturzahlungen, Hilfen für Israel mit tgl. 50 Mio. Euro usw. Das sind doch einfache Tatsachen.

    15:45 Uhr, 25.08. 2017
    2 Antworten anzeigen
  • P_44
    P_44

    Meine Güte, die unfundierte Kritik von Rassisten möchte ich hier nicht lesen.

    13:57 Uhr, 25.08. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • Wearney
    Wearney

    Ihr habt alle am 24.9. die Wahl...

    13:48 Uhr, 25.08. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • Data75
    Data75

    Wenn eine immer älter werdenden Bevölkerung und explodierende Gesundheitskosten, eines der großen Probleme der Zukunft sind, liegt hier auch die Lösung. Es wird sich durch Kostensenkung im Gesundheitssystem einpendeln. Dann sinkt auch die Lebenserwartung.

    13:04 Uhr, 25.08. 2017
  • Elchness
    Elchness

    In Liberia macht der Konsum also 140% des BIP aus, oder wie verstehe ich die Grafik?

    Welche Komponente des BIP zieht denn die 40% wieder ab?

    12:11 Uhr, 25.08. 2017
  • 3 Antworten anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten