Kommentar
09:57 Uhr, 04.09.2014

Solare Hitze: Wie Sonnenaktivität und Finanzmärkte korrelieren

Es dampft und kriselt rund um den Erdball. Der Deckel wurde vom „Topf der Vernunft“ entfernt. Jetzt brodelt es oben heraus. Wladimir Putin strotzt vor Selbstbewusstsein. Gleiches gilt für Recep Tayyip Erdoğan. Andere Hotspots der Welt - wie einige arabische Länder – befinden sich in völligem Chaos. Gleichzeitig scheinen die Aktienmärkte in den USA und in den Schwellenländern keine Bremse zu kennen. Die Welt suhlt sich kollektiv in einer aufgekratzten, dem Risiko zugeneigten Stimmung.

Ende der 1920er Jahre herrschte eine ähnliche Konstellation. Die Phase der Studentenproteste und der Befreiung vom „Muff“ fiel die zweite Hälfte der 1960er Jahre. In den Jahren 1999/2000 wurde eine wilde Internet-Euphorie zelebriert. Lassen sich diese „Außer-Rand-und-Band“-Zustände auf eine gemeinsame Ursache zurückführen?

Die mögliche Ursache erscheint naheliegend, ist aber physisch weit entfernt. Die pulsierende Kraft unseres Zentralgestirns könnte eine wichtige Rolle spielen. Gemessen wird die solare Aktivität mit Hilfe der Zahl der Sonnenflecken. Zu Beginn eines Zyklus sind Flecken auf der Sonne rar gesät. Im Laufe des Zyklus steigt die Zahl an, erreicht einen Höhepunkt und fällt ab. Dieser Zyklus dauert durchschnittlich elf Jahre. Aktuell ist die solare Aktivität vergleichsweise stark und im Begriff, ein oberes Extrem auszubilden.

Wir haben uns angeschaut, wie sich die Aktienmärkte zum Zeitpunkt der Ausbildung eines Hochpunktes im solaren Zyklus verhielten. Interessant sind die Phasen starker solarer Aktivität. Diese Phasen dauern zwischen zwei und vier Jahren an. In eine solche fiel der Crash von 1929 oder auch der Bärenmarkt von 2000 bis 2002.
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Eine Phase hoher solarer Aktivität hielt für die Aktienmärkte stets einige Überraschungen in negativer Form bereit. Lediglich in den Jahren 1928/29 folgte dem Hochpunkt des solaren Zyklus nicht unmittelbar eine Korrektur. Grafisch stellen wir die Beziehung zwischen dem Verlauf des Dow Jones Index und der solaren Aktivitätszyklen wie folgt dar.

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Man könnte einwenden, dass die Krise von 1973/74 oder auch der Bärenmarkt von 2007 bis 2009 sich nicht im Rahmen dieses Musters abbildet. Eine Antwort darauf: Der Verlauf des solaren Zyklus ist mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar. Es wäre seltsam, wenn sich die Aktienmärkte ausschließlich im Rahmen dieses Zyklus bewegen würden. Mit anderen Worten: Phasen hoher solarer Aktivität gehen mit bewegten Aktienmärkten einher. Bewegte Aktienmärkte finden jedoch nicht nur in Phasen hoher solarer Aktivität statt.

Interessant ist, dass jede Phase starker solarer Aktivität mit einer US-Rezession korreliert (folgender Chart).

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Auch hier gilt: Nicht jede Rezession fand in einer Phase starker solarer Aktivität statt. Aber jede Phase hoher solarer Aktivität zog eine US-Rezession nach sich.

Eine Fortsetzung dieser Serie bedingt zwingend das Auftreten einer weiteren US-Rezession in den kommenden Monaten. Für Europa fällt eine solche Annahme vergleichsweise leicht. Aber für die USA? Angesichts der hervorragenden US-Wirtschaftsdaten, die sich - wie der ISM-Index oder die Erstanträge auf Arbeitslosengeld - nahe ihren positiven Extrempunkten befinden, lässt sich ein „Konjunkur-Peak“ nicht absehen. Andererseits: Eine US-Rezession wird laut dem für die Rezessionsmessung zuständigen Institut NBER von „Peak zu Trough“ gemessen, also vom absoluten Hochpunkt bis zum Tiefpunkt des Konjunkturzyklus. So gesehen könnte sich die US-Wirtschaft in der Nähe des Peaks befinden.

Eine ähnliche Korrelation lässt sich zur US-Inflationsrate ablesen. Dies erscheint logisch, erreicht doch die Inflationsrate auf dem Höhepunkt des Konjunkturzyklus meist ebenfalls ein Hoch.

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Die Inflationsrate liegt derzeit – sollte der Hochpunkt des Konjunkturzyklus unmittelbar bevorstehen – auf einem sehr geringen Niveau. In diesem Zusammenhang erscheint es interessant, dass das aktuelle solare Maximum in der Amplitude demjenigen des Jahres 1928 gleicht (siehe Pfeil obiger Chart).

In den 1920er Jahren erholte sich die US-Wirtschaft von einer schweren Rezession (1920/21). Es begannen die goldenen 1920er Jahre. Allerdings: Die Rohstoffpreise stiegen in den Jahren bis 1929 kaum. Die US-Inflationsrate notierte von 1926 und 1929 zwischen minus 3 und plus 0,5 Prozent. Das Wachstum vollzog sich inflationsfrei (so wie aktuell). Es folgte die große Depression der 1930er Jahre.

Sicherlich kennt die Fed das Szenario. Ihr dürfte ein normaler Konjunkturzyklus mit einem deutlichen Anstieg der Inflationsrate - bei einem aktuellen ISM-Index von 59 Punkten und Erstanträgen unterhalb von 300.000 - lieber sein. Dann wüsste sie, was sie zu tun hätte. So aber irritiert dieser - nicht normale – Konjunkturzyklus. Er erinnert an die 1920er Jahre.

Wie kann man vorhersehen, dass der solare Zyklus im Begriff ist, seinen Hochpunkt auszubilden? Die NASA schätzt den weiteren Zyklusverlauf wie folgt ein.

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Danach wäre der Hochpunkt der solaren Aktivität im Frühjahr 2014 erreicht worden. Das Minimum sollte um das Jahr 2020 herum notiert werden. Die NASA benutzt Methoden, die unter dem angegebenen Quellenlink erläutert

werden. Da eine abnehmende solare Aktivität mit einer schwächeren Inflationsrate korreliert, würde die aktuelle Niedrig-Inflationsphase bzw. gar eine Deflationsphase die Märkte noch eine ganze Weile beschäftigen.

Die Phase starker solarer Aktivität hält bereits seit drei Jahren an. Spätestens nach dreieinhalb Jahren begann in der Vergangenheit eine ruhige Phase. Zwar ist nicht garantiert, dass eine solche Phase die aufgekratzte Stimmung dieser Zeit beendet. In der Vergangenheit war dies jedoch häufiger so.

Die US-Zentralbank hat in einem Papier aus dem Jahr 2003 den Einfluss geomagnetischer, durch solare Eruptionen ausgelöste Stürme auf den Aktienmarkt untersucht und dabei einen Zusammenhang gefunden. Unter anderem heißt es dort: „A large body of psychological research has shown that geomagnetic storms have a profound effect on people's moods, and, in turn, people's moods have been found to be related to human behavior, judgments and decisions about risk“.http://tinyurl.com/6e3l54f

Man kann durchaus der Meinung sein, dass ein solarer Zyklus einerseits und die Finanzmärkte sowie die gesellschaftiche und politische Situation andererseits nichts miteinander zu tun haben. Man kann das Thema aber auch – so wie wir – interessant genug finden, um es einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen.

Robert Rethfeld

Wellenreiter-Invest

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