Kommentar
10:38 Uhr, 02.04.2020

So schlimm wird die Post-Corona-Welt

Man hört es überall: Die Welt nach Corona wird eine andere sein als die Welt vor Corona. Worauf muss man sich einstellen?

Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, hat es gestern gesagt, und viele andere haben es schon vor ihm gesagt: Die Welt nach Corona wird wohl eine andere sein als die Welt vor Corona. "Wann kehren wir zurück zur Normalität? Ich glaube nicht, dass wir zur Normalität zurückkehren. Ich glaube, wir kommen zu einer neuen Normalität", sagte Cuomo bei seinem täglichen Corona-Briefing.

Die Herausforderung besteht vor allem darin, dass selbst nach dem Ende der aktuellen Epidemie das Coronavirus wohl nicht vollständig verschwinden wird. Das Virus könnte in neuen Wellen immer wieder an neuen Orten auftauchen und damit zur dauerhaften Herausforderung werden. Aber selbst die Infektion verschwinden sollte, könnte die Krise das Verhalten und die Lebenseinstellung vieler Menschen dauerhaft verändert haben.

Aber was blüht der Welt nach dem Ende der Coronavirus-Epidemie? Angesichts der Veränderungen der vergangenen Wochen und Monate sind die folgenden Entwicklungen denkbar:

  • Rückabwicklung der Globalisierung, mehr Protektionismus und Bemühungen um Autarkie: Die Corona-Krise hat allen Beobachtern vor Augen geführt, wie riskant es sein kann, auf Medikamente oder andere lebenswichtige Produkte wie Schutzmasken vom anderen Ende der Welt angewiesen zu sein. Nach der akuten Phase der Pandemie dürften deshalb viele europäische Länder dazu übergehen, einen Teil der Produktion ins eigene Land zurückzuverlagern. Die Frage ist, wie intensiv dies umgesetzt wird. Im wahrscheinlichsten Fall wird die Rückabwicklung der Globalisierung nur ausgewählte Produkte von strategischer Bedeutung betreffen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer weitreichenden Neuordnung der Lieferketten und zu einer generellen Importreduzierung aus Ländern wie Indien oder China. Eine Rückabwicklung der Globalisierung bedeutet in diesem Fall vor allem auch ein ärmeres Deutschland. Im Zeitalter der Globalisierung konnte der deutsche Wohlstand wachsen. Deutsche Autos, deutsche Maschinen, deutsche Ingenieursdienstleistungen waren in aller Welt gefragt. Die entglobalisierte Welt wird insgesamt eine ärmere Welt sein, und sie wird ganz besonders Deutschland ärmer machen. Das deutsche Wirtschaftsmodell der vergangenen Jahrzehnte wird in dieser neuen Welt vielleicht nicht mehr so funktionieren wie bisher.
  • Online verdrängt Offline dauerhaft: Das Online-Geschäft hat durch die Pandemie einen weiteren, starken Wachstumsimpuls erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Verlagerung in den Online-Bereich auch nach dem Ende der Pandemie anhält. Das Internet wird unser Leben noch stärker durchdringen als bisher schon. Physische Präsenz wird bei vielen Anlässen nicht mehr nötig sein. Es wird normal sein, im Home-Office zu arbeiten und Arzt- oder Behördengänge virtuell zu absolvieren. Die Investitionen in diesen Bereichen könnten nach dem Ende der Pandemie noch einmal deutlich ansteigen.
  • Weniger Tourismus und Gastronomie, keine Großveranstaltungen mehr: Die Corona-Pandemie könnte die Lebensweise vieler Menschen nachhaltig verändern. Auch nach dem Ende der akuten Phase der Pandemie dürften sich viele Menschen weiterhin verstärkt in den eigenen vier Wänden aufhalten. Menschen werden weniger oft und weniger weit verreisen. Großveranstaltungen dürften für längere Zeit problematisch bleiben. Geisterspiele und Konzerte ohne Live-Publikum könnten zur Normalität werden.
  • Mehr Staatsinterventionismus: Die umfangreichen Hilfsmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie dürften für längere Zeit zu einer größeren Rolle des Staates in der Wirtschaft führen. Denn viele Unternehmen oder gar Branchen werden auch nach dem Ende der Pandemie auf Staatshilfen angewiesen sein. Umfangreichere Staatsbeteiligungen an Unternehmen könnten für längere Zeit normal sein. Der freie Markt wird weiter vom Staat zurückgedrängt und wirtschaftliche Entscheidungen werden verstärkt zu politischen Entscheidungen. Unternehmensverkäufe ins Ausland könnten stark beschränkt werden.
  • Hohe Schuldenlast beim Staat und den Unternehmen: Die Krise wird dazu führen, dass die Verschuldung der Staaten und vieler Unternehmen noch einmal deutlich ansteigen wird. Aus diesem Grund werden Niedrig- und Negativzinsen wohl endgültig zur Dauereinrichtung werden. Die Monetarisierung der Staatsschulden wird alternativlos sein. Geldmenge und Inflation werden anziehen. Die "finanzielle Repression" wird zunehemen, Anstiege bei den Mieten könnten noch in einem viel stärkeren Maße als bisher von staatlicher Seite bekämpft werden. Große Vermögen könnten stärker besteuert werden als bisher.
  • Weniger Freiheit, weniger Demokratie, mehr Überwachung?: Die Corona-Pandemie hat möglicherweise die Büchse der Pandora geöffnet: Bürgerliche Freiheitsrechte wurden in viel stärkerem Maße eingeschränkt, als dies vor Beginn der Krise möglich erschien. Demnächst soll eine neue App (auf freiwilliger Basis) die Bewegungen der Menschen noch inteniver überwachen, als das bisher schon der Fall war. Gut möglich, dass Apps wie diese über kurz oder lang nicht nur zur Eindämmung der Corona-Pandemie, sondern zum Beispiel auch zur Verbrechensaufklärung oder zur allgemeinen Überwachung der Gesellschaft eingesetzt werden. Bürgerliche Freiheiten, Grundrechte und der Datenschutz könnten dauerhaft in Gefahr geraten. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise dürften zudem den politischen Rändern Auftrieb geben und könnten antidemokratische Tendenzen verstärken.

Lesen Sie auch: Corona-Krise: Wie man das Schulden-Problem „löst“


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  • student
    student

    jeder Ami, der Arbeitslos wird, verliert auch seine betriebliche Krankenversicherung.

    Da kann er dann entweder sich selbst bei Krankheit die Kugel geben oder mit seinem Waffenarsenal Amok laufen.

    Wer dann noch Freund von Feind unterscheiden kann, hat´s noch gut.

    02:30 Uhr, 03.04.2020
  • student
    student

    In Zeiten vor Corona waren die Banken pleite und werden nur noch durch das IAS am als Zombiebanken am Leben gehalten.

    In der Zeit nach Corone sind die Banken noch pleiter . . .

    02:23 Uhr, 03.04.2020
  • 1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    kaufe mindestens ein w

    18:38 Uhr, 02.04.2020
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    Börse macht ja bei GT keiner mehr aber 19:00 würde ich im Dax mal ein Auge auf die 615,50

    werfen

    18:22 Uhr, 02.04.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    Trotz dessen ist die Höhe der Grundleistungen nach dem AsylbLG ab dem 01.01.2020 mit 351 Euro pro Monat pro alleinstehende erwachsene Person rund 19 Prozent niedriger als die Leistungshöhe nach dem Sozialgesetzbuch II („Hartz IV“) mit 432 Euro pro Monat pro alleinstehende erwachsene Person. Dieser Unterschied ergibt sich daraus, dass bestimmte Positionen mit unterschiedlichen Begründungen aus dem Regelsatz herausgerechnet wurden und dann entweder entfallen oder zusätzlich gewährt werden müssen. Zum Regelsatz hinzu kommen noch die Kosten für Unterkunft, Heizung, Warmwasser sowie Möbel und Einrichtungsgegenstände, die meist als Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets können – genau wie in der regulären Sozialhilfe – in Anspruch genommen werden. Nach frühestens 18 Monaten des Aufenthaltes beziehen Flüchtlinge Leistungen analog dem Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe). Diese entsprechen der Höhe des „Hartz IV“-Satzes. Zuständig für die Berechnung und Zahlung der Sozialleistungen ist das jeweilige Sozialamt. Eine genaue Übersicht über die Höhe der Leistungen erhalten Sie hier.

    17:49 Uhr, 02.04.2020
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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