Kommentar
20:45 Uhr, 17.08.2018

So entkommen die USA der Rezession

Ich gehöre zu der Fraktion, die einen Rezessionsbeginn innerhalb der nächsten 12-18 Monate favorisiert. Dabei kann ich nicht oft genug darauf hinweisen, dass es sich dabei um eine milde Rezession handeln wird, also nicht wie 2008/09. Es gibt eine Wachstumsdelle, aber keinen katastrophalen Einbruch des Wachstums.

Diesen Standpunkt vertrete ich schon seit einer Weile. Es gibt aber auch Gründe, weshalb es ganz anders kommen kann. Mit ‚anders‘ meine ich nicht ein schlimmeres Szenario, sondern ein positives, indem es zu keiner Rezession kommt. Einen Anhaltspunkt darauf, dass es noch jahrelang mit dem Wachstum weitergehen kann, gibt das Kreditwachstum.

Kredit ist das Schmiermittel des Wachstums. Bis Anfang 2018 sah es an dieser Stelle düster aus. Firmenkunden nahmen immer weniger Kredit auf. Das Kreditwachstum erreichte die Marke von 0 %. Es fehlte wirklich nicht mehr viel und das Kreditvolumen wäre geschrumpft. Das ist für gewöhnlich ein zuverlässiger Rezessionsindikator.

Dazu ist es nun nicht gekommen. Vielmehr hat sich das Wachstum wieder deutlich beschleunigt und liegt inzwischen bei mehr als 6 % auf Jahressicht. Banken lockern zudem ihre Vergabekriterien. Die Vergabekriterien sind ein guter Vorlaufindikator für das Kreditwachstum. Aus dieser Perspektive sollte Kredit bis 2020 problemlos weiter sprudeln. Das passt nicht zu einer Rezession.

Was ebenfalls nicht zu einer Rezession passt, ist das Transportaufkommen (Grafik 2). Die Nachfrage nach Transport, insbesondere für Waren, ist so hoch wie noch nie. Im Normalfall geht die Nachfrage bereits vor Beginn einer Rezession zurück. Davon ist nichts zu sehen.

Ist damit alles in Ordnung und jegliche Sorge um die US-Wirtschaft unnötig? Nicht ganz.

Das Kreditwachstum ist vor allem deswegen wieder positiv, weil der Ölpreis hoch ist. Banken finanzierten bis 2015 den Schieferölboom. Als die Ölpreise einbrachen, wurde der Geldhahn zugedreht. Jetzt ist er wieder offen und Ölfirmen besorgen sich im Stundentakt neue Milliarden von ihren Banken. Sie haben viel aufzuholen. Es ist also ein Sonderfaktor. Ohne diesen Faktor wäre das Kreditwachstum sehr viel bescheidener.

Der Transportindex zeigt keine Schwäche, doch auch hier lässt sich ein Sonderfaktor identifizieren. Durch den boomenden Internethandel wird mehr transportiert. Früher musste die Ware einmal ins Geschäft transportiert werden. Heute muss sie ins Lager, ins Verteilerzentrum usw. Teils wird die Ware auch nach wie vor ins Geschäft geliefert und von dort dann ein zweites Mal zum Kunden nach Hause. Dieses Konzept gilt vor allem für Lebensmittellieferungen.

Die Stärke des Transportindex ist Ausdruck eines Wandels wie Menschen einkaufen und nicht unbedingt ein Zeichen der Stärke der Wirtschaft an sich. Zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass die USA stark vom Dienstleistungsgewerbe abhängig sind. Hier zeigt der Einkaufsmanagerindex wieder nach unten (Grafik 3).


Man muss die Dinge nicht immer negativ sehen. Viele Argumente, die für einen fortgesetzten Aufschwung sprechen, entpuppen sich auf den zweiten Blick als Ente.

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9 Kommentare

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  • German2
    German2

    Aufschwung über Geld drucken.. Abschwung über Geldentzug.. ganz einfach....

    09:14 Uhr, 19.08.2018
  • amateur
    amateur

    Hier scheinen zwei im falschen Blog zu sein. Die Welt geht gerne bei A. Hoose unter...

    16:41 Uhr, 18.08.2018
    1 Antwort anzeigen
  • maykaefer
    maykaefer

    Die Börsengeschichte lehrt uns: Die nächste Rezession wird nie so sein wie die vorherige !!!

    15:05 Uhr, 18.08.2018
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Trump hat dem „Wirtschaftsaufschwung“ als dieser bereits Falten bekam nochmals eine Botoxspritze verpasst. Wie am Trend der Wirtschaftsdaten jedoch unschwer zu erkennen ist, lässt die Wirkung bereits deutlich nach und es wird nicht mehr lange dauern, bis die Zinsstrukturkurve invers wird.

    FED-Powell munitioniert die US-Notenbank indessen unverdrossen mit 2 weiteren Zinserhöhungen in 2018 für das kommende Debakel auf. Die EZB im Vergleich zur FED sieht dem Wirtschaftsabschwung mit einer nicht einsatzfähigen „Dicken Bertha“ entgegen.

    2019/ 2020 dürfte es für die Gelddrucker zum Offenbarungseid kommen und spätestens wenn die Notenbankster in schierer Verzweiflung QE-Unendlich plus Helikoptergeld ins Spiel bringen wird aus der „goldenen Enttäuschung des Jahres“ ein Asset das dann jeder gerne hätte, aber welches nur die wenigsten tatsächlich besitzen.

    15:05 Uhr, 18.08.2018
  • Newton1642
    Newton1642

    Beide genannten Indikatorensagen rein gar nichts über die kommende Rezession aus. Sie wird heftiger als 2008/2009 und auch heftiger als 1929. Die Monetaristen um Friedman und sämtliche Notenbanker haben auf ganzer Linie versagt. Die Zeche wird bereits in diesem Jahr beginnend bezahlt werden. Es wird böse!

    00:56 Uhr, 18.08.2018
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Da haben wir noch mal Glück gehabt

    21:20 Uhr, 17.08.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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