Slippage - Direkt und indirekt - Das muß man wissen!
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Slipagge ist die Differenz zwischen dem vom Anleger gewollten und erwarteten Ausführungskurs zum Zeitpunkt der Orderaufgabe und dem tatsächlich ausgeführten Kurs. Als Anleger dürfte bekannt sein, dass man oft beim aktiven Handeln einen "schlechteren" Einstiegskurs erhält, als man ihn erwartet.
Nehmen wir als Beispiel eine Stoplossabsicherung einer Aktienposition. Sie platzieren Ihr Stoploss bei 80 Euro. Fällt der Kurs der gehaltenen Aktie unter 80 Euro, wird die Stoplossorder aktiviert. Die Order wird zu einer Marketorder, zu einer unlimitierten Order umgewandelt und es wird entsprechend den Verhältnissen im Orderbuch besagter Aktie sofort verkauft. Handelt es sich beispielsweise um eine illiquide Aktie, kann es sein, dass unterhalb von 80 Euro kaum Orders auf der Bid-Seite stehen oder aber nur deutlich tiefer. Die Folge ist die, dass zu deutlich tieferen Kursen unter 80 Euro verkauft wird. Sie haben dadurch einen deutlich schlechteren Kurs bekommen, als eigentlich durch das 80er Stoploss erwartet.
Weiteres Beispiel. Sie handeln in einem liquiden aber temporär "schnellen" Markt. Nach schlechten Wirtschaftsdaten beginnt der S&P Future stark zu fallen. Sie wollen den Sell Off shorten (leerverkaufen) und sich in den schnellen Abverkauf short positionieren, um von den Kursverlusten profitieren. Bei schnellen Abverkäufen gibt es keine andere Möglichkeit als schnell market (unlimitiert) zu shorten. Da der Future aber so schnell fällt, da die Bid-Seite im Orderbuch immer schneller nach unten nachgibt und die Ask-Seite immer stärker anschwillt und in den First Level drückt, kommt man oft erst dann mit seinem Short zum Zuge, wenn die Kurse bereits deutlich nachgegeben haben. Die Diskrepanz zwischen dem eigentlichen ursprünglich von Ihnen erwarteten Einstiegskurs und dem Kurs, zu dem Sie dann zum Zuge kommen, ist meist erheblich. Meist dreht der Markt genau dann wieder nach oben, wenn man nach mehrfachem Nachstellen zu deutlich tieferen Kursen in seine Shortposition gekommen ist.
Bis hierher haben wir den Slippage-Effekt auf Basis des normalen Marktgeschehens kennengelernt. Bis hierher wird sich der Anleger auch sagen "Gut, das ist zwar ärgerlich, dass ich einen schlechter als erwarteten Einstiegskurs erhalten habe, aber ich kann es nachvollziehen ... Unter meinem Stoplossniveau lagen keine Kauforders im Markt ... Der von mir gehandelte Basiswert ist ohnehin iliiquide ... Das wußte ich davor ... Das habe ich tendenziell auch so einkaluliert ... Und es liegt auch in der Natur des Marktes, dass wenn kurzfristig ein extremes Überangebot auf der Ask-Seite besteht, ich als möglicher Verkäufer eben mit den zahlreichen anderen Verkäufern konkurriere und deshalb erst zu tieferen Kursen in meinen Short hineinkomme ..."
Jetzt kommen wir aber zu Slippage-Effekten, die nicht nur der zu grundeliegende Markt bedingt sind, sondern Marktteilnehmer, die in das Marktgeschehen zwischengeschaltet sind und für mich als Anleger modulierend tätig sind. Das sind Onlinebroker wie Consors, Comdirect, DAB Bank, ING usw., das sind Emittenten, die dem Anleger Zertifikate anbieten, das sind CFD Market Maker, die dem Anleger CFDs anbieten.
Durch deren ausführende, modulierende Funktion entstehen dem Anleger zusätzlich Kosten, die ebenfalls als Slippagekosten zu klassifizieren sind. Ich meine damit nicht die Transaktionsgebühren, ich meine damit auch nicht das Aufgeld bei Zertifikaten. Nein, letzteres sind alles Kostenfaktoren, die dem Anleger im Vorfeld eindeutig bekannt sind und die eine eindeutige Berechungsgrundlage haben. Was ich mit Slippagekosten meine sind unter anderem die versteckten Kosten, die durch das Hedging der Produkte, also beispielsweise von Zertifikaten oder CFDs zustandekommen. Die Emittenten und Market Maker müssen sich hedgen, Sie müssen die Orders am zu grundeliegenden Markt umsetzen.
Und im Rahmen dieses Hedgings entstehen Slippagekosten. Einerseits sind es direkt marktbedingte Slippagekosten, andererseits handelt es sich um indirekte Slippagekosten, die die hedgende Partei als Gewinn einstreicht. Direkt marktbedingte Slippagekosten können so aussehen, dass plötzlich sehr viele Anleger mit einem hohem Volumen CFDs beispielsweise auf die Allianzaktie ordern. Der CFD Market Maker muß diese Orders nun am zu grunde liegenden Markt umsetzen (hedgen). Er kauft Allianzaktien. Wenn die Nachfrage auf der Käuferseite sehr hoch ist, dann steigen automatisch die Kurse. Das ist nachvollziehbar, das ist vom Anleger zu akzeptieren, bei starker Kaufnachfrage erhält man schlechtere, sprich höhere Kaufpreise. Das ist normal. Es ist auch normal, dass sich in schnellen Märkten die Spreads auseinanderziehen. Das ist normal. Diese Markthintergründe muß der Anleger verstehen.
Indirekte Kosten, die dadurch entstehen, dass der Market Maker Ihnen als Anleger einfach einen höheren Preis abnimmt, obwohl der zu grundeliegende Markt ein günstigeres Pricing zulassen würde, sind der Gewinn des Market Makers. Es sind versteckte Kosten.
Und hier schließt sich der Bogen der Ausführungen in diesem Beitrag. Da es bei den CFD Market Makern in Deutschland bisher noch keine echte Konkurrenzsituation wie beispielsweise bei den Emittenten von Zertifikaten gab, sind die indirekten Slippagekosten vergleichsweise hoch. Sie bezahlen zwar entweder gar keine oder sehr geringe Transaktionsgebühren, dafür können aber indirekte verstreckte Kosten durch Slippage anfallen. Das sollte man als Anleger wissen.
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