Kommentar
13:36 Uhr, 05.09.2016

Sinnvolle Währungsabsicherung am Beispiel des MSCI World

Viele Anleger möchten zunehmend weltweit investieren, z.B. mit einem „Weltfonds“ wie dem MSCI World Index oder dem MSCI All Country World Index, welcher die Länder des MSCI World (23 Industrieländer) mit den Wachstumsmärkten des MSCI Emerging Markets Index (23 Schwellenländer) verbindet.

Dabei sorgen sich Investoren verstärkt über Wechselkursrisiken, inbesondere aufgrund der historisch einzigartigen Interventionen der Notenbanken rund um den Globus. Durch die teils drastische Zinspolitik von Fed, EZB und Co. hatte die Volatilität der Währungsmärkte während und nach der Finanzkrise 2008 deutlich zugenommen. (1)

Diesen Währungseffekt bekamen beispielsweise Käufer von japanischen Aktien im Jahr 2013 deutlich zu spüren. Während der ersten 9 Monate wertete der Yen gegenüber dem Euro aufgrund des „Quantitive Easing“-Programms der Bank of Japan um 30 % ab. Zwar explodierte der japanische Aktienmarkt förmlich in dieser Phase, sodass Euro-Anleger im MSCI Japan dennoch mit 15 % Kursplus zufrieden sein konnten, aber professionelle Anleger, die zu dieser Zeit mit währungsgesicherten Produkten, z.B. mit einem Euro-gehedgten Indexfonds, investierten, erzielten bis zu 50 % Kursgewinne auf ihre Aktien, da der negative Währungseffekt nicht belastete. (2)

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Währungsschwankungen können für und gegen Anleger laufen. Wer außerhalb des Euro-Raums investiert, geht neben dem generellen Marktrisiko auch ein nicht unerhebliches Währungsrisiko ein. Mit ETFs auf Basis währungsgesicherter Indizes kann dieses Risiko minimiert werden.

Warum aber „Hedge-ETFs“ keine Allround-Lösung sind und welche alternative Strategie ich bevorzuge, das möchte ich Ihnen am Beispiel des MSCI World Index zeigen.

Wo das Währungsrisiko des MSCI World Index steckt

Der MSCI World Index bildet die Wertentwicklung von 1.640 Einzelaktien aus 23 „entwickelten Märkten“ ab. (3) Da man einen Index selbst nicht kaufen kann, es handelt sich ja nur um ein Kursbarometer, schauen wir uns exemplarisch einen großen Indexfonds von iShares auf den MSCI World Index an.

Regionale Aufteilung des MSCI World Index

Am 02.September 2016 war der MSCI World Index ETF von iShares (ISIN IE00B0M62Q58) wie folgt allokiert.

Vereinigte Staaten (USA) 59,03 %
Japan 8,68 %
Vereinigtes Königreich (UK) 7,23 %
Kanada 3,57 %
Frankreich 3,57 %
Deutschland 3,34 %
Schweiz 3,32 %
Australien 2,61 %
Hongkong 1,28 %
Niederlande 1,26 %
Spanien 1,13 %
Schweden 1,01 %
Andere 3,98 %

Was auf den ersten Blick nach einer stark verzerrten und möglicherweise unlogischen Verteilung des Aktienkapitals aussieht – es entfallen nahezu 60 % des Fondsvermögens auf die USA – erschließt sich, wenn man das Gewichtungsverfahren des MSCI World Index nach der Marktkapitalisierung berücksichtigt.

Indexkonstruktion nach Marktkapitalisierung führt zu regionalen Schwerpunkten

Die USA sind mit Abstand, natürlich auch aufgrund der stark gestiegenen Aktienkurse der letzten Jahre, der „wertvollste“ Aktienmarkt der Welt. Während der Finanzkrise 2008 lag der Anteil der US-Aktien hingegen deutlich unter 50 %.

Mit der Methode der Marktkapitalisierung partizipieren Anleger immer von der aktuellen Börsenentwicklung, was dem Anlageprinzip nach der Markteffizienzhypothese von Eugene Fama (1970) und einer daraus resultierenden, langfristigen „Kaufen-und-Halten-Strategie“ entspricht.

Ich hatte schon in anderen Artikeln darauf hingewiesen, dass es effizientere Gewichtungsmethoden für Indizes, wie z.B. das Value- oder SmallCap-Investing, gibt.

Als gleichberechtigte Alternative zur Gewichtung nach der Marktkapitalisierung hat sich die Gewichtung nach dem BIP, also dem Bruttoinlandsprodukt, etabliert. Bei dieser Auswahlmethode werden die Regionen und Unternehmen nicht nach der Größe ihres Aktienmarktes bzw. Börsenwertes gewichtet, sondern nach der Wirtschaftsleistung ihrer Länder. Auch wenn die Popularität der Marktkapitalisierungsmethode bei den Indexkonstrukteuren deutlich überwiegt, gibt es doch einige Indexfonds-Anbieter, die nach der BIP-Methode gewichten. So zum Beispiel der ETF-Dachfondsanbieter easyfolio. (4)

Die 10 größten Positionen im MSCI World Index ETF

Was sich schon anhand der regionalen Verteilung der Aktien-Allokation ableiten lässt, wird nochmals deutlich, wenn wir uns die größten Einzelaktien im iShares MSCI World UCITS ETF anschauen. Übrigens kann man sich auf der Seite des Indexfondsabieter eine Liste aller 1.624 Einzelaktien im ETF ansehen und herunterladen. (5)

Apple Inc. 1,76 %
Microsoft Corp. 1,29 %
Exxon Mobil Corp. 1,08 %
Johnson & Johnson 0,98 %
Amazon Com Inc. 0,91 %
General Electric 0,87 %
Facebook Class A Inc. 0,86 %
Nestle SA 0,76 %
AT&T Inc. 0,75 %
JPMorgan Chase & Co 0,75 %

9 der 10 größten Unternehmen im MSCI World Indexfonds sind US-Konzerne. Daraus wird bereits ersichtlich, dass Anleger in diesem Fonds verstärkt in den US-Dollar investieren.

Indexfondsanbieter Lyxor bietet auf der Produktinformationsseite des hauseigenen MSCI World Indexfonds (ISIN FR0010372201) eine Übersicht der Währungsverteilung des Index. (6)

Währungsallokation im MSCI World Index

US-Dollar (USD) 59,7 %
Euro (EUR) 11,0 %
Japanischer Yen (JPY) 8,8 %
Britisches Pfund (GBP) 7,1 %
Kanadischer Dollar (CAD) 3,5 %
Schweizer Franken (CHF) 3,3 %
Australischer Dollar (AUD) 2,7 %
Andere Währungen 3,9 %

Mit dieser Übersicht wird klar, dass sich der geneigte MSCI World Indexfonds-Anleger ein Potpourri internationaler Wechselkurse mit Schwerpunkt US-Dollar in das Depot kauft.

International tätige Konzerne betreiben Währungshedging

Nähert man sich dem schier unlösbarem Währungswirrwar eines globalen Fondsportfolios, dann werden einige, auf den ersten Blick unkalkulierbare Risiken schnell abgemildert.

Zuerst kann man feststellen, dass nahezu alle international tätigen Unternehmen heute ein effektives Risikomanagement betreiben, das die Kursschwankungen an den Währungsmärkten im Auge behält. Die sich täglich ändernden Wechselkurse beeinflussen nämlich teils erheblich die Einkaufs- und Absatzpreise der Konzerne. Spezialisierte Fachabteilungen steuern mit Finanzprodukten wie Forwards und Futures die Liquidität des Unternehmens. Das derzeit niedrige Zinsniveau hilft den Unternehmen zusätzlich sich günstig gegen Fremdwährungsrisiken abzusichern. (7)

Rebalancing des Fonds glättet Währungseffekte

Ein weiterer Pluspunkt des MSCI World Index ist seine Flexibilität. Durch die quartalsweise Überprüfung der Indexkomponenten wird auch die Währungsallokation automatisch angepasst. Besonders gut laufende Wirtschaftsräume (und damit auch ihre Währungen) steigen in der Gunst der auf Marktkapitalisierung beruhenden Auswahlmethode, wohingegen schwächere Regionen ganz von alleine an Einfluss auf das Gesamtportfolio verlieren.

Währungsgesicherte Indexfonds als Alternative

Als Möglichkeit die schwankenden Währungseffekte komplett auszuschließen, bieten mittlerweile zwei Indexfondsanbieter währungsgesicherte ETF-Lösungen auf den MSCI World Index an.

Der dafür zugrunde liegende, angepasste MSCI World Hedged to EUR Index friert dabei die Wechselkurse zum Zeitpunkt des Kaufs für den Anleger ein. Für den Indexanbieter, in diesem Fall MSCI, ist diese Aufgabe nicht allzu schwer, da nur umgerechnet werden muss.

Für die Indexfondsanbieter hingegen ist die Aufgabe des Währungshedgings mit zusätzlichem Aufwand und Risiko verbunden, da Derivate eingesetzt werden, die das ETF-Portfolio absichern. Die einkalkulierten Risikomargen für den Fondsanbieter und die durch das Trading anfallenden Zusatzkosten belasten selbstverständlich die Gesamtkostenquote des Fonds. Die beiden zur Verfügung stehenden währungsgesicherten ETFs von iShares und dbx-trackers sind damit leicht teurer als ihre ungesicherten Pendants.

1) db x-trackers MSCI World Index UCITS ETF 4C (ISIN LU0659579733) (8)

2) iShares MSCI World EUR Hedged UCITS ETF (ISIN IE00B441G979) (9)

Ob währungsgesicherte ETFs nun sinnvoll sind oder nicht, lässt sich leider nicht pauschal beantworten, da Währungseffekte sehr komplex wirken.
In einer globalisierten Welt sind die Wirtschaftsräume zudem immer enger vernetzt. Einerseits haben Wechselkurse Einfluss auf die Gewinne der Unternehmen, andererseits können sie positiv oder negativ auf die Aktienkurse wirken.
In der Fachliteratur zu „passivem“ Investieren (Buy-and-Hold mit Indexfonds) wird von Währungsabsicherungen bei Aktienfonds grundsätzlich abgeraten. Als Basistheorie dient dabei die Annahme, dass sich Wechselkurseffekte langfristig ausgleichen, insbesondere beim Tauschverhältnis von Währungen entwickelter Märkte. (10)

Andererseits können Währungsabsicherungen zu deutlichen Mehrerträgen führen, wie das zu Beginn angeführte Beispiel des MSCI Japan in 2013 gezeigt hat. Euro-Anleger wären ebenfalls mit einer währungsgesicherten Investition auf den MSCI World Index langfristig besser gefahren, zumindest wenn man die Betrachtung auf den Zeitraum von 2001 bis 2016 eingrenzt. (Siehe Grafik im Anhang) (11) Ab Beginn des neuen Jahrtausendes wertete der Dollar zum Euro tendenziell ab, auch wenn sich diese Entwicklung in den letzten Jahren umgekehrt hat.

Wer also erst ab 2006 auf eine währungsgesicherte Variante des MSCI World Index gesetzt hätte, der wäre gegenüber dem klassischen MSCI World Indexfonds deutlich schlechter gefahren, da der Euro-Dollarkurs von über 1,40 USD auf unter 1,10 USD fiel. (siehe EUR-USD Chart im Anhang).

Wie sollte man als Anleger nun agieren?

Meine Strategie um Währungseffekte zu nutzen

Um keine allzugroßen Währungsrisiken einzugehen, handele ich nach meiner Strategie des „richtigen Augenmaßes“.

Grundsätzlich folge ich dabei der Annahme, dass sich die Währungseffekte auf sehr lange Zeiträume ausgleichen. Sollte ich also mit meinem Einstieg, z.B. beim MSCI World Indexfonds in den Dollar, ein ungünstiges Timing haben, so kann ich mich darauf verlassen, dass dieser „Fehler“ langfristig ausgeglichen wird.

Zum Zweiten schaue ich mir den Euro-Dollar-Chart im langfristigen Bild an (siehe Grafik im Anhang) und sehe, dass sich die Theorie in der Praxis in Form eines seitwärtsgerichteten Bandes wiederfindet.

Um also meinen Einstieg in den Dollar zu optimieren, schaue ich mir diese Grafik an und kann folgende Strategie ableiten.

1) Steht der EUR-USD-Wechselkurs über 1,30 USD, besser noch 1,40 USD, dann empfiehlt sich eine Investition in einen klassischen, ungesicherten, Indexfonds.
2) Steht der EUR-USD-Wechselkurs unter 1,10 USD, besser noch 1,00 USD, dann empfiehlt sich eine Investition einen währungsgesicherten Indexfonds (EUR-hedged).

Diese Strategie basiert auf der historischen Kursentwicklung des Euro-Dollar und ist selbstverständlich keine Garantie für die zukünftige Entwicklung dieses Währungspaars.

Anmerkung zu 2) Wer der Konstruktion der währungsgesicherten Indexfonds aufgrund der eingesetzten Finanzderivate nicht über den Weg traut, kann ganz einfach seine Aktienquote im Euroraum vergrößern und gleichermaßen Aktien aus US-Dollarräumen verkaufen.

Fazit

Wechselkurse spielen für international anlegende Investoren eine große Rolle und haben an Einfluss aufgrund der expanisven Notenbankenpolitik seit der Finanzkrise zugenommen. Langfristige Anleger in MSCI World Indexfonds können darauf vertrauen, dass die Währungseinflüsse in der langfristigen Entwicklung nicht stark ins Gewicht fallen.
Um einen Einstieg mit Augenmaß zu finden, empfiehlt es sich, auf langfristige Charts der Wechselkurse zu schauen und Extremzonen in der meist seitwärtsgerichteten Schwankungsbreite der Kurse zu identifizieren. Dann können unter Umständen auch währungsgesicherte Indexfonds einen positiven Beitrag leisten.

Viele Grüße

Jakob Penndorf

--

(1) What To Expect In FX In This Low Vol Environment? – HSBC. Zusammenfassung der HSBC Macro Currency Strategy vom 25.04.2014 auf efxnews.com. Abgerufen am 05.09.2016.

(2) Anlagestrategie. Der Trick mit der Währung. Handelsblatt-Online-Artikel vom 25.09.2013, abgerufen am 05.09.2016.
(3) Factsheet des MSCI World Index (USD) auf MSCI.com mit Stand 29.07.2016, abgerufen am 05.09.2016.
(4) Länderallokation: Gewichtung nach Marktkapitalisierung oder BIP? Wissensartikel auf easyfolio.com. Abgerufen am 05.09.2016 
(5) iShares MSCI World UCITS ETF (Dist). Produktinformationsseite auf iShares.com. Abgerufen am 05.09.2016. Keine Kaufempfehlung des Autors.
(6) Lyxor MSCI World UCITS ETF. Produktinformationsseite auf lyxoretf.de. Abgerufen am 05.09.2016. Keine Kaufempfehlung des Autors.
(7) Devisen-Hedging – Punktgenaue Absicherung für Exporteure. The Wall Street Journal – Onlineartikel vom 02.11.2013, abgerufen am 05.09.2016.
(8) Keine Kaufempfehlung des Autors.
(9) Keine Kaufempfehlung des Autors.
(10) Bspw. von Gerd Kommer, Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen, erschienen 2011.
(11) Grafik entnommen aus dem Factsheet des MSCI World Daily Hedged to EUR Index, abgerufen am 05.09.2016.

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Über den Experten

Jakob Penndorf
Jakob Penndorf

Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

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