Kommentar
16:31 Uhr, 21.09.2021

Sinkende US-Inflation: Freifahrtschein für QE?

Bei 5% Inflation kann die Notenbank nicht ernsthaft behaupten, dass es QE braucht, um Deflation zu verhindern. Nun sinkt die Inflationsrate wieder. Das kommt der Fed vor ihrem morgigen Zinsentscheid gerade recht. Kann QE damit länger laufen?

Im Juni erreichte die US-Inflationsrate ihr bisheriges, zyklisches Hoch bei 5,3 %. Im Juli und August fiel die Inflationsrate wieder etwas. Sie steht nun bei 5,2 % . Den Rückgang von 5,3 % auf 5,2 % kann man gewiss nicht als dynamische Trendwende nach unten beschreiben, aber es ist ein Anfang. Die Notenbank beteuert seit mehreren Monaten, dass der Inflationsanstieg nur vorübergehend ist. Es wirft gewaltige Fragen auf, wenn sie einen Monat nach dem anderen nicht Recht bekommt. Jetzt gibt es erste Hinweise, dass die Inflation vielleicht doch nur vorübergehend ist. Das dürften Notenbanker und einige Analysten zumindest hoffen.

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Hoffen darf man. Hoffnung ist nicht gleichbedeutend mit Fakten, doch selbst dort scheint die Fed Recht zu bekommen. Der bisherige Inflationsanstieg wurde an wenigen Komponenten festgemacht. Zu diesen zählten die Preise von Gebrauchtwagen und Flugtickets, die zeitweise um mehr als 20 % anstiegen (Grafik 2).
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Die Sonderfaktoren, die diesen Preisanstieg ermöglicht haben, ebben ab. Daraus wird geschlussfolgert, dass das Schlimmste nun hinter uns liegt. Die Preise von Flugtickets und Gebrauchtwagen werden nun immer weniger schnell steigen und Abwärtsdruck auf die Inflation insgesamt ausüben.

Fed-Chef Powell sieht sich bereits bestätigt. Die Freude kommt jedoch zu früh. Einige Sonderfaktoren mögen abebben, andere halten weiterhin an. So steigen die Preise für Neuwagen weiterhin munter an. Da die Chipkrise nicht vor Sommer 2022 beendet sein wird, lösen die einen Sonderfakten die bisherigen einfach ab.

Noch viel gravierender als der Preisanstieg aufgrund von Lieferengpässen ist die mit Abstand größte beitragende Komponente der Inflation: Mieten. Hauspreise stiegen in den USA in den letzten 100 Jahren nur während des Zweiten Weltkrieges schneller als jetzt (Grafik 3). Damals war die Wirtschaft auf Krieg ausgerichtet und es wurde wenig neuer Wohnraum geschaffen. Wohnraum war bei wachsender Bevölkerung einfach sehr knapp.

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Hauspreise gehen der Mietentwicklung ungefähr 10 Monate voraus. Vor 10 Monaten begann der enorme Preisauftrieb, sodass in den kommenden Monaten mit einer immer höheren Mietpreisinflation gerechnet werden muss. Mieten machen in den USA ein Drittel des Warenkorbes aus, mit dem die Inflation gemessen wird.

Wie schlimm es werden kann, zeigt Grafik 4. Wohnungen, die neu vermietet werden, zeigen einen Preisanstieg, der inzwischen bei mehr als 10 % liegt. Bleibt dieser Trend bestehen, kann die Inflationsrate in den USA praktisch nicht auf 2 % fallen wie es die Fed für 2022 prognostiziert.

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Bleiben alle anderen Preise konstant, dürfte die Inflationsrate allein wegen des Mietanstiegs bei mehr als 2 % liegen. Auch Mieten werden nicht ewig so schnell ansteigen wie in den kommenden Monaten. Nach derzeitigem Erkenntnisstand dürfte die Inflation jedoch nicht Richtung 2 % fallen, sondern bei mehr als 3 % verharren

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • rene900327
    rene900327

    Wie kann es eigentlich sein, dass in den USA Mieten ein Drittel des repräsentativen Warenkorbes ausmachen und in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von Eurostat (nach dessen Regeln ja in sämtlichen EU-Ländern die offizielle Inflation gemessen wird) Mieten mit gerade mal ca. 6,5% der Lebenshaltungskosten einfließen!?

    13:17 Uhr, 22.09. 2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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