Kommentar
11:28 Uhr, 23.01.2017

Sind China und Mexiko wirklich das Problem?

Trump bleibt dabei: Mexiko wird für die Mauer zahlen. Die Mauer soll zwar Wirtschaftsflüchtlinge abhalten, doch sie ist viel mehr. Sie ist ein Symbol der Politik, welches auch in der heutigen Antrittsrede großes Thema war.

Im Fadenkreuz stehen auch nach dem Wahlkampf immer noch Mexiko und China. Sie werden für die Abwanderung der Produktion verantwortlich gemacht. Tatsächlich lässt sich ein gewisser Zusammenhang nicht ganz leugnen. Die Sache ist aber – wie so häufig – etwas komplizierter.

Der Republikaner macht vor allem das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) für das Missverhältnis zwischen Mexiko und den USA verantwortlich. Da ist schon etwas dran. Grafik 1 zeigt den Handel der USA mit Mexiko. Die USA hatten mit Mexiko schon in den 80er Jahren ein Handelsbilanzdefizit, doch es war im Bereich von -5 % bis -10 % des gesamten Handelsvolumens.

Kurz bevor NAFTA in Kraft trat erzielten die USA einen Überschuss. Das änderte sich danach recht schlagartig. Die Bilanz verschlechterte sich von +5 % auf -20 %. Die Anpassung fand innerhalb eines Jahres statt. Seitdem ist nicht mehr viel geschehen. Relativ gesehen bleibt das Defizit in der Range von -10 % bis -20 %. Sogar der absolute Geldbetrag des Defizits ist seit fast 10 Jahren konstant. Man kann also nicht sagen, dass sich die Lage in den letzten Jahren verschlechtert hätte.
Im Handel mit China sieht die Sache ein wenig anders aus. Das zeigt Grafik 2. Das relative Defizit verbesserte sich in den letzten Jahren ein wenig. Dafür ist der absolute Geldbetrag immer noch ansteigend. Erst in den letzten 12 Monaten stabilisiert sich der Trend. Das Handelsdefizit mit China weitet sich nicht weiter aus.

China und Mexiko sind für mehr als die Hälfte des US-Handelsbilanzdefizits verantwortlich. Der Schluss liegt da nahe, vor allem diese beiden Länder zu bearbeiten. Auch ein Blick auf die Entwicklung der Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe bestätigt die Dringlichkeit – zumindest auf den ersten Blick.
Grafik 3 zeigt die Arbeitsplätze in der Produktion sowie die Handelsbilanz mit den beiden Ländern. Dazu ist vor allem zu bemerken, dass der erste große Rückgang der Jobs in der Produktion Anfang der 80er Jahre stattfand (unter Reagan). Kurz zuvor wurde China zu einer MFN (Most Favored Nation) erklärt.

Als MFN wird ein Land gleichbehandelt wie alle anderen MFN. Es gelten die gleichen Zölle und Handelsbeschränkungen wie für jedes andere Land. Das klingt nicht besonders aufregend, ist jedoch ein großer Sprung nach vorne. Wer nicht MFN ist, gegen den können beliebige Handelsbeschränkungen errichtet werden. Als China also zum MFN erklärt wurde, half das dem Handel enorm.
Bis 2001, als China auch Mitglied der Welthandelsorganisation wurde, galt der MFN Status mit den USA nur zeitlich begrenzt. Der Status musste regelmäßig neu bestätigt werden. Dies wurde seit 1980 ohne Ausnahme so gehandhabt.
Ob der Status zu einer Verlagerung der Arbeitsplätze nach China führte, sei dahingestellt. Als die USA, Kanada und Mexiko NAFTA implementierten stieg die Anzahl an Produktionsjobs in den USA. Freihandel oder wenig beschränkter Handel wie mit China können nicht automatisch für Arbeitsplatzverlust verantwortlich gemacht werden. Auch der Rückgang von 1999 bis 2005 hat wenig mit China zu tun. Der freie Fall der Beschäftigung begann Jahre bevor China Mitglied der Welthandelsorganisation wurde.

Auch wenn sich rein „optisch“ ein klarer Zusammenhang zwischen dem Handelsbilanzdefizit und Arbeitsplätzen ergibt, liegen die Ursachen tiefer. Im Prinzip geht das chronische Defizit der USA auf das Bretton Woods System zurück unter dem der Dollar so gut wie Gold war. Der Dollar war das liquide und mobile Äquivalent zu Gold. Anstatt Gold zu halten, hielten andere Länder weltweit den Dollar als Reserve.

Als das System zusammenbrach begann die Misere. Mit freien Wechselkursen kam es zu einer überraschend starken Aufwertung des Dollars. Der Dollar war zwar nicht mehr das Äquivalent zu Gold, weil der Dollar nicht mehr mit Gold gedeckt war, doch das störte niemanden. Die Nachfrage nach Dollar als Reserve stieg dramatisch an. Der Dollar wertete entsprechend auf.

Zuvor war weder eine Auf- noch Abwertung möglich. Die Wechselkurse wurden konstant gehalten, sodass es auch fast unmöglich war, extrem hohe Ungleichgewichte im Handel zu erzeugen. Mit dem Ende der festen Wechselkurse war das vorbei. Der Dollar wertete auf und mit der Aufwertung explodierte das Defizit. Das gilt seit jeher (Grafik 4).

Kurz gesagt: der Dollar ist nach wie vor die wichtigste Reservewährung. Er hat praktisch Monopolstatus. Wollen die USA ihr chronisches Defizit beseitigen, dann darf der Dollar nicht mehr Reservewährung sein. Zölle auf die Importe anderer Länder sind keine Lösung. Sie führen nur dazu, dass der Dollar noch stärker wird und die Wettbewerbsfähigkeit weiter aushöhlt. Mauern zu errichten, um Menschen bzw. Waren draußen zu halten, bringt rein gar nichts.

Clemens Schmale

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Trump glaubt an die Laffer-Kurve und Laffer glaubt an Trumps Wirtschaftspolitik. Die Senkung der Einkommenssteuer führt zu höherem verfügbaren Einkommen, stimuliert damit den Konsum und führt zu Wirtschaftswachstum - wodurch nach einer Übergangszeit die Staatseinnahmen steigen und nicht sinken. Voraussetzung damit das Konzept funktioniert ist das damit die nationale Wirtschaft wächst und zusätzliche Arbeitsplätze, Einkommen und Gewinne schafft und eben nicht das die Wirkung einfach über höhere Importe verpufft. Dies ist genau das Instrument das den europäischen PIIGS nicht zur Verfügung stand und nicht zur Verfügung gestellt wurde.

    Das europäische Konzept ist kläglich gescheitert - die Krisenländer stagnieren vor sich hin und die Mittelschicht und damit viele Unternehmen sind zusammengebrochen um die höhere Steuerlast zu finanzieren. Eine falsche Interpretation der Handelsbilanzstatistik (mehr Ausgeglichenheit durch totalen Konsumverzicht und damit auch Importverzicht) tut ein übriges um das triste europäische Bild zu verzerren.

    Trumps Konzept muss man nicht als einzelne Massnahme sondern als integriertes Konzept verstehen. Wenn einer der Teile fehlt (weil Kongress/Senat oder Lobbies dies verhindern) kann das Gesamtkonzept scheitern. Wenn alle Punkte richtig durchgezogen werden erleben wir ein Wirtschaftswachstum in den USA das wieder einmal alles in den Schatten stellt. Es geht darum Unternehmenssteuern und Lohnkosten zu senken, parallel das staatliche Infrastrukturprogramm durchzuziehen und die Wirtschaft zu stimulieren und insbesondere über Steueranreize US-Unternehmen dazu zu bewegen sich aus China teilweise zurückzuziehen und Neuinvestitionen in den USA durchzuführen. Europa täte gut daran mitzuziehen, anstatt sich unter deutscher Anleitung querzustellen. Es ist eine Frage von ca. 10 oder 15 Jahren bis China gross genug und mächtig genug ist alles im Inland selbst herzustellen und sich komplett abzuschotten . China ist der Unsicherheitsfaktor, auch militärisch, in dem Moment wo es voll industrialisiert ist. Globalisierung hat viele Verlierer - Chian und Deutschland sind die beiden grossen Profiteure: England, Frankreich, Italien, Griechenland, Portugal, Spanien geht es komparativ schlecht - und das hat etwas mit hohen Steuern zu tun und nur sehr wenig mit fehlender Bildung oder Kompetenz. Wenn der Euro schwächer wird hat Deutschland als export(über)lastige Wirtschaft wieder den Vorteil, den anderen Europäern hilft es relativ wenig - das Problem ist der Euro.

    05:32 Uhr, 25.01.2017
  • pilly
    pilly

    Hallo Herr Schmale,

    lese desoefteren Ihre Beitraege,ueber den Inhalt laesst sich streiten,interessant allemal ist eine MEINUNG!

    Umso weniger verstehe ich Ihre Ignoranz gegenueber Kritikern !?

    10:24 Uhr, 24.01.2017
  • bananenbully
    bananenbully

    Iher Herleitung, weshalb die Mauer und die Zölle nichts bringen sollen, ist so nicht korrekt. Ich fürchte sie ist politisch motiviert und nicht sachlich. Natürlich wird ein Unternehmen wie VW zukünftig die Autos für die USA lieber in der USA herstellen, um so Strafzölle zu umgehen. Das wird auch zu einer Verringerung des Handelsdefizit führen und zu einer Stärkung des Dollars.

    06:29 Uhr, 24.01.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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