Kommentar
19:06 Uhr, 24.01.2022

Sell off am Markt! Wer traut sich, den Rücksetzer zu kaufen?

2022 ist bisher kein gutes Börsenjahr und gefühlt steckt der Markt in einer schlimmen Korrektur. Ist das ein Rücksetzer, den man kaufen kann?

Kaum korrigiert der Markt, kann man sich vor Warnungen kaum retten. Gehen die Kurse zurück und wird man gleichzeitig in den Medien mit Untergangsstimmung konfrontiert, wackeln selbst die besten Vorsätze. Anleger, die sich geschworen haben, Aktien für mindestens fünf oder zehn Jahre zu halten, werden plötzlich unsicher.

Häufig wirft man seine eigenen Vorsätze und Strategien am Ende über Board und tut das Gegenteil von dem, was man sich vorgenommen hat. Das führt letztendlich zu zusätzlichen Kosten. Häufig ist zudem das Timing von Käufen oder Verkäufen schlecht, sodass man am Ende die Performance nicht verbessert, sondern verschlechtert.

Wer investiert ist, ist unweigerlich mit dem Druck konfrontiert, nun zu handeln. Wer freies Kapital hat, fragt sich, ob es nun Kaufkurse sind. In den vergangenen 20 Monaten war ja jeder kleine Rücksetzer eine Kaufgelegenheit. Diese Kaufgelegenheiten waren rückblickend klar. Steckt man mitten in der Korrektur, ist es weniger eindeutig.

Persönlich hatte ich über den vergangenen Sommer einen Teil meiner Positionen verkauft. Für mich stellt sich nun genau die Frage, ob das Kaufkurse sind. In einem Wort: Nein. Gefühlt ist die Korrektur zwar schmerzhaft, doch objektiv gesehen ist noch nicht viel geschehen.

Der Nasdaq 100 hat nun zwar um 11 % korrigiert, befindet sich damit aber erst wieder auf dem Niveau von Anfang Oktober 2021. Die Kursgewinne von drei Monaten sind verschwunden. Das ist kein Jahrhundertschnäppchen.

Im Vergleich zu den vergangenen 20 Monaten ist der Rückgang allerdings substanziell. Auch beim S&P 500 ist der Rückgang von 8 % der größte seit 18 Monaten. Selbst die Bewertung erscheint inzwischen wieder ansatzweise vernünftig. Grafik 1 stellt dabei das KGV des S&P 500 den Rücksetzern gegenüber.

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Das KGV stieg zu Beginn der Krise. Die Kurse eilten der wirtschaftlichen Entwicklung voraus. Die Gewinne der Unternehmen hinkten hinterher. Das KGV stieg. Nun liegt das KGV bei 25. Viel tiefer lag es vor der Krise auch nicht. Das Vorkrisenniveau war allerdings im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt hoch. Ein billiges Niveau ist mit dem Vorkrisenwert nicht erreicht.

Man muss zudem feststellen, dass das KGV nicht unbedingt ein guter Maßstab ist. Das KGV tendiert hoch zu sein, wenn der Markt korrigiert hat. Damit ist das Timing das schlechteste, was man sich vorstellen kann. Die großen Jahrhundertschnäppchen wurden immer dann erzielt, wenn das KGV am höchsten war.

Anders sieht es beim 10-Jahres-KGV aus (Grafik 2). Hier stimmt das Timing. Das KGV ist niedrig, wenn die Korrektur groß war. Aktuell ist dieses KGV noch sehr hoch. Um das Vorkrisenniveau zu erreichen, müsste der S&P 500 nochmals 15 % nachgeben.

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Wer wissen möchte, wie stark der Markt im schlimmsten Fall nachgeben kann, findet auch darauf eine Antwort. Das faire 10-Jahres-KGV wird von der Inflation, dem Wachstum und den Gewinnmargen bestimmt. Um diesen fairen Wert zu erreichen, müsste es nochmals 40 % nach unten gehen.

Keiner weiß, ob es dazu kommt. Wer nur auf das Jahrhundertschnäppchen wartet, verpasst viele gute Einstiegschancen. Doch selbst mit Blick auf ein etwas realitätsnäheres Niveau (Vorkrisenwert) ist noch Luft nach unten. Persönlich warte ich erst einmal ab. Zumindest ein Datenpunkt kann für den Markt absolut entscheidend sein.

In dieser Woche tagt die US-Notenbank. Rudert sie von dem zurück, was Anleger befürchten (Straffung, komme, was wolle), ist der Markt schnell wieder in Rallyemodus. Bevor man überstützt handelt, sollte man zumindest diesen Entscheid abwarten.

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1 Kommentar

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  • Valentin_bg
    Valentin_bg

    Danke für Beitrag!

    Kann man das 10 Jahre KGV in guidants darstellen ?

    Lg

    19:38 Uhr, 24.01. 2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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