Kommentar
12:58 Uhr, 25.02.2015

Schweizer Finanzen bald in Schieflage?

Die Schweiz erfährt viel Bewunderung für ihre soliden Staatsfinanzen. Diese werden unter anderem durch Ausschüttungen der Notenbank gestützt. Nach einem Rekordgewinn von 38 Mrd. Franken im Jahr 2014 drohen der SNB nun aber magere Jahre.

Viele vermuten bereits, dass dies der Anfang einer Schuldenexplosion sein könnte.

Der Schweizer Haushalt ist so gesund wie kaum ein anderer auf der Welt. Das liegt unter anderem auch an der Schuldenbremse. Über den Konjunkturzyklus muss der Haushalt ausgeglichen sein. In der Theorie sollte das eigentlich für alle Staaten gelten. Praktisch hält sich keine Regierung daran und steigert die Schulden Jahr um Jahr. In Hochkonjunkturzeiten ist die Neuverschuldung geringer als in Zeiten der Rezession. Nichtsdestotrotz ist die Neuverschuldung da. Die Schweiz könnte diesen Regierungen als Vorbild dienen.

Bis Ende der 90er Jahre stiegen die Staatsschulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Der Anstieg war dabei nicht so sehr dem Bundeshaushalt geschuldet. Dieser wirtschaftete im Großen und Ganzen ausgeglichen (Grafik 1 blaue Balken). Für die Kantone und Gemeinden galt das nicht so sehr wie für den Bund. Hier wurden in den 90er Jahren konsequent Defizite erzielt (grüne Fläche). Seit dem Jahr 1999 gehen die Schulden tendenziell zurück. Insgesamt wurde die Verschuldung von 54% des BIPs auf 35% reduziert.

Die Schweizer Nationalbank hat dazu einen kleinen Beitrag geleistet. Sie schüttet Teile des Gewinns an den Bund und die Kantone aus. Das geht langfristig natürlich nur, wenn die Notenbank auch Gewinne erzielt. 2014 war das definitiv der Fall. Unterm Strich stand ein Gewinn von 38 Mrd. Franken (Grafik 2). Der Großteil des Gewinns kam aus den Anlagen im Ausland in Fremdwährungen. Durch die Einführung des EUR/CHF Mindestkurses musste die SNB immer wieder auf dem Devisenmarkt intervenieren. Die Gelder wurden dann in Fremdwährungen angelegt. Der Großteil wurde in Euroanleihen mit AAA Rating gesteckt.

Diese Anlagen brachten 2014 die stattliche Summe von 34 Mrd. ein. 9 Mrd. davon kamen aus Zins- und Dividendenzahlungen. 13 Mrd. kamen aus Kursgewinnen. Hier sind nicht zuletzt deutsche Staatsanleihen zu nennen, die 2014 um ca. 10% stiegen. 12 Mrd. wurden aus Wechselkursgewinnen generiert. Hier ist vor allem der Effekt des stärker werdenden Dollar zu nennen.
Gold und Frankenanlagen haben ebenfalls zum Gewinn beigetragen. Die Gesamtsumme aus diesen Anlagen ist jedoch vergleichsweise gering. Es gab Jahre, in denen Gold deutlich mehr zum Gewinn beigetragen hat als Anlagen in Fremdwährungen. Diese Zeiten sind nun längst vorbei. Solange die SNB ihre Bilanz nicht radikal verkleinert wird das auch so bleiben.

Die Geschäftsergebnisse der SNB waren viele Jahre sehr solide und zuverlässig. Von 1995 bis 2007 wurde jedes Jahr ein durchschnittlicher Gewinn von 2,9 Mrd. Franken erzielt. Seit Beginn der Finanzkrise ist das anders. Die Ergebnisse sind extrem volatil geworden. Bei den Jahresergebnissen ist von -21 bis +38 Mrd. nun alles dabei gewesen. 2015 könnte die Ergebnisspanne noch einmal wachsen. Geht man davon aus, dass der Franken nicht wesentlich abwertet, dann sollte netto unter Berücksichtigung von Zins- und Dividendenzahlungen ein Verlust von 40 Mrd. anfallen.

Unter diesen Voraussetzungen ist es kaum denkbar, dass die SNB für 2015 einen Geldsegen für die Regierung bringt und diese als Folge höhere Schulden aufnehmen muss. Diese Annahme ist falsch. Grafik 3 zeigt die Ausschüttungshistorie der SNB. Die blaue Linie zeigt die Ausschüttungen. Die einzelne Ausschüttungshöhe ist kaum erkennbar, weil sie auf der gleichen Skala wie die Staatsausgaben sind. Auf der rechten Achse sind die Ausschüttung in Prozent der Ausgaben angegeben. Die Ausschüttungen tragen 0,5 bis 1,5% zum Haushalt bei. In Absolutbeträgen sind das 1 bis 2,5 Mrd.
Die Notenbank könnte nach dem Rekordgewinn 2014 einen sehr hohen Betrag ausschütten. Das wird sie allerdings nicht. In den Statuten ist eine reguläre Ausschüttung von einer Mrd. vorgesehen. Hat die SNB in ihrer Ausschüttungsreserve mehr als 10 Mrd. Franken, dann kann eine Sonderausschüttung erfolgen. Diese wird für 2014 eine Milliarde betragen. Der Rest des Gewinns geht in Rücklagen und die Ausschüttungsreserve, die nun mit 28 Mrd. dotiert ist.
Sollte die SNB 2015 keinen Gewinn schreiben, dann kann sie trotzdem die reguläre Ausschüttung leisten. Sie muss nicht, aber sie kann. Sofern die Ausschüttungsreserve einen positiven Saldo hat, kann die Ausschüttung erfolgen. Am Ende des Jahres ist es also lediglich eine Bilanzierungsfrage, die die Ausschüttung bestimmen wird.

Fällt eine Zahlung für das Jahr 2015 aus, dann ist das für den Staat auch kein Beinbruch. Höchstwahrscheinlich würde maximal die reguläre Dividende von einer Milliarde gezahlt. Das sind ca. 0,45% des Budgets. Das reißt kein großes Loch in den Haushalt. Eventuell muss die Schweiz für 2015 ein Defizit von 2 oder 3 Mrd. ausweisen. Das ist jedoch im internationalen Vergleich immer noch traumhaft. Zusätzlich darf die Regierung nun auch wieder ihre Ausgaben steigern und Schulden machen. 2015 wird ja nicht gerade ein Jahr des Aufschwungs, sondern eher des Abschwungs. Dennoch werden das Budget und auch die Schulden unter fast jedem denkbaren Szenario nicht aus dem Ruder laufen.

Bild Schulden Staat.pngBild SNB Geschäft.pngBild SNB Ausschüttung.png

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2 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Chapeau! Was für ein mit Zahlen untermauerter vorbereiteter Gesinnungswechsel.

    "Erst SNB pleite, dann SNB ohne Plan, dann jetzt alles gut, aber vielleicht bald Schieflage??"

    Nun dieses kleine hinterlistige Bergvolk macht das schon ziemlich lange....

    Quasi die Anti-Griechen. Traden aus der CH raus ist ziemlich teuer, selbst mit Devisen.

    Einige Werte gehören aber in ein Depot, mit Währungsrisiko und sogar als Melatonin und schwarzem Gold (Zucker in Goldpapier) für den Anhang oder zum Espresso. Nur das Land selber ist so langweilig.

    Auf der CoBa oder der DeuBa rumzureiten kostet halt vor allem viel Nerven.

    Die Credit Suisse & UBS sind imho in ganz Europa (ok ING fehlt noch) der antizykler im Börsensegment. Solange da noch verbrannte Erde liegt, fehlt mir noch etwas der Mut.

    Es juckt mir in den Fingern...

    Für Langfristler ist das aber was und eigenartiger Weise läutern alle dt. Dividentitel ein und das bei Hochkurs und Steuerquote von 30,5% ohne Spread (Charismatiker zahlen nochmals 8-9% mehr). Nicht nur Europäer ersäufen den Zins im Geld. Einige Gesellschaften nutzen die Ausschüttung aus Kapitalücklagen für den Debitor (Anleger) somit steuerfrei. Nix zum zocken (ich strafe mich selber, wenn ich das komplette Depot wieder umschichte) aber irgendwie endlich mal was werthaltiges. Der Hype ist auch hier schon da, Pebble Time, ishares und der ganze Konsumrotz. Mit dem gutem Käse (Ricardo/Nestle) lässt sich auch leben.

    13:51 Uhr, 25.02.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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