Kommentar
09:32 Uhr, 03.03.2008

Schweizer Anlegerschutz so löchrig wie der Schweizer Käse?

Kapitalanleger können sich in der Schweiz bei Problemen mit Vermögensverwaltern nicht auf die eidgenössische Finanzaufsicht verlassen. Davor warnt die auf Anlegerrecht spezialisierte Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte aus Siegburg. Anlass ist die aktuelle Liquidierung der Swiss Financial Partners AG (SFP) aus Zug und ihre Verbindung zu der in Dresden ansässigen Four Gates AG.

Die SFP ist ein unseriöser Vermögensverwalter, der von der Schweiz aus zahlreiche Anleger in Deutschland geködert hatte. Das unseriöse Geschäftsgebaren war der Schweizer Finanzaufsicht seit längerer Zeit bekannt. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) schritt im vergangenen November schließlich ein und schickte der SFP Untersuchungsbeauftragte ins Haus. Das Ergebnis: Die SFP wurde jetzt wegen massiver Verstöße gegen die Schweizer Banken-, Börsen- und Effektenhandelsgesetze dicht gemacht. Das Konkursverfahren läuft.

Ab jetzt wird die Sache absurd: Die gleichen Rechtsanwälte, die im Auftrag der Schweizer Finanzaufsicht einen unseriösen Vermögensverwalter überprüfen und abwickeln, schicken den Anlegern anschließend die Aufforderung, ihr Vermögen einem anderen Dienstleister anzuvertrauen. "Schon das allein ist fragwürdig", kritisiert Patrick Elixmann von Göddecke Rechtsanwälte. Es sei nicht Aufgabe von Liquidatoren, geprellten Anlegern Empfehlungsschreiben für Vermögensverwalter samt Vertragsunterlagen zu schicken. Die Kanzlei Göddecke vertritt mehrere SFP-Kunden aus Deutschland, die derlei Anschreiben erhalten haben.

Noch fragwürdiger wird die Angelegenheit bei einem Blick auf das Management des empfohlenen Vermögensverwalters. Dort findet sich plötzlich der ehemalige Geschäftsführer der verbotenen Vermögensverwaltung SFP wieder. Also genau der Mann, der für die Gesetzesverstöße verantwortlich ist, die zu der von der Aufsichtsbehörde angeordneten Liquidierung geführt haben. "Das führt die staatliche Finanzaufsicht der Schweiz völlig ad absurdum", sagt Elixmann. Der Anlegeranwalt aus Siegburg hält den Anlegerschutz im Alpenland auch ohne den neuen Vorfall für "so löchrig wie ein Schweizer Käse". Die Schweiz habe zwar eine funktionierende Geldwäscheaufsicht, aber die Kontrolle der Finanzdienstleister bleibe weit hinter der in Deutschland zurück. "Das sollten Anleger berücksichtigen, wenn ihnen mal wieder ein Vermögensverwalter etwas vom Schweizer Finanzplatz vorschwärmt", rät Elixmann.

Ross und Reiter: Im konkreten Fall der SFP wurde den betroffenen Anlegern die OFL-Vermögensverwaltungs AG empfohlen. Das Unternehmen aus St. Gallen ist die hundertprozentige Tochter eines deutschen Unternehmens mit Sitz in Dresden. Die Four Gates AG betreut nach eigener Aussage konzernweit über 25.000 Kunden. Bis vor kurzem hieß das Unternehmen noch OFL-AnlagenLeasing AG.

Zurück zur Schweizer Tochter OFL-Vermögensverwaltung. Dort sitzt im Management ein gewisser Guido Gilardoni und damit der Geschäftsführer von genau der SFP, deren Liquidierung die Eidgenössische Bankenkommission angeordnet hat.

Gilardoni ist kein unbeschriebenes Blatt. Bevor er 2004 die SFP gründete, war Gilardoni Direktor der MWB Vermögensverwaltung. "Die MWB gehört ebenfalls zur Liga der unseriösen Finanzdienstleister, die von der Schweiz aus in Deutschland ohne aufsichtsrechtliche Erlaubnis auf Kundenfang gehen", sagt Rechtsanwalt Elixmann. Die Kanzlei Göddecke hat gegen die MWB vor deutschen Gerichten bereits mehrfach Schadensersatz für Anleger erstritten. Diese Erfolge sind insofern ein Meilenstein für den Anlegerschutz, weil die Zuständigkeit deutscher Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen lange strittig gewesen war.

FAZIT

In der Schweiz werden die Kontrollen bei Finanzdienstleistern nicht von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) ausgeführt. Mit dieser Arbeit beauftragt die EBK vielmehr externe Anwaltskanzleien. Diese übernehmen auch die Abwicklung einer Gesellschaft, wenn dieser die Geschäftstätigkeit nach der Überprüfung untersagt wird. Zur Aufgabe der Liquidatoren gehört es auch, die Anleger aufzufordern, ihre Forderungen gegenüber dem Finanzdienstleister anzumelden. Dies ist ein Systemfehler und löst automatisch Interessenskonflikte aus. Eine Reform ist hier zum Schutze der Anleger dringend erforderlich.

Autor: Markus Miller

Markus Miller ist Chefredakteur des renommierten Wirtschaftsmagazines „Kapital & Steuern vertraulich“, Herausgeber mehrerer Publikationen und Gründer des Internetportals GEOPOLITICAL.BIZ sowie Herausgeber der kostenlosen Online-Zeitung GEOPOLITICAL-NEWS. GEOPOLITICAL.BIZ ist eine Internet Business-, Marketing und Informationsplattform (rund um das Segment Private Banking und Wealth Management) und ein einzigartiges, interaktives Medien-Informationsnetzwerk in den Bereichen Risikomanagement, Consulting, Recht, Steuern, Vermögen, Immobilien, Wirtschaftsprüfung, Banken, Kapitalmigration, Medien, Marketing und Globalisierung.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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