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15:34 Uhr, 16.01.2009

Schwäche der Weltwirtschaft trifft Asiens Börsen härter als gedacht

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  • Hang Seng
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    Aktueller Kursstand:   (TTMzero Indikation)

Lange Zeit wurde von Volkswirten die These vertreten, speziell die asiatischen Volkswirtschaften hätten dieses Mal erstmals eine Chance, sich von der allgemeinen Krise abzukoppeln und wirtschaftlichen gesehen besser abzuschneiden. Doch alleine schon der Blick auf die Performance der Börsen in der Region widerlegt diese These. Denn auch an den asiatischen Aktienmärkten ging es 2008 kräftig bergab mit den Kursen. So fiel der Emerging Asia Index um 49 Prozent und der Pacific ex Japan Index ebenso um 44 Prozent wie der japanische Aktienmarkt. In China brachen die Notierungen sogar um 52 Prozent ein, in Hongkong um 53 Prozent und in Indien um 57 Prozent.

Doch nicht nur das. Auch viele asiatische Währungen erlitten einen ernsten Schwächeanfall. So büsste beispielsweise der koreanische Won gegenüber dem Dollar im Vorjahr 26 Prozent an Wert ein. Und das deutlich eingetrübte konjunkturelle Umfeld spricht gegen eine schnelle Trendwende zum Besseren. Die Exporte in Ländern wie Thailand, Südkorea und Taiwan sind zuletzt drastisch eingebrochen und Japan ist schon wieder in eine Rezession abgedriftet. In Singapur schrumpfte die Wirtschaft im vierten Quartal verglichen mit dem dritten Quartal um stolze 12,5 Prozent, nachdem sie schon im Vorquartal um 5,4 Prozent kontrahiert hatte. Selbst der Industriesektor in China, der knapp die Hälfte der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik ausmacht, steht nach Einschätzung der Investmentbank CLSA am Rande einer Rezession. Die Stimmung der zusehends von der weltweiten Wirtschaftsflaute gebeutelten chinesischen Unternehmer ist jedenfalls schon gekippt. Das Vertrauen der Firmen in die wirtschaftliche Entwicklung sank zum Jahresende 2008 auf den niedrigsten Stand seit acht Jahren, wie das Statistikamt in Peking ermittelte.

Hohe Exportabhängigkeit erweist sich als Bürde

Mit Blick auf Ostasien gibt sich die Weltbank zwar trotzdem nach wie vor zuversichtlich. Den dortigen Experten zufolge ist die Region besser auf die aktuelle Wirtschaftskrise vorbereitet als auf die Krise im vergangenen Jahrzehnt, zumal die Regierungen auch schnell auf die Wirtschaftskrise reagiert hätten. Dem Wirtschaftsraum, der unter anderem China, jedoch nicht Japan umfasst, wird demnach in diesem Jahr um 5,3 Prozent wachsen nach geschätzten 7,0 Prozent im Vorjahr und insgesamt ein Drittel zum weltweiten Wachstum beitragen.

Doch ob sich diese Prognose tatsächlich erfüllen wird, bleibt erst noch abzuwarten. Denn die Abhängigkeit von den Exporten und damit von Amerika, aber auch von Europa ist nach wie vor sehr hoch. Hinzu kommt der auf die Kreditkrise zurückzuführende Abzug von Kapital auch aus dieser Region. Wie abhängig Asien von der übrigen Welt ist, geht auch aus einer Studie von DB Research hervor. Darin wird darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2000 ein Rückgang des Wachstums um ein Prozent in den G2-Staaten (USA und Japan) zu einer Verlangsamung des Wachstums um 1,4 Prozent in den Asien-8-Staaten geführt hat. Vor diesem Hintergrund wird für 2009 prognostiziert, dass sich das Wachstum in den Asien-8-Ländern von vier Prozent im Vorjahr auf 1,1 Prozent im laufenden Jahr verlangsamen wird. Für Hongkong, Singapur und Taiwan werden sogar negative Wachstumsraten vorhergesagt.

Dass das Wachstum in Asien so stark von der Entwicklung in den G2-Ländern abhängt, wird auf den hohen Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt (aggregiert 64 Prozent) zurückgeführt. Wenn sich das Exportwachstum verlangsamt, schwächen sich auch die Investitionen und häufig der Konsum ab. In China liegt der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt insgesamt bei 35 Prozent, in den Küstenprovinzen, in denen rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet werden, jedoch bei 65 Prozent. Indiens Wirtschaft ist zwar weniger offen als diejenige der übrigen asiatischen Länder, hat jedoch in jüngster Zeit mit einer restriktiveren Geld- und Kreditpolitik zu kämpfen. Hinzu kommt der Bilanzskandal um den Softwarekonzern Satyam, der potenzielle Anleger abschrecken dürfte.

Optimisten verweisen auf die gesunkenen Bewertungen

Trotz dieser negativen Entwicklungen gibt es noch immer etliche Fürsprecher für die asiatischen Börsen. Zu ihnen zählt unter anderem Ray Prasad, Senior Portfoliomanager bei Batterymarch, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft von Legg Mason, dem neuntgrößten Vermögensverwalter der Welt. Obwohl auch er eingesteht, dass die großen Volkswirtschaften in Asien bei einer globalen Konjunkturabschwächung aufgrund ihrer Handelspartnerschaften stärker anfällig sind als andere Schwellenländer, bezeichnet er den Ausblick für Asien als positiv. „Die Erwartungen hinsichtlich des Gewinnwachstums sind für Asien noch immer höher als für die entwickelten Märkte, obwohl die Erwartungen bereits nach unten korrigiert wurden. Asiatische Unternehmen bieten aber auch eine bessere Profitabilität. Außerdem liegen die Bewertungsabschläge für asiatische Aktien gegenüber Aktien aus entwickelten Märkten wieder auf historisch niedrigem Niveau. Tatsächlich sind ihre Bewertungen so niedrig wie seit der Asienkrise nicht mehr, von der sich die Märkte wieder gut erholten. Das momentane Umfeld ermöglicht es, attraktive Werte zu Schnäppchenpreisen zu kaufen. In der Vergangenheit hat sich das für langfristig orientierte Anleger normalerweise als profitabel erwiesen“, begründet er seine Zuversicht.

Und was Einzelinvestments angeht, ergänzt er folgendes: „Wir favorisieren weiterhin Unternehmen, deren Tätigkeit auf die Binnennachfrage abzielt. Ebenso bevorzugen wir Firmen, die am Ausbau der Infrastruktur beteiligt sind, da die Infrastruktur für die weitere Entwicklung Asiens entscheidend ist. Diese Unternehmen sollten im kommenden Jahr und auch darüber hinaus weiter wachsen. Unsere Bottom-up Modelle tendieren in Richtung großer Kapitalgesellschaften mit einem qualitativ hochwertigen Management, da deren Bewertungen momentan zu den attraktivsten gehören.“

Vorsichtige Anleger lassen sich noch nicht aus der Reserve locken

Auch die Asien-Experten bei DBS Research geben sich optimistisch und halten zumindest eine starke technisch geprägte Kursrally für möglich. Zur Begründung wird hier auf die eingeleiteten Zinssenkungen und geplanten Konjunkturpakete verwiesen sowie auf die gesunkenen Bewertungen. Allerdings muss zum letzten Punkt einschränkend angemerkt werden, dass die Bewertungen trotzdem noch immer unter dem Durchschnitt vieler anderer Weltbörsen liegt. Denn nach Berechnungen von DBS Research unter Berücksichtigung von 46 weltweiten Aktienmärkten kommen diese im Schnitt nur auf ein KGV von 8,6 (nur die Börsen in Thailand und Indonesien liegen unter diesem Durchschnitts-KGV).

Mit den im internationalen Vergleich langfristig möglicherweise besseren Wachstumsaussichten, welche die Region eventuell aufweist, könnte dies zwar gerechtfertigt werden. Zudem macht die Tatsache etwas Mut, dass viele Börsen schon ungefähr genauso stark abgestürzt sind, wie es 1998 während der Asienkrise der Fall war. Das deutet an, dass schon einiges in den Kursen steckt. Trotzdem erscheint es zumindest aktuell noch zweifelhaft, ob schon bald wieder viel Kapital an die asiatischen Börsen fließen wird. Erst wenn die Kreditkrise beendet ist und es wieder aufwärts geht mit der Weltwirtschaft, stehen die Chancen dafür besser. Und bis dahin dürfte es aus unserer Sicht zur Risikominimierung besser sein, sich eher noch bedeckt zu halten. Auch charttechnisch gesehen ist zu dieser Vorgehensweise solange zu raten, wie die noch intakten langfristigen Abwärtstrends nicht überwunden wurden.

Quelle: Ostbörsen-Report
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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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