Kommentar
15:00 Uhr, 24.07.2020

Schuldenreduktion durch höhere Schulden

Was unmöglich klingt, wird in diesem Jahr in Deutschland wohl Realität. Durch die Ausgabe neuer Schulden könnte der Staat erstmals in der Geschichte Geld sparen.

Die Coronakrise kommt den deutschen Staat teuer zu stehen – zumindest auf den ersten Blick. Steuereinnahmen brechen ein und die Konjunktur muss gestützt werden. Das sorgt dafür, dass sich der Staat stärker verschulden muss. In den letzten Jahren sanken die Schulden. Dieser Trend wird in diesem Jahr nicht nur enden, sondern wohl auch zu einem neuen Schuldenrekord führen.

Geht man davon aus, dass der Staat 150 Mrd. an neuen Schulden ausgeben muss, wird der Vorteil des Sparens in einem Schlag zunichte gemacht (Grafik 1). Das muss allerdings nicht negativ sein. Stattdessen könnte der Bund 2020 zum ersten Mal durch Schulden Geld verdienen.


Seit mehreren Jahren sind die Renditen vieler Bundesanleihen negativ. Das hat bereits seit 2012 dazu geführt, dass der Staat durch die Ausgabe bestimmter Anleihen Geld verdienen konnte. 2012 konnten erstmals Anleihen mit negativer Rendite ausgegeben werden. Der Staat musste am Ende weniger Geld zurückzahlen als er an Geld aufgenommen hatte.

Diese Erträge sind in den letzten Jahren immer höher geworden. In diesem Jahr sollte der Betrag, der dadurch eigenommen wird, erstmals die Marke von 10 Mrd. überschreiten. Das führt dazu, dass der Staat 2020 insgesamt Geld durch Schuldenausgabe sparen dürfte.

Heute gibt es keine Laufzeit mehr, die positive Zinsen abwirft. Selbst die Rendite für 30-jährige Anleihen ist negativ. Es sind aber natürlich noch Anleihen im Umlauf, für die der Staat Zinsen zahlen muss. Für 30-jährige Anleihen, die vor der Finanzkrise ausgegeben wurden, muss der Staat auch heute noch über 3 % an Zinsen zahlen.


Diese Zinsausgaben sind dank der Einnahmen aus Negativzinsen in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Bisher waren die Ausgaben für den Altbestand an Anleihen aber immer noch höher als die Einnahmen aus neuen Anleihen. 2020 wird ein Wendejahr. Je mehr Schulden nun zu negativen Renditen ausgegeben werden, desto mehr verdient der Bund daran.

So kommt es zum ersten Mal in der Geschichte dazu, dass höhere Schulden zu immer höheren Zinseinnahmen führen. Die Einnahmen gleichen die Ausgaben aus. Die Umlaufrendite aller ausstehenden Anleihen ist 2020 zum ersten Mal negativ (Grafik 3).

Will der Bund die neuen Schulden für die Bekämpfung der Coronakrise möglichst schnell zurückzahlen, sollte er am besten noch mehr Schulden aufnehmen. Selbst wenn das Geld nicht benötigt wird, machen höhere Schulden Sinn. Theoretisch könnte der Staat Geld aufnehmen, es in Scheinen in einen Tresor legen und daran verdienen. Schöne neue Welt.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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