Kommentar
16:23 Uhr, 30.04.2020

Schuldenanstieg wegen Corona-Krise: Wirklich kein Problem?

Regierungen geben Billionen aus, um die Wirtschaft zu retten. Alles kein Problem, meinen viele. Die Notenbanken lösen das Problem. Wenn es nur so einfach wäre.

Notenbanken überall auf der Welt finanzieren gerade die Staatshaushalte. Ohne diese Finanzierung wären viele Länder nicht in der Lage, der Coronakrise zu begegnen. Die Steuereinnahmen brechen gerade weg und wenn Panik am Finanzmarkt herrscht, kann man schlecht Billionen an neuen Anleihen platzieren.

Notenbanken griffen ein. Damit erreichten sie zwei Dinge. Einerseits nehmen sie den Staaten die Schulden ab. Andererseits sind Anleger wieder zuversichtlicher. Die Panik wandelte sich in einen Kaufrausch. Anleihen und Aktien werden denen aus den Händen gerissen, die sie noch haben.

Der Eingriff war absolut notwendig. So notwendig war der Eingriff nicht einmal während der Finanz- und Eurokrise und die Eingriffe gewinnen immer mehr Anhänger. Notenbanken vollbringen ja auch ein Wunderwerk. Sie kaufen Staatsschulden auf und reduzieren somit die am Markt verfügbaren Schulden. Vor Beginn von QE in der Eurozone lag die öffentliche Verschuldung bei 9,5 Billionen Euro. Heute sind es nur noch 7,8 Billionen (Grafik 1).


Bis Jahresende dürften die frei verfügbaren Schulden mehr oder weniger stabil bleiben. Möglich machen das Anleihenkäufe in der Höhe von fast einer Billion Euro. Seit der Finanzkrise und seit Beginn von QE ist die Eurozone gewachsen. Die Verschuldung (Schulden zu BIP) ist kräftig gesunken und liegt auf Vorkrisenniveau (Grafik 2).

Die Welt scheint damit in Ordnung zu sein. Es gibt jedoch eine Herausforderung. Notenbanken können die Schulden nicht einfach streichen. Die Schulden bleiben bestehen, selbst wenn sie ohne Ablaufdatum in der Bilanz hocken. Notenbanken können die Schulden nicht verschwinden lassen. Wenn das geschieht, ist die rote Linie überschritten.

Es ist vollkommen klar, dass viele Regierungen das Verschwinden der Schulden sofort unterschreiben würden. Geschieht das, ist die Unabhängigkeit der Notenbank nicht mehr gegeben. Es ist aber genau diese Unabhängigkeit, die das massive Geldmengenwachstum nicht in einer Katastrophe enden lässt.

Es muss Notenbanken möglich sein, selbst wenn es nur in der Theorie ist, die Bilanzsumme wieder zu verkleinern. Sobald Schulden gekauft werden, um sie zu streichen, ist der Damm gebrochen. Damit stehen wir vor einem Dilemma. Solange Notenbanken die Schulden nicht streichen, müssen Regierungen den Schein wahren, dass Schulden etwas bedeuten. Sie müssen also entsprechend haushalten und Pläne vorlegen, wie sie die Schulden bezahlen wollen.

Das sorgt genau für das, was wir in der Eurokrise gesehen haben. Es wird zwar Geld bereitgestellt, aber es braucht einen Plan für Einsparungen. Das hemmt das Wachstum. Es wäre einfacher, wenn Notenbanken einfach unbegrenzt Anleihen kaufen würden und Regierungen die Wirtschaft über Konjunkturprogramme permanent anheizen könnten.

Dazu braucht es das Löschen der Schulden in der Notenbankbilanz. Genau das darf nicht geschehen, damit Geld seinen Wert behält und nicht innerhalb kurzer Zeit wertlos wird. Damit ist auch klar, dass die horrenden Schulden, die jetzt angehäuft werden, nicht einfach verschwinden werden. Das wird das Wachstum in den kommenden Jahren bremsen. Die Schulden werden schwer auf der Wirtschaft lasten, zumal es diesmal nicht nur Staaten sind, die sich massiv verschulden, sondern auch Unternehmen. Das ist ein derzeit absolut unterschätztes Problem.

Clemens Schmale


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3 Kommentare

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  • Grushido
    Grushido

    Schön, dass die Notenbanken und Schulden so beleuchtet werden, liest man sonst nur auf Goldseiten.de, die natürlich immer den Fokus auf Goldkäufen haben. So erscheint es neutraler und dennoch kann die Entwertung des Geldes kaum noch aufgehalten werden, denke ich. Deshalb kommt mir eine Währungsreform als unausweichlich vor, die Frage ist nur wann, in 1,3 oder 10 Jahren?

    16:16 Uhr, 02.05.2020
  • tschak
    tschak

    sehr interessante ÜBerlegung(en). Toll diese Gedankengänge.

    Danke !! für die Info

    14:03 Uhr, 01.05.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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