Kommentar
21:17 Uhr, 17.03.2017

Schulden: Bitte noch mehr!!

Wenn uns die letzten Jahre etwas gelehrt haben, dann sicherlich das: zu viele Schulden kann man gar nicht haben.

Der eine oder andere mag diesem Punkt überhaupt nicht zustimmen. Es macht nämlich ökonomisch überhaupt keinen Sinn. Wer Schulden hat, zahlt Zinsen. Je höher der Schuldenberg wird, desto höher werden auch die Zinsen. Einerseits müssen Zinsen auf immer höhere Beträge gezahlt werden, andererseits steigen auch die Zinsen selbst. Je höher die Verschuldung, desto höher ist das Risiko, dass das Geld nicht mehr zurückgezahlt wird. Das führt zu einem Risikoaufschlag oder eben einen höheren Zinssatz.

In den letzten Jahren galt das so nicht mehr. Die Welt ist so hoch verschuldet wie noch nie. Die Zinsen sind in den USA und Europa dennoch nahe ihrer Rekordtiefs. Einjährige deutsche Anleihen erreichten erst Ende Februar ein neues Allzeittief bei -0,95 %. Die Zinswende zeigt sich erst bei Anleihen mit Laufzeiten von mehr als 7 Jahren. Dies erreichten im Februar keine neuen Tiefs mehr.

Deutschland baut seine Verschuldung ab. Es ist vielleicht nicht das beste Beispiel. Das Prinzip gilt jedoch fast ausnahmslos. Man denke nur an Japan, Spanien und die USA. Selbst dort, wo die Inflation nun bei über 2 % steht (in vielen europäischen Ländern und den USA), bewegen sich die Zinsen kaum vom Fleck. Die Realzinsen in der Eurozone sind stark negativ. Selbst in Japan, wo die Inflation nach wie vor sehr niedrig ist, sind die Realzinsen bei 0 %.

Das Gesetz, welches lange Zeit galt (höhere Schulden bedeuten höhere Zinsen), gilt derzeit nicht. Ob das ewig so bleiben wird, sei dahingestellt. Wir wissen es erst, wenn die Notenbanken die Geldschwemme beenden. Dann könnte es ungemütlich werden. In einigen Ländern kommt es am besten erst gar nicht dazu. Zu diesen Ländern gehört Japan.

Japan geht es auf dem Papier so gut wie lange nicht. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Einzelne Branchen berichten von akutem Arbeitskräftemangel. Die Löhne steigen deswegen noch nicht überproportional, doch das kann sich ändern. Dann ist auch die Inflation wieder da.

Unternehmen geht es blendend, auch wenn sie Schwierigkeiten haben, Arbeitskräfte zu finden. Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Unternehmensgewinne. Sie erreichten zuletzt einen neuen Rekordwert. Der Rekord hat natürlich einen klaren Sponsor: die Bank of Japan.

Die BoJ pumpt so viel Geld in den Markt, dass man die Dimensionen schon gar nicht mehr erfassen kann. Inzwischen besitzt sie über 40 % des gesamten Staatsanleihemarktes. Grafik 2 zeigt, wie hoch der Marktanteil nach Laufzeit der Anleihen ist.

Die Notenbank greift nicht nur bei Anleihen zu, sondern auch bei Aktien. Grafik 3 zeigt wie viel Prozent die BoJ am Gesamtmarkt inzwischen besitzt. Die BoJ ist der wohl größte Einzelaktionär auf dem Markt. Mit knapp 2,5 % Anteil besteht allerdings noch Luft nach oben.

Bei Anleihen ist das anders. Bereits Ende 2018 dürfte der Marktanteil bei 55 % liegen, ein Jahr später bei 63 %. Das ist ein Problem. Banken müssen einen gewissen Anteil ihrer Assets in Staatsanleihen halten. Die Regulation könnte zwar geändert werden, doch dafür gibt es weder Anzeichen, noch macht es sonderlich viel Sinn. Ein Finanzmarkt ohne Staatsanleihen ist heutzutage nicht umsetzbar. Zu zentral ist die Bedeutung dieser Anleihen in allen Bereichen.

Die BoJ kann nach derzeitigem Stand nur noch bis Ende des Jahrzehnts ihre Politik fortführen. Die Geldschwemme müsste also 2018 oder 2019 substantiell zurückgefahren werden. So gut es Japan auf dem Papier geht, die Lage ist noch immer fragil. Bevor die Löhne nicht steigen, ist ein Ende von QE ein Garant für eine wirtschaftliche Krise.

Japans Unternehmen sind nicht dafür bekannt, dass sie schnell reagieren und Löhne sofort nach oben anpassen. Der Notenbank läuft also die Zeit davon. Sie kann lediglich Zeit gewinnen, wenn es mehr Schulden gibt. So absurd es klingt: Japan braucht dringen noch mehr Schulden, um sich zu sanieren.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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