Kommentar
09:19 Uhr, 16.09.2014

Schottland könnten Banken abhanden kommen

Die Royal Bank of Scotland und Llyods Banking Group haben ihre Hauptsitze in Schottland – noch.

Die britische Regierung hält an der RBS einen Anteil von 80 % und an Llyods Banking Group 25 %. Schon allein das dürfte die Unternehmen dazu bewegen, im Falle einer Unabhängigkeit Schottlands sich für einen neuen Hauptsitz auszusprechen. Llyods kündigte bereits an Notfallpläne zu haben und ggf. den rechtlichen Hauptsitz nach England zu verlegen. Ähnlich äußerte sich auch die RBS.

Die Unternehmen dürften sich zu dem Schritt gezwungen sehen. Die großen Institute können es sich kaum erlauben, ihre weltweiten Geschäfte aus einem Land heraus zu tätigen, in dem es potentiell erst einmal keine Währung gibt. Zusätzlich kann die britische Regierung Druck ausüben, indem sie den Banken das Leben deutlich erschwert. Der Staat wird kaum daran interessiert sein, seine Unterstützung von heute auf morgen zu entziehen. Der Verlust wäre zu groß. Dennoch ist es eine gewisse Gefahr, wenn die beiden Institute dann plötzlich das Problem eines neuen Staates wären. Die Größe der beiden Banken übersteigt das BIP Schottlands auf überwältigende Art und Weise. Ein kleiner Staat wie Schottland kann es sich gar nicht leisten die Institute zu stützen.

Die nächste Bankenkrise ist hoffentlich nicht gleich um die Ecke. England dürfte allerdings, wenn die Banken schottisch bleiben, von der Regierung Kompensation für die Rettung 2008/09 fordern. Das wäre die vielleicht größte und wirkungsvollste Drohung, die England aussprechen könnte. Meines Wissens ist das noch kein großes Thema in den Medien. Das verwundert schon fast ein wenig. England hat wahrscheinlich ein Interesse die Banken nach England zu holen, immerhin ist London Finanzplatz Nummer 1 in Europa und will es auch bleiben. Sollten die Banken allerdings in Schottland verbleiben, wäre es eine reale Option für die Rettung gegen den neuen Staat in Regress zu gehen.

Sollten die Banken nicht nur rechtlich ihren Hauptsitz nach London verlegen, sondern auch viele Arbeitsplätze nach England verlegen, dann wäre das schon ein schwerer Schlag für Schottland. Einen wirklichen Finanzplatz hätte das neue Land nicht.

Bei dem Thema kann Schottland fast nur verlieren. Kommen die beiden Großbanken abhanden, dann ist der Finanzplatz leergeräumt. Bleiben sie, gibt es andere Probleme, sei es über Zahlungsforderungen der britischen Regierung oder über Zweifel, dass das kleine Schottland so große Banken überhaupt stützen könnte. Zudem wäre die Regulierung in Schottland, welches zunächst nicht Teil der EU wäre, ungewiss.

Neben Banken gibt es auch bei anderen Finanzinstituten wie Versicherungen das Vorhaben bei einer Abspaltung ihre Sitze nach England zu verlegen. Der Verzicht auf die Steuereinnahmen kann dem neuen Staat nicht leicht fallen. Die beiden Banken sind zwar keine Goldesel, sie bringen aber immerhin Jobs und sie werden auch irgendwann wieder ordentliche Gewinne schreiben. Da gingen mit Abwanderung Milliarden an Einnahmen verloren.

3 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Vor allem wird keine Bank ihren Standort schließen wenn sie die Kundschaft direkt Vorort hat. Wird Schottland eigenständig, muss ja vieles im Finanzsektor neu konzipiert werden. Und es ist kein Prozeß von heut auf morgen. Ich seh schon viele Leute am Donnerstag die Fingernägel hektisch kauen. Wobei ich allerdings keine Order setzen werde. Das dürfte in einigen Währungspaaren evtl. heftig zur Sache gehen.

    Ich freu mich. Auf Donnerstag.

    Lieben Gruß

    Dieter

    00:05 Uhr, 17.09.2014
  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    ​Hallo Herr Schmale,

    man könnte jetzt auf die Idee kommen, Sie wären vom Empire angeheuert worden zwecks Stimmungsmache. Nach Ihrer Problembeschreibung hätte es den Fall "Übernahme der DDR" nie geben dürfen. Warum soll den Menschen der Schritt in Richtung eigener Staat nicht gelingen? Wenn dies von den Einwohnern gewünscht wird, und Schottland sich als guter Geschäftspartner empfiehlt, steht einer Eigenständigkeit doch letztendlich nichts im Wege. Sie sprechen dem Land, welches noch nicht einmal geboren wurde, vorab jegliche Intelligenz und Souveränität ab.

    Das was dort passiert ist Demokratie. Kennen Sie vielleicht noch aus der Schulzeit. Und ich hoffe man blendet dort die Anarchie der Großbanken aus. Alle bisherigen Argumente, warum Schottland britisch bleiben soll, beziehen sich auf fiskalische Argumente. Wenn Schottland keinerlei Substanz hat, und letztendlich nur aus Bauern besteht mit wenigen Ölfeldern, dann sollte England doch froh sein wenn sie diesen Problemfall los werden.

    Vielleicht wäre das Konstrukt Schottland auch ein Lösungsansatz für andere Länder. Denn Europa hat sich nicht bewährt. Zu groß, zu träge, zu korrupt, zu undurchsichtig, zu teuer. Und den Euro spülen wir mal direkt in die Schüssel runter.

    Wenn Schottland für sich entscheidet ein eigener Staat zu werden, fände ich das toll und spannend.

    Lieben Gruß

    Dieter G.

    10:24 Uhr, 16.09.2014
    1 Antwort anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten