Schnabel mahnt EZB trotz günstiger Daten zur Vorsicht
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel in ihrer Geldpolitik trotz zuletzt günstiger Daten vorsichtig bleiben. In einer Konferenz der estnischen Zentralbank sagte Schnabel, zwar sei das Basisszenario eines Inflationsrückgangs auf 2 Prozent bis Ende 2025 intakt, doch dürfe die EZB ihre Zinsen nicht mechanisch senken, sondern müsse langsam und vorsichtig vorgehen. Viele Analysten rechnen damit, dass die EZB ihren Leitzins im September erneut um 25 Basispunkte senken wird, nachdem sie das im Juni erstmals seit 2019 getan hatte.
"Die Daten haben die Basisprognose weitgehend bestätigt und unsere Zuversicht gestärkt, dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass die Inflation bis Ende 2025 wieder auf unser 2-Prozent-Ziel zurückfällt", sagte Schnabel laut veröffentlichtem Redetext.
Allerdings sei Zuversicht kein Wissen. "Die Geschichte wird uns nicht nach unseren Absichten beurteilen, sondern nach unserem Erfolg bei der Erfüllung unseres Mandats. Da der Weg zurück zur Preisstabilität von einer Reihe kritischer Annahmen abhängt, sollte die Politik schrittweise und vorsichtig vorgehen", sagte die EZB-Direktorin.
Vorsicht ist Schnabel zufolge vor allem dann geboten, wenn sich der Leitzins seinem neutralen Niveau nähert, ab dem er die Inflation nicht mehr bremst. "Je näher die Leitzinsen dem oberen Bereich der Schätzungen des neutralen Zinssatzes kommen - das heißt, je weniger sicher wir sind, wie restriktiv unsere Politik ist -, desto vorsichtiger sollten wir sein, um zu vermeiden, dass die Politik selbst zu einem Faktor wird, der die Disinflation bremst", sagte sie.
Das Tempo der politischen Lockerung könne also nicht mechanisch, sondern auf Basis von Daten und Analysen festgelegt werden. "Wenn die Zukunft so ungewiss ist wie heute, vermitteln die modalen Aussichten ein falsches Gefühl der Sicherheit. Eine Szenarioanalyse kann uns davor bewahren, der Modellunsicherheit und der Selbstüberschätzung zum Opfer zu fallen."
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/kla
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