Kommentar
10:49 Uhr, 27.07.2017

Schieferöl: Die Revolution hat gerade erst begonnen

Totgesagte leben länger: auf die Schieferölrevolution trifft das besonders gut zu. Heimlich wird die Revolution weitergeführt.

Fast unbemerkt geht die Schieferölrevolution weiter und gewinnt sogar noch an Fahrt. Die Revolution bestand ursprünglich darin, dass Schieferöl überhaupt in großen Mengen gefördert werden konnte. Durch bessere Technik war es möglich, das Öl wirtschaftlich zu fördern. In den USA führte dies zu einem Produktionsboom, den so niemand erwartete.

Die Produktion verdoppelte sich zwischen 2010 und 2015 nahezu auf 10 Mio. Barrel pro Tag (Grafik 1). Durch den Einbruch der Rohstoffpreise 2014 ging die Produktion mit einiger Verzögerung zurück. Die Bohraktivität – gemessen an den Bohrungen – brach bereits Ende 2014 ein. Die Produktion begann kurze Zeit später zu sinken. Die vergleichsweise geringe Latenz aus Bohrungen und Produktion liegt an der schnell abnehmenden Produktionsmenge aus Schieferölquellen.

Seit Mitte 2016 wird wieder investiert und gebohrt. Dabei fällt etwas auf: obwohl die Zahl der Bohrungen heute nur halb so hoch ist wie 2014, wird wieder genauso viel Öl gefördert wie damals. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es bedeutet nämlich nichts anderes, als dass die Effizienz der Produktion massiv gestiegen ist.

Grafik 2 zeigt die Effizienzsteigerungen. Vor 10 Jahren wurden mit einem Bohrturm im Eagle Ford Gebiet gerade einmal 42 Barrel pro Tag gefördert. Heute sind es 1.400. Ähnliche Effizienzsteigerungen gab es auch in anderen Regionen. Der Trend hält seit langem an, gewann durch die niedrigeren Ölpreise aber an Fahrt. Unternehmen waren aus ökonomischen Gründen gezwungen ihre Förderung durch bessere Technik zu steigern und die Kosten zu senken.

Dass die geförderte Menge in einigen Regionen wieder etwas abnimmt, bedeutet nicht, dass die Revolution zu Ende ist. Berechnet wird die Fördermenge je Bohrturm, indem die Gesamtfördermenge durch die aktiven Förderstätten dividiert wird. Da Schieferölquellen schnell versiegen (Produktion pro Tag nimmt relativ rasch mit der Betriebsdauer ab), sinkt die Produktion je Bohrturm automatisch, wenn weniger neue Anlagen die Förderung aufnehmen.

Das Ende der Entwicklung ist noch nicht erreicht. Das zeigt etwa die Entwicklung bei Erdgas (Grafik 3). In den Regionen, in denen vermehrt investiert wird (z.B. Utica), hält der Trend weiterhin an. Konkret bedeutet dies für Gas und Öl, dass mit weniger Ressourcen immer mehr und schneller gefördert werden kann.

Nun sind Schieferölproduzenten so effizient wie noch nie und können auch bei niedrigeren Ölpreisen überleben. Unterhalb von 45 Dollar je Fass wird es zwar eng, doch so lange der Preis einigermaßen stabil über 45 Dollar steht, sollte der Boom weitergehen. Das spricht dafür, dass die Preise erst einmal gedeckelt bleiben.

Für weiterhin seitwärts laufende Ölpreise spricht auch das latente Produktionspotential. Grafik 4 zeigt getätigte Bohrungen, die aber noch nicht fertiggestellt sind. Gebohrt wurde bereits, doch die eigentlichen Förderanlagen müssen noch fertiggestellt und in Betrieb genommen werden.

Viele Firmen bohren „auf Halde“, um bei steigenden Preisen ihre Produktion rasch nach oben fahren zu können. Die Halde ist inzwischen sehr groß. Die USA könnten vermutlich innerhalb weniger Quartale die Produktion um 4 Mio. Barrel pro Tag steigern. Selbst wenn also die Vorhersagen eintreten, dass die Fördermengen aus anderen Quellen sinken und die Nachfrage steigt, können Fracker die Lücke sehr schnell schließen.

Clemens Schmale

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6 Kommentare

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  • 1 Antwort anzeigen
  • Roma
    Roma

    Mir scheint, da sind Bohrungen und Bohrtürme verwechselt worden. Barrel pro Tag und Bohrturm ist absolut falsch und irreführend. Bitte nochmal recherchieren.

    Entscheidend für die Anzahl neuer Bohrungen ist die Anzahl aktiver Bohrtürme UND die Art der Bohrungen (wie weit wird in der Ölführenden Schicht horizontal gebohrt => klar dass 1-Meile schneller zu bohren ist als 2,5). In Abhängigkeit der jeweiligen Bohrlochlänge kann man dann entsprechende Rückflüsse (BOE/D bzw. BOE insgesamt erwarten).

    11:29 Uhr, 27.07. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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