„Russland muss nun das Vertrauen im Inland stärken“
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London (BoerseGo.de) - Die russische Zentralbank CBR hat die nötigen Maßnahmen ergriffen, um den Rubel zu stabilisieren – nun kommt es darauf an, auch das Vertrauen im Inland zu stärken. Dieser Ansicht ist Diliana Deltcheva, Portfolio Manager Emerging Markets Debt bei F&C Investments. „Aufgrund seiner hohen Währungsreserven, seiner geringen Staatsverschuldung und des großen geldpolitischen und fiskalischen Spielraums kann es der russische Staat verkraften, ein bis zwei Jahre von externer Finanzierung abgeschnitten zu werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Währungsschwäche nicht zu einer Erosion des Vertrauens im Inland und zu einem Sturm auf die Banken führt“, erklärt sie. Ein weiterer Vertrauensverlust könne zudem zu einem schnelleren Verfall der Qualität der Vermögenswerte im Finanzsystem führen. Entscheidend sei deshalb nun, was die Politik und Zentralbank unternähmen, um das Vertrauen im Inland wiederherzustellen. „Wenn die Nachfrage nach Devisen im Inland weiter anhält, dürfte die Zentralbank bald weitere Maßnahmen beschließen“, schließt Deltcheva.
Auf dem Papier habe die Zentralbank zunächst auf eine ultra-orthodoxe Geldpolitik gesetzt, die Zinsen erhöht, und im Sinne freier Wechselkurse Interventionen am Devisenmarkt vermieden. „Durch diese Politik hat sie jedoch signalisiert, dass sie niedrige Wechselkurse hinnimmt und so den Verfall des Rubels beschleunigt“, analysiert Deltcheva. Dadurch wiederum hätten sich die Sorgen um die Bilanzen der russischen Banken verstärkt und das Risiko eines „Bank Runs“ erhöht. So hatte auch die Zinserhöhung zum 16. Dezember um 650 Basispunkte auf 17 Prozent ihr Ziel verfehlt, die Märkte zu stabilisieren. „Erst nachdem diese Maßnahme verpufft war, haben Politik und Zentralbank die notwendigen Schritte unternommen“, so die Expertin. Diese seien weniger orthodox als die offizielle Linie der Geldpolitik vermuten ließen. So habe die Zentralbank ein Moratorium für die Bewertung von Wertpapierportfolios nach dem Mark-to-Market-Prinzip verhängt, eine geplante Lockerung von Preissetzungsregeln im Privatkundengeschäft mit Krediten und Einlagen aufgeschoben, einige der Anforderungen für Kreditrückstellungen gelockert und ein breites Programm zur Rekapitalisierung der Banken angekündigt. „Durch diese regulatorische Lockerung hat die Zentralbank es den Banken ermöglicht, ihre Bilanzen in gewissem Umfang vor veränderten Marktbewegungen zu schützen“, so Deltcheva.
Die Expertin erwartet, dass der starke Verfall des Rubels nicht spurlos an der russischen Wirtschaft vorbeigeht und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2015 um drei bis fünf Prozent sinken wird. Durch Abwertung und Zinserhöhungen werde der Druck auf das Finanzsystem weiter zunehmen, die Kreditvergabe durch die Banken eingeschränkt werden und die Zahl notleidender Kredite in die Höhe getrieben. „Allerdings könnte der Leistungsbilanzüberschuss durch die schwache Inlandsnachfrage, sinkende Importe und einen schwächeren Rubel wieder steigen“, betont Deltcheva. Auch der russische Staatshaushalt könnte vom Verfall des Rubels profitieren, da die Ausgaben schneller fallen könnten als die Einnahmen. Dennoch dürfte die Staatsverschuldung steigen, da sich das BIP, in US-Dollar berechnet, durch den Währungsverfall um fast 50 Prozent verringern könnte.
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