Kommentar
16:16 Uhr, 17.09.2018

Russland - Da geht doch was!

Russland wird von allen Seiten mit Sanktionen belegt. Eigentlich ist das Grund genug, dem Land und dem Aktienmarkt fernzubleiben. Wer das tut, ist allerdings selber schuld.

Russland hat es schwer erwischt. Seit der Annexion der Krim kommt es einfach zu keiner Normalisierung der Beziehungen mit dem Westen. Unschuldig ist Russland daran natürlich nicht. Es hätte weder die Krim annektieren müssen, noch war es gezwungen, sich in innere Angelegenheiten der USA einzumischen oder einen Doppelagenten zu vergiften (mutmaßlich).

So schnell wird es zu keiner Normalisierung der Verhältnisse kommen. Das ist allerdings kein Argument gegen russische Aktien. Man kann sogar vom Gegenteil ausgehen. Russland ist so isoliert wie lange nicht und kommt trotzdem über die Runden.

Die Isolation hat vor mehreren Jahren begonnen. Anfänglich war es für die Wirtschaft ein Schock. Mit den EU-Sanktionen und dem Ölpreiscrash fiel die Wirtschaft in eine Rezession. Mit den immer wieder verlängerten Sanktionen, niedrigeren Ölpreisen und auch schlechten Beziehungen zu den USA kann das Land inzwischen ganz gut umgehen.

Das Wachstum ist nicht großartig, aber die Wirtschaft wächst, auch ganz ohne den Westen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Westen viel redet und sanktioniert, am Ende aber doch das Öl kauft. Nicht zuletzt deswegen ist der Staat mit nicht einmal 15 % der Wirtschaftsleistung verschuldet.

Nach der Rubelabwertung durch den Ölpreiscrash kam es zu einem Inflationsanstieg auf 16 %. Inzwischen liegt die Inflation bei 3 %. Die Arbeitslosenrate ist mit weniger als 5 % historisch niedrig.

Russland ist auf externe Schocks gut vorbereitet. Die Auslandsverschuldung hält sich in Grenzen. Das Land hat zudem hohe Währungsreserven. Ausländische Assets wie US-Staatsanleihen wurden fast vollständig verkauft. Egal, was die USA oder die EU noch anstellen werden, Russland ist inzwischen so weit losgelöst, dass es kaum Auswirkungen haben wird.

Da verwundert es ein wenig, dass der Rubel zuletzt wieder deutlich abwertete (Grafik 1). Der Rubel ist stark vom Ölpreis abhängig. Es gibt seit jeher eine positive Korrelation. Je höher der Ölpreis ist, desto stärker ist der Rubel.

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Sieht man von der Russlandkrise Ende der 90er Jahre ab, tendierte der Rubel zum US-Dollar bei Ölpreisen von über 100 Dollar zu einem Wert nahe 20 und bei Ölpreisen unter 50 Dollar zu 30 bis 40. Durch den plötzlichen Preisverfall 2014 wurde die Korrelation sehr viel deutlicher.

Aktuell ist genau das Gegenteil der Fall. Der Ölpreis ist hoch bzw. steigt, doch die Währung wertet ab. Der Kurs spiegelt einen Ölpreis von 40 Dollar wider. Oder umgekehrt, wenn der Ölpreis bei knapp 80 Dollar liegt, müsste der Rubel eigentlich bei 45 stehen. Tut er aber nicht.

Das liegt an einer neuen Runde an Sanktionen und den aktuellen, generellen Abverkauf von Schwellenländern. Fundamental macht das überhaupt keinen Sinn. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen. Zudem kommt Russland inzwischen auch ganz gut ohne den Westen zurecht.

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Russische Aktien sind im Vergleich spottbillig. In harter Währung sind sie heute genauso billig wie 1995 oder 2009. Dazu gibt es eine Dividendenrendite von 5 % und eine deutlich unterbewertete Währung. Ins fallende Messer muss man nicht greifen. Dreht der Trend aber erst einmal, kann sich der Aktienmarkt in Dollar gerechnet verdoppeln. Eine solche Renditeaussicht muss man im Westen erst einmal finden – zu einem KGV von 8, einem Preis/Buchwert-Verhältnis von 0,9, einem Preis/Umsatz-Verhältnis von 0,8 und einem inflationsbereinigten KGV von 6,4.

Größter Risikofaktor ist derzeit die Politik. In Ansätzen versucht diese es der Türkei nachzuahmen und die Notenbank für ihre Zinspolitik zu schelten. Ein Verlust der Unabhängigkeit der Notenbank wäre fatal. Die Gefahr halte ich allerdings für gering.

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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