Kommentar
08:00 Uhr, 16.12.2009

„Rock ’n’ Roll“ am Goldmarkt?

Der Goldpreis schien in der jüngsten Vergangenheit kein Halten zu kennen, lag er doch noch vor ein paar Tagen bereits über der 1.200-US-Dollarmarke, obwohl noch vor einigen Wochen nach mehreren vergeblichen Anläufen der Sprung über das damalige Allzeithoch bei 1.032 US-Dollar noch schier unmöglich schien. Nach dessen Überwindung befindet sich der Preis für die Feinunze nun aber auch charttechnisch in einer Ausbruchsbewegung in Richtung 1.200 bis 1.300 US-Dollar. Doch mittlerweile sprechen immer mehr Marktteilnehmer analog zum Aktienmarkt auch hier von einem immer dünner werdenden „Eis“. Auf der anderen Seite dürfte die „Party“ wohl noch solange anhalten, wie Rückschlagsgefahren an den Finanzmärkten erkennbar sind. Dass dem auch weiterhin so ist, hat erst vor kurzem wieder der „Dubai-Schock“ gezeigt, der den Goldpreis jedoch nicht postwendend weiter in die Höhe treiben konnte. Die Emittenten haben sich indes längst auch auf das völlig neuartige Negativ-Szenario in diesem Segment eingestellt, wie die kürzlich emittierten Reverse-Bonus-Produkte der Commerzbank auf Gold und Silber beweisen. Früher waren solche Papiere am Markt kaum auffindbar.

JP Morgan versucht nun mit seinem vielzitierten Golden Rock Zertifikat auf Sicht von nur zwölf Monaten gleich bei verschiedenen Anleger-Typen eine Art Goldgräberstimmung zu verbreiten. Zum einen sollen sich eher bullisch orientierte Investoren angezogen fühlen, die mit einem kontinuierlichen Anstieg des Goldpreises über das nächste Jahr hin rechnen. Zum anderen wird aber auch nicht ausgebremst, wer zugunsten einer gewissen Absicherung auf etwas Rendite verzichten kann. Die Funktionsweise des Papiers bringt diese beiden „Welten“ genau auf den Punkt.

Dabei wird die Laufzeit wie schon bei diversen ähnlichen in der Vergangenheit z.B. von Goldman Sachs aufgelegten Lock-in-Produkten in monatliche Abschnitte aufgeteilt, in denen jeweils die positive Performance des Basiswertes bis zu einem bestimmten Cap nachvollzogen wird. Bei dem „Rocker“ im goldenen Gewand wurde der Höchstbetrag nach Zeichnungsende bei 4,5 Prozent gefixt. Das Problem: Sollte der Goldpreis innerhalb eines Monats weiter zulegen können, geht die positive Differenz bis zum Cap dem Anleger verloren. Auf der anderen Seite schlagen aber gleichzeitig negative Wertentwicklungen in voller Höhe auf die Gesamtperformance durch. Dies ist ein Nachteil, der bei früheren Produkten durch einen „Lock-in“-Mechanismus aufgefangen werden sollte, der bestimmte einmal erreichte Kursniveaus einfror. Diese Möglichkeit fehlt bei dem vorliegenden Kurzläufer allerdings vollständig. Dafür wird dem Anleger aber von vornherein ein Discount auf den Nennbetrag von zehn Prozent gewährt, der damit auch bei einer bloßen Seitwärtsentwicklung bzw. einem leichten Absinken des monatlichen Goldpreises am Ende noch zu einer positiven Rendite führen kann. Das Dollarrisiko spielt bei dem Papier wegen der Währungsabsicherung keine Rolle.

Der Rohstoff-Report Tipp: So schön sich der Abschlag auf den ersten Blick auch darstellt, so gefährlich könnte sich die asymmetrische Monatsbetrachtung aber insgesamt auswirken, wenn beispielsweise starke Zick-Zack-Bewegungen – eine deutliche Korrektur wird vonseiten der Charttechnik für nächstes Jahr erwartet – den Kurs des Zertifikats tief in den Keller treiben, nicht auszuschließende eben so gewaltige Gegenbewegungen des Basiswerts aber an der 4,5-Prozentmarke scheitern. Wer dagegen auf Sicht von zwölf Monaten mit einer sukzessiven Aufwärtsbewegung ohne große „Ausreißer“ rechnet, könnte sich evtl. für den verkappten „Discounter“ gewinnen lassen. Ob es das Papier allerdings zu einem „Rock-Star“ unter den Gold-Zertifikaten schafft, ist zumindest fraglich.

Golden Rock Zertifikat (quanto)
Emittent/WKN: JP Morgan / JPM91W
Laufzeit: 06.12.2010
Preis: (08.12.2009) Geld / Brief: 87,78 € / 89,28 €

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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